Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)
erwartete.
Dabei hätte er sie gerne mit in seine Suite genommen und sie auf seine Weise kennengelernt. Aber er wollte kein Risiko eingehen. Man hatte ihm eingeschärft, sie in Ruhe zu lassen. Sie nach Island zu bringen. Er bekäme einen Teil der Bezahlung zu Hause auf dem Flughafen und solle das Mädchen anschließend ein paar Tage verstecken, dann würden sie übernehmen. Weitere Aufträge würden dann folgen.
Nicht schlecht.
Elías schaute sie an und lächelte. Es fiel ihm sehr schwer, der Versuchung zu widerstehen.
Sie schaute zurück. Lächelte. Mit unschuldigem Blick und gespannter Erwartung.
Sie blickte aus dem Fenster des Hotelzimmers, das so hübsch und geräumig war. Draußen war es dunkel, es war schon Abend, und doch schimmerten die schönen Hotelvorhänge ein wenig. Sie sah die Umrisse der gestreiften Liegestühle und der majestätischen Bäume am Swimmingpool.
Ein neues Kapitel in ihrem Leben hatte begonnen.
Die einmalige Chance, ihre Familie zu unterstützen.
Sie legte sich aufs Bett, schloss die Augen und sank ins Land der Träume.
Zweiter Teil
Der Tag nach dem Leichenfund
1 . Kapitel
Sie erwachte im Dunkeln. Nur ein winziger Lichtschein und ein bisschen Sauerstoff drangen zu ihr hinein, doch es schien kaum einen Unterschied zwischen Tag und Nacht zu geben. Deshalb wusste sie nicht, wie lange sie diesmal geschlafen hatte.
Es war furchtbar lange her, seit er das letzte Mal da gewesen war. Sie verstand überhaupt nicht mehr, was los war. War er mit ihr nach Island gefahren, um sie hier eingesperrt sterben zu lassen?
Warum zum Teufel machte er das?
Dabei hatte er am Anfang so freundlich gewirkt.
Sie war ganz begeistert gewesen, als das Flugzeug nach der langen Reise endlich in Island gelandet war. Die Landschaft, die sie in Empfang genommen hatte, war anders als alles, was sie kannte. Sie waren gegen Mitternacht gelandet, und es war trotzdem wunderbar hell gewesen. Da hatte sie das Gefühl gehabt, dass dieses fremde Land ihr Glück bringen würde.
Sie waren mit seinem Jeep losgefahren, nachdem er sich im Flughafen kurz mit einem Mann unterhalten hatte. Der hatte ihm eine Sporttasche gegeben. Diese Begegnung war irgendwie seltsam gewesen, die beiden hatten nervös gewirkt. Doch sie war so optimistisch und aufgeregt, dass sie gar nichts anderes wahrnahm, keinen Grund zu der Annahme hatte, dass etwas Unrechtes geschah.
Die Autofahrt dauerte lange, mehrere Stunden.
Sie rechnete damit, dass er sie in das Hotel bringen würde, wo sie sofort anfangen müsste zu arbeiten. Doch als er endlich anhielt, standen sie nicht vor einem Hotel.
Sie war starr vor Erstaunen, als er sie plötzlich brutal packte, durch eine Tür stieß und einschloss. Sie rief nach ihm, fragte, was los sei, flehte um Gnade. Vergeblich.
Dann wurde ihr klar, dass sie nicht nach Island gekommen war, um in einem Hotel zu arbeiten.
Kurz darauf kam er mit Essen und Trinken. Sie versuchte, ihn zu überwältigen, hinauszukommen, doch sie wussten beide, dass sie nichts gegen ihn ausrichten konnte. Er war viel größer und stärker als sie.
Dann begann das Warten. Sie war völlig ausgehungert, als er ihr endlich wieder etwas zu essen brachte. Erneut versuchte sie, sich an ihm vorbeizudrängen und hinaus in das isländische Licht zu gelangen, diesmal schon verhaltener als beim ersten Mal. Er stieß sie weg. »Lass das«, sagte er auf Englisch. »Sonst bekommst du nichts zu essen.«
Jetzt überlegte sie, ob er das ernst gemeint hatte. Bestrafte er sie für ihren Widerstand? Wie lange war es her, seit er das letzte Mal dagewesen war? Zwei Tage? Sie hatte längst alles aufgegessen, das Wasser ausgetrunken.
Ihre Lage war grauenhaft.
Ein schmaler Raum. Keine Fenster. Und das Schlimmste: keine Toilette, so dass es schon unangenehm roch.
Sie schloss die Augen. Ihr Kopf war so müde. Sie saß still da und hielt sich den Kopf. Saß und wartete. Auch ihre Beine schmerzten, wie bei einem Krampf, und sie war unglaublich durstig. Sie hatte die Wasserflaschen bis auf den letzten Tropfen geleert. Ein paar Mal hatte sie auf der Suche nach einem weiteren Schluck nach den Flaschen getastet, aber vergeblich. Sie wunderte sich, dass sie keinen Hunger mehr hatte. Nur Durst.
Sie war sich sicher, dass es keine Rettung gäbe, wenn er nicht zurückkäme. Sie würde hier sterben. An einem unbekannten Ort in einem fremden Land. Niemand suchte nach ihr.
Sie dachte an zu Hause. Ihre Familie rechnete nicht so bald mit einer Nachricht von ihr. Sie
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