Todesnacht: Thriller (German Edition)
und verfaultem Fleisch.
Dann erreichte sie die Stelle, wo Emily überfahren worden war. In Maggies Traum lag Em immer noch da. Ihr großer, starker, sportlicher Körper war zerschunden und verdreht, ein Bein in einem unmöglichen Winkel nach hinten abgespreizt, sodass die Fußspitze zu ihrem Kopf hinauf zeigte. Maggie ging in die Knie und nahm die Hand ihrer Freundin. Sie war kalt wie der Tod. Und auch Ems Augen waren kalt und tot.
Dann war Em plötzlich verschwunden, und Maggie stieg eine steile Treppe hinauf. Ganz oben stand ein Junge: Danny Labouisse, zwölf Jahre alt. Er hatte sein fieses kleines Lächeln aufgelegt, das zu sagen schien, wie zufrieden er mit sich selbst und damit war, was er ihrer Freundin angetan hatte.
Maggie ging auf den zwölfjährigen Danny zu, der sie mit einer Hand näher winkte. Er sagte kein Wort. Während sie Stufe um Stufe auf ihn zuging, zog sie die Glock aus dem Holster und lud sie durch. Sie war fest entschlossen, Labouisse ein für alle Mal zur Strecke zu bringen. Sie erreichte die letzte Treppenstufe und richtete die Waffe direkt auf sein Gesicht. Nur dass es sich nicht mehr um das Gesicht von Danny Labouisse handelte.
» Hallo, Magpie. «
Mit seinem typischen Lächeln stand Harlan neben einem Billardtisch. Sein Killers-T-Shirt war übersät mit Blutspritzern. In der rechten Hand hielt er ein Messer mit einer schlanken Klinge und rotem Griff. Auf dem Billardtisch lag eine nackte Frau, die Gliedmaßen weit von sich gestreckt. In ihrem Gesicht, an ihren Brüsten sowie zwischen ihren Beinen waren Stichwunden zu erkennen. Aus einer offenen Halswunde quoll Blut. Aber es war nicht Tiff Stoddard. Vielmehr sah Maggie sich selbst dort liegen, tot und verblutend, aber trotzdem irgendwie noch immer am Leben. Sie hob den Kopf und suchte mit blutüberströmten Augen nach Harlan. Doch stattdessen sah sie, wie Sean Carroll sich auf sie stürzte. Er hielt das gleiche Messer in der Hand wie Harlan und wollte sie erneut umbringen. Die tote und zugleich immer noch lebendige Maggie setzte sich auf, hob die Pistole und drückte ab. Die Kugel traf Carroll mitten in die Brust, aber er lächelte nur und kam unaufhaltsam näher. Sie schoss noch einmal. Wieder hatte die Kugel keine erkennbare Wirkung. Am Billardtisch angekommen, hob Carroll das Messer und stieß zu, genau zwischen ihre gespreizten Beine.
Maggie wachte auf. Unterdrückte einen Aufschrei. Ihr Atem raste. Ihr Herz schlug schneller als je zuvor. Ihre Haut fühlte sich kalt an und war doch schweißüberströmt. Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper, aber es nutzte nichts. Sie zitterte unkontrollierbar.
Dann hörte sie McCabes Atemzüge in der Dunkelheit. Gleichmäßig. Tröstlich. In diesem Augenblick, in diesem Zimmer, an diesem Ort des Todes, gab es nichts, was sie nötiger hatte als Trost. Sie schlich zu dem Doppelbett hinüber und schlüpfte zu ihm unter die Decke. Er lag mit dem Rücken zu ihr auf der Seite und trug nichts als Boxershorts am Leib. Sie legte eine Hand an seinen warmen Rücken. Dann schlang sie den anderen Arm um seine Brust. Einerseits hoffte sie, dass er durch ihre Nähe nicht aufwachte. Und andererseits hoffte sie genau das.
McCabe bewegte sich. Dann drehte er sich um. Nahm sie in die Arme und zog sie an sich. Er streichelte ihr über das Haar und den Rücken, dann fing er an, sie behutsam zu küssen. Ihre Augen. Ihren Hals. Er spürte die Nässe auf ihrem Gesicht, als sie seine Küsse erwiderte.
» Alles in Ordnung? « , flüsterte er.
» Ja. « Ihre Lippen suchten und fanden seine und erkundeten dann die vertrauten Konturen seines Gesichts. Es hatte nicht die atemberaubende Ebenmäßigkeit eines Sean Carroll. Sondern etwas Besseres. Etwas viel Besseres. Weil es echt war. Von einem Augenblick zum anderen wurden ihre Küsse leidenschaftlicher.
McCabe schob die Hand unter ihr T-Shirt und massierte mit kräftigen Bewegungen ihren nackten Rücken. Dann wanderte seine Hand nach vorne und fing an, ihre kleinen Brüste zu streicheln.
Irgendwann zog er sich zurück und betrachtete sie im sanften Licht des Halbmondes, das wie Quecksilber durch die schmalen Schlitze zwischen den Lamellen der Jalousie hereindrang. » Bist du sicher, dass du das willst? « , fragte er.
Sie sah die Besorgnis auf seinem Gesicht und musste lächeln, weil sie wusste, dass seine Sorge nicht ihm selbst galt, sondern ganz alleine ihr.
» Ja « , flüsterte sie und beugte sich zu ihm, um ihn erneut zu küssen. » Ich bin mir sicher.
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