Todesnacht: Thriller (German Edition)
los.
» Fahr mal noch ein bisschen herum « , sagte sie.
» Warum? «
» Ich möchte zu gerne wissen, warum Carroll ausgerechnet heute Abend nach Hause gekommen ist. «
McCabe fuhr aufs Geratewohl los und bog scheinbar willkürlich in eine Seitenstraße nach der anderen. Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, wie Maggie unablässig den Griff ihrer Glock streichelte.
» Alles in Ordnung? «
» Ja, wieso? «
» Weil du ständig an deiner Pistole herumfummelst. «
» Tut mir leid. Ich schätze, ich bin immer noch ein bisschen nervös. «
Im Verlauf der nächsten zehn Minuten fuhren sie von einer dunklen, verlassenen Straße in die nächste. Keine Autos. Keine Lichter. Keine Menschen. Schließlich holte Maggie eine Visitenkarte aus ihrer Tasche. » Ich habe da einen Test für dein fotografisches Gedächtnis « , sagte sie. » 207-555-9755. «
» Susan Marshs Handynummer « , erwiderte McCabe, ohne eine Sekunde zu zögern.
» Hat sie sie dir heute gegeben? «
» Nein. Schon vor ein paar Jahren mal, als sie einen Fall bearbeitete, in dem ich ermittelt habe. «
» Unvorsichtig « , sagte Maggie, mehr zu sich selbst als zu McCabe.
» Was? «
» Dass sie von ihrem eigenen Telefon aus angerufen hat. « Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. » Also gut, fahren wir noch mal zu Carroll. «
McCabe fragte nicht, warum. Folgte einfach ihrer Anweisung. Drei Minuten später waren sie wieder in der Hobart Avenue. Maggie bat ihn, den Wagen so abzustellen, dass sie die Nummer sechsundzwanzig gut im Blick hatten.
» Und jetzt? « , sagte er.
» Jetzt warten wir. «
» Und worauf? «
» Das wirst du schon sehen. Glaube ich. «
Fünfundvierzig Minuten später rüttelte sie an McCabes Schulter und weckte ihn auf. Ein schwarz glänzender Mercedes E 550 war vor Carrolls Haus vorgefahren.
Maggie duckte sich tief in ihren Sitz. Susan Marsh blickte links und rechts die Straße entlang und betrat die Veranda.
» Interessant « , sagte McCabe. » Können wir jetzt los? «
» Nein. Ich möchte wissen, wie lange sie bleiben will. «
Eine Stunde später ging in Carrolls Schlafzimmer das Licht aus. Maggie hatte erfahren, was sie wissen wollte. Der Mercedes stand immer noch vor dem Haus.
Auf dem Weg zum Stadtrand sagte McCabe: » Also gut, wir müssen wohl davon ausgehen, dass er inzwischen weiß, dass du ihn für den Killer hältst. «
» Ja, stimmt. «
» Er weiß ganz sicher auch, dass du in seiner Wohnung gewesen bist. «
» Stimmt ebenfalls. «
» Und er weiß, wo du wohnst. «
» Worauf willst du hinaus? «
» Ich finde, du solltest heute Nacht nicht mehr nach Hause gehen. «
Sie warf McCabe einen Blick zu. » Stimmt. Finde ich auch. «
Sie kamen an einem großen weißen Haus vorbei, das Maggie bis jetzt noch nicht aufgefallen war. » Warte mal. Stopp! «
Er hielt an. » Was denn? «
» Fahr mal ein Stück zurück. «
Er setzte zurück.
Sie deutete auf ein kleines, elegantes ovales Schild, das über dem Hauseingang hing: Connors & Riordan, Bestattungsunternehmen.
Sie verließen Ellsworth in östlicher Richtung auf der Route 1. Nachdem sie etwa ein Drittel der Strecke zurückgelegt hatten, steuerte McCabe kurz hinter Gouldsboro ein Motel am Straßenrand an. Er ging zur Rezeption und kam wieder zurück zum Wagen. » Sie haben nur noch ein Zimmer frei. «
» Kein Problem. Ich schlafe auf der Couch. «
Maggie blieb sitzen, während McCabe die Anmeldeformalitäten erledigte. Er bezahlte in bar und stellte Emilys Honda auf der Rückseite des Gebäudes ab, wo er von der Straße aus nicht zu sehen war.
Das Zimmer war schäbig, aber halbwegs sauber. Sie lieferten sich ein kurzes Wortgefecht über die Frage, wer auf der Couch schlafen musste. Maggie gewann – oder verlor, je nachdem, von welchem Standpunkt aus man die Sache betrachtete.
52
Dienstag, 25. August 2009, 02.41 Uhr
Gouldsboro, Maine
In dieser Nacht auf der Couch träumte Maggie, dass sie in Machiasport war. Es war der Abend von Tiff Stoddards Ermordung, und sie ging eine lange, verlassene Straße entlang, die Straße, die von Emilys Praxis zum State Park führte. Sie konnte den Mond nicht sehen, und auch kein Stern stand am Himmel, der genauso pechschwarz war wie die Straße und die Bäume zu beiden Seiten. Die Luft war noch drückender und schwüler als in dem Verhörzimmer, in dem sie eben noch ein Geständnis aus Kyle Carnes herausgekitzelt hatte. Sie rang um Atem und erstickte fast an dem Gestank nach Tod und Verwesung, nach Schweiß und Blut
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