Todesnacht: Thriller (German Edition)

registriert, wann du die letzten Änderungen an deinem Manuskript vorgenommen hast. «
    » Bestimmt. Also gut, komm mit. « Sam erhob sich und ging voraus. Willie kam hinterhergetrottet.
    Die alte Scheune sah völlig verändert aus. An die Stelle von Julias buntem Durcheinander aus Farbe und Leinwänden und dem Öl- und Terpentingeruch war ein Schreibatelier voller Bücher und Zeitschriften getreten, die zum Teil sauber in Bücherregalen standen, zum Teil aber auch achtlos auf dem Fußboden verteilt lagen. Ein halbes Dutzend von Julias Gemälden hing noch an der Wand: drei Meerespanoramen und drei Akte. Zwei von Zanie und einer der achtzehnjährigen Maggie. Damals war sie halb so alt gewesen wie heute. Es war ein schönes Bild. Sie beschloss, sich davon weder ablenken noch peinlich berühren zu lassen.
    In der Mitte des Raumes stand ein antiker Schreibtisch aus Kiefernholz und darauf ein schlankes silberfarbenes MacBook. Die kleine Leuchtdiode an der vorderen Kante zeigte an, dass das Gerät noch eingeschaltet war, sich aber im Ruhezustand befand.
    Sie setzte sich. Sam stellte sich hinter sie. Sie klappte das MacBook auf und drückte auf die Leertaste, um das Gerät aufzuwecken. Ihr Blick glitt über den mit Dutzenden von Dateien und Ordnern übersäten Desktop. Ein elektronischer Ordnungsfanatiker war Sam jedenfalls nicht. » Welche ist es? « , fragte sie.
    Er zeigte auf ein Datei-Ikon.
    » Ein feiner Faden? «
    » Ja. Das ist der Arbeitstitel. Es geht ehrlich gestanden um einen Mord. Ein älterer Mann hat eine Affäre mit einer jüngeren Frau. Er bringt sie um, nachdem sie ihm gesagt hat, dass sie ihn wegen eines Jüngeren verlassen will. « Er lächelte spöttisch. » Und natürlich wird der Mord von einer wunderschönen Kriminalpolizistin untersucht. «
    Maggie drehte sich zu ihm um und starrte ihn an.
    » Entspann dich, Margaret. Das war bloß ein Witz. Es geht tatsächlich um einen Mord, aber es gibt keine wunderschönen Kriminalpolizistinnen. Nicht in meinem Buch und auch sonst nirgendwo, nehme ich an. Anwesende selbstverständlich ausgenommen. «
    » Das ist nicht witzig, Sam. Falls du glaubst, dass du dich über meine Ermittlungen im Zusammenhang mit Tiffany Stoddards Tod lustig machen musst, dann kann ich blitzschnell dafür sorgen, dass du deine Meinung änderst, glaub mir. «
    » Tut mir leid. Das war geschmacklos. Bitte entschuldige. «
    Maggie öffnete mit einem Doppelklick die Datei . In der mit » Zuletzt bearbeitet « überschriebenen Spalte las sie, dass die letzte Veränderung an dem Manuskript in der vergangenen Nacht um exakt 1.12 Uhr vorgenommen worden war. Um 1.12 Uhr hatten Tiff Stoddard und Emily Kaplan noch im Gewitterregen auf der Port Road gelegen.
    » Zufrieden? « , fragte Sam.
    Das Einzige, was sich aus diesem Eintrag verlässlich ableiten ließ, war, dass irgendjemand um 1.12 Uhr, also über vier Stunden, nachdem Tiffany Stoddard die Kehle durchgeschnitten worden war, das Manuskript verändert und die Änderung gespeichert hatte. Aber wie viel verändert worden war, ließ sich nicht sagen. Es konnte auch nur ein einziges Zeichen gewesen sein. Falls Sam davon ausging, dass dies ausreichte, um seine Unschuld zu beweisen, dann war er auf dem Holzweg.
    » Du sitzt aber lange bei der Arbeit « , sagte Maggie und klappte das MacBook zu. Sie ließ den Stuhl herumschwingen. » Und jetzt möchte ich, dass du meine erste Frage beantwortest: Welche Beziehung hattest du zu Tiffany Stoddard? «
    Sam trank den Rest Champagner, stellte das leere Glas auf den Couchtisch und setzte sich auf das blaue Sofa gegenüber des Schreibtischs.
    » Okay, ich habe sie nicht umgebracht. Aber ich hatte Sex mit ihr. Mehrfach. «
    » Wann war das letzte Mal? «
    » Vor ein paar Monaten. Im Mai, glaube ich. Am Ende des Semesters. Nachdem sie ihre Eins hatte, hat sie sich einen anderen gesucht. Einen Jüngeren, nehme ich an. «
    » Wo habt ihr es getan? «
    » Wo wir Sex gehabt haben, meinst du? «
    » Ja. «
    Sam zuckte mit den Schultern. » Normalerweise hier. In meinem einstigen Ehebett. Mal überlegen, wo noch? Einmal haben wir einen wunderschönen Abend auf einer Decke am Strand verbracht, mit Lagerfeuer. Und dann noch ein paarmal in meinem Büro in Kimball Hall. «
    » Warst du auch mal in ihrer Wohnung? «
    » Nur ein Mal. Es war ein schmuddeliges Loch am anderen Flussufer und für meinen Geschmack viel zu dicht am Campus. Ich wollte ja schließlich nicht, dass mich jemand kommen oder gehen sah. «
    » Aber