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Todesopfer

Todesopfer

Titel: Todesopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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Gynäkologenstuhl und eine ordentliche Portion künstlicher Hormone in ihrer Blutbahn.
    Â»Wir hatten gehofft, Sie könnten uns in das IVF-Programm aufnehmen«, sagte sie. »Wir wissen, dass es für Kassenpatienten eine Warteliste gibt, aber wir haben uns ein bisschen was zusammengespart. Wir möchten sofort anfangen.«
    Ich nickte. »Selbstverständlich. Ich verstehe.« Oh, wie gut ich sie verstand: Sorgen Sie dafür, dass ich schwanger werde. Es ist mir egal, wie Sie das anstellen. Ich will nicht einmal an all das denken, was danach kommt – an die Übelkeit, die Erschöpfung, die Rückenschmerzen, die Schwangerschaftsstreifen, an den völligen Verlust jeglicher Privatsphäre und an die Schmerzen, jenseits von allem, was
ich mir jemals hätte vorstellen können. Schwingen Sie einfach Ihren medizinischen Zauberstab und sorgen Sie dafür, dass auch für mich alles gut wird.«
    Was ich ihnen vorzuschlagen im Begriff war, würde für sie unglaublich schwer zu akzeptieren sein; Geduld und der biologische Fortpflanzungsdrang vertragen sich schlecht. »Es gibt noch eine andere Vorgehensweise, und ich hätte es gern, dass Sie darüber nachdenken.«
    Â»Wir versuchen es schon seit drei Jahren.« Mit einem Geräusch irgendwo zwischen einem Schluckauf und einem Aufschluchzen begann sie zu weinen. Robert warf mir einen bösen Blick zu, als wäre es ausschließlich meine Schuld, dass Sarah nicht schwanger wurde, und reichte seiner Frau das Taschentuch, das er bereits in der Hand gehalten hatte.
    Ich beschloss, ihnen einen Augenblick Zeit zu lassen, und ging zum Fenster.
    Es hatte geregnet, als ich am Morgen nach Lerwick gefahren war, und die Wolken hingen tief und schwer über uns; die Stadt wirkte düster.
    Lerwick, eine graue, steinerne Stadt an der Ostküste der größten Insel, einen Katzensprung über den Kanal von der Insel Bressay entfernt, ist wie die anderen Gemeinden der Inseln nicht gerade für ihre Architektur berühmt: Die Gebäude sind einfach und zweckmäßig, aber nur selten schön. Das traditionell bevorzugte Baumaterial ist der Granit dieser Gegend, die Dächer bestehen aus Schiefer. Meist finden die praktisch veranlagten Inselbewohner, dass Erdgeschoss und erster Stock völlig ausreichen – vielleicht haben sie Angst, dass der heftige Wind die Dächer abdecken könnte –, doch in den älteren Stadtteilen und um den Hafen herum kann man ein paar drei- und sogar vierstöckige Häuser entdecken. Sie scheinen für ein seltenes Aufblitzen des Ehrgeizes seitens der Inselbewohner zu stehen oder auch des Trotzes.
    Das regennasse Lerwick zu betrachten, hob meine Stimmung nicht im Mindesten.
    Ich ertappte mich dabei, wie ich ein Gähnen unterdrückte. Ich
hatte nicht gut geschlafen und musste ständig an die Frau denken, die ich gefunden hatte. Ich hatte sie gesehen, sie angefasst, wusste einiges über das, was ihr zugestoßen war. Es war entsetzlich … Ich war entsetzt, aber auch wütend. Weil ich Schneeglöckchen auf Jamies Grab hatte pflanzen wollen, als Erinnerung an damals, als er versucht hatte, welche zu fressen. Ich war eines Abends hinausgegangen, um ihn in den Stall zu bringen, und hatte eine winzige weiße Blume aus seinem Maul ragen sehen. Er hatte ausgesehen wie ein Flamencotänzer in Pferdegestalt. Doch jetzt würde ich das niemals tun können, weil irgendein krankes Arschloch sich unser Grundstück ausgesucht hatte, um dort sein schmutziges Werk zu verscharren. Und Jamie war zum Abdecker gekarrt worden.
    Hinter mir bemerkte ich eine Bewegung, ein Herumrücken. Sarah hatte aufgehört zu weinen. Ich setzte mich wieder und wandte mich ihr zu.
    Â»Sie sind erst einunddreißig. Sie haben noch viel Zeit, ehe Sie sich Sorgen machen müssen, dass es irgendwann zu spät sein könnte.« Ich dagegen war schon dreiunddreißig. »Es gibt keine Garantie dafür, dass bei einer künstlichen Befruchtung ein Baby herauskommt. Die Klinik, an die ich Sie verweisen würde, hat eine Erfolgsrate von siebenundzwanzig Prozent pro Behandlung, und, ganz ehrlich, wahrscheinlich hätten Sie unterdurchschnittliche Erfolgsaussichten.«
    Â»Wieso?«, wollte Robert wissen. Ich warf noch einmal einen Blick auf die Akte, obwohl ich bereits wusste, was darin stand.
    Â»In Ihrem Fall haben wir es mit Spermien von verminderter Qualität und mit sehr

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