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Todesopfer

Todesopfer

Titel: Todesopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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einer Streifenpolizistin ins Wohnzimmer. Eine Decke wurde herbeigezaubert, und ich saß schlotternd da und versuchte, die Fragen zu beantworten, die sie und ein Detective Constable mir stellten. Aus der Küche hörte ich, wie Dunn scharf die Luft einzog und der ihn begleitende Sergeant deftig fluchte. Von Dana keine Spur. Dann sagte Dunn ins Funkgerät: »Ja, wir haben einen Einbruch. Irgendein Organ wurde auf dem Küchentisch zurückgelassen. Sieht aus wie ein Herz … ja, sieht aus wie von einem Menschen …«
    Ich stemmte mich hoch, achtete nicht auf die Proteste der beiden Officers, und ging in die Küche. Das Herz war nicht angerührt worden. Glänzend lag es in einer Blutpfütze. Der Geruch,
kräftig, metallisch, Übelkeit erregend, erfüllte jetzt die ganze Küche. Ich versuchte, flach zu atmen.
    Â»Ich glaube nicht, dass das ein Menschenherz ist«, sagte ich.
    Â»Nicht?«, fragte er. Ich fand, dass er blasser aussah als sonst, doch das konnte auch davon kommen, dass er in den frühen Morgenstunden aus dem Bett geholt worden war.
    Ich schüttelte den Kopf. »Zuerst habe ich das schon gedacht. Aber ich hatte Zeit, darüber nachzudenken …« Die Wahrheit war, ich wusste es nicht mit Sicherheit. Jetzt, da ich es abermals betrachtete, hätte ich weder dafür noch dagegen gewettet.
    Ein weiterer Polizist trat in die Küche. »Keine Anzeichen eines Einbruchs, Andy. Nichts aufgebrochen oder kaputt.«
    Dunn nickte. Dann wandte er sich wieder an mich. »Und was ist es dann?«, wollte er wissen. »Woher stammt es? Von irgendeinem Tier?«
    Ich schluckte heftig. »Darf ich’s mal wiegen?«
    Dunn warf seinem Sergeant einen raschen Blick zu. »Ich weiß nicht recht …«, setzte er an.
    Â»Sie werden einen Arzt brauchen, der Ihnen bestätigt, ob es sich um ein Menschenherz handelt oder nicht. Also kann das genauso gut ich machen.«
    Dunn schwieg. Ich ging durch die Küche, dorthin, wo ich meine Diensttasche hatte stehen gelassen, und wühlte darin herum, bis ich ein Paar Latexhandschuhe fand. Dann trug ich meine Küchenwaage zum Tisch.
    Â»Säugetierherzen weisen alle eine sehr ähnliche Struktur auf«, erklärte ich, gab mir Mühe, professionell zu klingen, und wusste genau, dass ich dabei jämmerlich versagte. »Sie haben fünf große Zu- und Ableitungen, genannt die großen Gefäße: die obere und untere Hohlvene, zwei große Lungengefäße und die Aorta.« Ich berührte das Herz, drehte es um. Blut, das bereits zu gerinnen begann, quoll daraus hervor und spritzte auf den Tisch. Die Polizistin keuchte leise auf. Ich biss die Zähne zusammen und holte tief Luft. »Außerdem haben sie zwei Kammern, den rechten und linken Ventrikel – beide mit dicken Muskelwänden, wobei die linke
deutlich dicker ist als die rechte – und einen rechten und linken Vorhof. Das ist hier alles vorhanden.«
    Â»Sie brauchen nicht …«, begann Dunn, doch genau das tat ich. Ich musste ihnen allen, und vor allem mir selbst, beweisen, dass ich mich nicht von etwas aus der Fassung bringen ließ – jedenfalls nicht länger als ein paar Minuten –, was ich schon unzählige Male gesehen und in der Hand gehabt hatte. Ich hob das Herz auf und legte es auf die Waage.
    Â»Menschliche Herzen wiegen normalerweise zwischen zweihundertfünfzig und dreihundertfünfzig Gramm«, erläuterte ich. Die elektrische Anzeige der Waage zeigte dreihundertfünfundvierzig Gramm.
    Â»Ist noch im grünen Bereich«, meinte Dunn.
    Â»Stimmt«, pflichtete ich ihm bei. »Und es besteht eine geringe Chance, dass es sich hier um das Herz eines sehr großen Mannes handelt. Über eins achtzig und sehr kräftig gebaut. Aber wenn ich Geld darauf verwetten sollte, würde ich sagen, es stammt von einem großen Schwein.«
    Die Erleichterung im Raum war beinahe mit Händen zu greifen. Ich wurde ins Wohnzimmer zurückbeordert und abermals befragt. Weitere Polizisten trafen ein. Sie suchten nach Fingerabdrücken, gingen die Grundstücksgrenze mit Hunden ab und nahmen sowohl das Herz als auch die Erdbeeren mit. Immer noch keine Spur von Dana.
    Schließlich setzte Dunn sich zu mir auf das Sofa. »Sie müssen sich jetzt ein bisschen ausruhen«, sagte er beinahe sanft. »Ich lasse für den Rest der Nacht ein paar Constables hier. Dann sind Sie

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