Todesopfer
beschäftigt damit, mich hier zurechtzufinden. Ich habe in der IT-Abteilung angerufen, bevor ich zu Ihnen kam, aber ich glaube, die sind schon alle weg.«
»Würde mich nicht wundern«, bemerkte sie mit mitfühlendem Blick. Dann schien sie einen Geistesblitz zu haben. »Dann brauchen Sie also nur das Passwort?«
Ich gab mir Mühe, ein verdutztes Gesicht zu machen. »Ich denke schon«, erwiderte ich. »Wissen Sie es?«
»Klar.« Sie schrieb etwas auf. Ich streckte die Hand aus und nahm den Klebezettel, wobei ich mich mit schierer Willenskraft zwang, ihn ihr nicht aus der Hand zu reiÃen. Ich las, was sie geschrieben hatte, und schaute nach einer Bestätigung heischend zu ihr auf. Sie lächelte.
»Dr. McDouglasâ Lieblingsfilm.«
»Meiner auch«, antwortete ich, was nicht ganz gelogen war. Ich dankte ihr und ging.
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Zurück in meinem Büro, wusste ich nicht genau, ob ich entsetzt war über das, was ich getan hatte, oder hin und weg von meiner eigenen Cleverness. Shirley würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ihrem Boss erzählen, was geschehen war. Selbst wenn das Ganze nicht bei Gifford landete, könnten mir einige relevante und schwer zu beantwortende Fragen von Dr. McDouglas bevorstehen.
Wollte ich wirklich weitermachen? Bis jetzt hatte ich nichts Unrechtes getan. Zugegeben, ich hatte eine junge Kollegin mit einem Trick dazu gebracht, mir Informationen zu geben, die mir nicht zustanden, mich dieser Informationen aber nicht bedient. Ich konnte jederzeit behaupten, ich hätte mich eines Besseren besonnen, und damit wahrscheinlich durchkommen.
Mein Bildschirm zeigte noch immer die Homepage der Zahnklinik. Ich tippte Terminator ein und wartete. Dann war ich drin. Ich fand die Patientenakten und gab Kirsten Hawick ein.
Es war keine Akte vorhanden.
GroÃe Erleichterung â und ein winziges, jedoch rapide wachsendes Samenkorn hilflosen Verdrusses.
Ich überlegte ein wenig. Kirsten Hawick war noch nicht allzu lange verheiratet gewesen, als sie starb. Vielleicht war sie nicht dazu gekommen, ihren Namen in sämtlichen Unterlagen zu ändern. Ich tippte Kirsten Georgeson ein, und da war sie: Alter, Adresse, ihre kurze medizinische Vorgeschichte, Dokumentationen ihrer Zahnarztbesuche, Rechnungen von Privatzahnärzten und ihre Röntgenbilder.
Der Vergleich war nicht so leicht, wie ich gedacht hatte, weil es ein anderes Format war. Es gab nur eine, während der Obduktion gemachte Aufnahme, die von einer Seite des Mundes bis zur anderen alles erfasste. Bei Zahnarztterminen werden meist aus dem Mundinnern heraus Bilder von den einzelnen Sektoren gemacht. Ich hatte sechs kleine Röntgenaufnahmen, die ich mit einer groÃen vergleichen musste. Also fing ich in der oberen linken Ecke an, dem Bereich, von dem ich glaubte, dass er am leichtesten zu unterscheiden sei. Ich suchte nach einer Krone. Nichts.
Dann versuchte ich es mit der kleinen Lücke im Bereich der unteren rechten Ecke. Danach wollte ich die Zähne zählen. Das war schwierig, weil sie sich auf mehr als einem Bild überlappten. Allerdings spielte das keine Rolle. Ich war mir so sicher, wie ich nur sein konnte, dass die Aufnahme, die von dem Leichnam gemacht worden war, nicht mit den zahnmedizinischen Behandlungsakten von Kirsten Hawick übereinstimmte. Natürlich hatte
ich das schon vorher gewusst, doch jetzt würde selbst Dana die Niederlage eingestehen müssen. Kirsten war es nicht.
Ich schickte mich an, die Website zu schlieÃen, und geriet ins Grübeln. Dana hatte mir erzählt, dass die meisten Zahnärzte auf den Shetlands über den öffentlichen Gesundheitsdienst abrechnen. Wenn das stimmte, dann müssten die Unterlagen eines Patienten, auch wenn sie mehrere verschiedene Arztpraxen auf den Inseln aufsuchten, in dieser einen zentralen Datenbank gespeichert und für meine Wenigkeit zugänglich sein, dank eines ziemlich abgefahrenen Passworts, das natürlich sofort geändert werden würde, wenn die Hierarchie dahinterkam, dass ich damit herumgespielt hatte. Dies war meine einzige Chance.
Die du nicht nutzen wirst. Du hast getan, was du dir vorgenommen hattest, hast bewiesen, dass die Leiche im Torf nicht Kirsten war; jetzt ist es Sache der Polizei.
Aber zahnärztliche Unterlagen sind vertraulich, genau wie alle medizinischen Dokumente. Selbst die Polizei, die in einem Mordfall ermittelte, bekam nicht automatisch
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