Todesopfer
Sekretärin, die etliche der Ãrzte sich teilten; sie hatte einen Anruf von Dana Tulloch in der Warteschleife. Ich bat sie, Dana zu sagen, ich sei noch im OP und würde sie später zurückrufen.
Noch einmal warf ich einen Blick zur Tür, obwohl ich wusste, dass sie abgeschlossen war, dann rief ich die Intranetseite der Klinik auf und versuchte, zur zahnmedizinischen Abteilung vorzudringen  â und stellte fest, dass ich bereits an der ersten Hürde scheiterte. Als Fachärztin hatte ich Zugang zu mehr oder weniger allen Intranetseiten, doch für die zahnmedizinische Abteilung wurde ein Passwort verlangt. Ich überlegte, ob ich die IT-Abteilung der Klinik anrufen sollte, doch ich hätte gewettet, dass jegliche Anfragen nach neuen Informationen zuerst von Gifford abgesegnet werden mussten. Also stand ich auf und ging zum Fenster. Sein BMW stand noch immer auf dem Parkplatz. Ich nahm einen braunroten Aktendeckel von meinem Schreibtisch und schob die Röntgenaufnahme hinein. Dann verlieà ich den Raum.
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Die vor kurzem eröffnete zahnmedizinische Klinik des öffentlichen Gesundheitsdienstes ist in einem separaten Gebäude innerhalb des Klinikkomplexes untergebracht, nur einem kurzen FuÃweg entfernt. Ich trug noch immer meine Dienstkluft und achtete darauf, dass das Namensschild, das mich als Fachärztin auswies, über meiner rechten Kitteltasche gut zu sehen war. Was ich mir wünschte, war eine nicht übermäÃig pfiffige oder interessierte Zahnarzthelferin.
Ich stieà die Doppeltür auf und setzte mein allerbestes Lächeln auf. Die Arzthelferin am Empfang blickte auf. Auf ihrem Namensschild stand Shirley. Sie lächelte nicht zurück und schien
sich auch ganz und gar nicht darüber zu freuen, dass sie Besuch bekam.
»Hi! Wir kennen uns noch nicht. Ich bin Tora Hamilton.« Ich hielt mein Namensschild hoch und wartete, bis ich sicher war, dass sie es gelesen hatte. »Entbindungsstation«, fügte ich ein wenig unnötig hinzu. Dann betrachtete ich sie mit einer Miene, von der ich hoffte, dass sie als höfliches Interesse aufgefasst wurde. »Sind Sie auch neu?«
Sie nickte. »Gerade mal drei Monate«, sagte sie mit Shetlandakzent. So weit, so gut.
Ich beugte mich vor und bemühte mich um ein freundliches, vertrauliches Auftreten. »Die Sache ist die, ich habe da ein etwas peinliches Problem.«
Plötzlich wirkte sie durchaus interessiert.
»Mein Vorgänger hat mir ein ziemliches Chaos in meinem Büro hinterlassen, und ich versuche, da einigermaÃen Ordnung reinzukriegen. Ich habe gerade etwas gefunden, das wie eine zahnmedizinische Krankenakte aussieht, aber ich habe keinen Anhaltspunkt, wessen es sein könnte. Also, ich will ja nicht, dass Dr. McLean Ãrger kriegt, wo er sich doch gerade erst zur Ruhe gesetzt hat, aber so was sollte doch nicht einfach rumliegen, oder? Das sind doch vertrauliche Unterlagen.«
Sie nickte. »Stimmt.«
»Es ist so, ich habe eine Ahnung, von wem die Akte sein könnte. Wenn wir das überprüfen, kann ich sie hierlassen, Sie können sie da einordnen, wo sie hingehört, und die Sache ist erledigt.«
»Steht denn kein Name auf den Röntgenbildern?«
Ich versuchte, so auszusehen, als hätte ich daran noch gar nicht gedacht, und zog die Aufnahme hervor. Am unteren Rand stand ein Code, die Kennung der Pathologie, doch ich war mir ziemlich sicher, dass Shirley das nicht merken würde.
»Was glauben Sie denn, von wem das Bild stammt?«, fragte sie.
»Kirsten Hawick. Sie ist eine Patientin von Ihnen.«
»Die Sache ist die, wir machen gleich für heute Schluss. Können Sie morgen wiederkommen und mit Dr. McDouglas sprechen?«
Mit betrübter Miene schüttelte ich den Kopf. »Morgen bin ich den ganzen Tag im OP«, erklärte ich, was eine Riesenlüge war. Der einzige Ort, wo ich vorhatte, mich am nächsten Tag aufzuhalten, war das Bett; wo genau, darüber war ich mir noch nicht ganz im Klaren. »Dann müssen wir das Ganze wohl auf dem offiziellen Weg erledigen. O Gott, all der Papierkram. Für Sie auch, fürchte ich. Na ja, viel Spaà noch heute Abend. Sie haben wohl noch was vor?«
Ich machte Anstalten zu gehen.
»Sie können die Akten doch selbst einsehen. Das heiÃt, wenn Sie einen Computer haben.«
Ich drehte mich wieder um. »Ich weiÃ, aber ich habe noch nicht alle Passwörter. War zu
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