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Todesopfer

Todesopfer

Titel: Todesopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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Keloid-Trauma.«
    Â»Hört sich an wie etwas, vor dem ich auf der Hut sein sollte«, bemerkte ich, erleichtert, dass wenigstens KT ein Mysterium war, das ich von meiner Liste streichen konnte.
    Â»Ich versuche, die Unterlagen für Sie auszugraben.« Er wandte sich wieder zur Tür, blieb stehen und schaute über die Schulter zurück.
    Â»Duncan kann mich nicht leiden, weil ich ihm die Freundin ausgespannt habe.« Er grinste mich an. »Mehr als einmal.«

14
    Ich war meinem Glücksstern dankbar für die volle Sprechstunde an jenem Vormittag und dafür, dass man diesen Job wirklich nicht machen kann, wenn man mit den Gedanken woanders ist. Vier Stunden lang lauschte ich fötalen Herztönen, maß Blutdruck, untersuchte Urin auf erhöhten Zucker und begutachtete Bäuche in unterschiedlichen Rundungsstadien. Mit ungerührter Miene erörterte ich, ob feuchte Höschen eher von einem verfrühten Blasensprung oder einer durch eine fortgeschrittene Schwangerschaft bedingten Inkontinenz herrührten, und widerstand der Versuchung, verzweifelt die Hände gen Himmel zu recken, als eine Patientin in der achtunddreißigsten Schwangerschaftswoche genau beschrieben haben wollte, wie sich eine Baxton-Hicks-Kontraktion anfühlte. Sagen Sie mir das, Schätzchen.
    Während meiner Mittagspause schnappte ich mir ein Sandwich aus der Krankenhauskantine. Da ich keine Lust auf Unterhaltung verspürte, nahm ich es mit in mein Büro und begann, Bilderfetzen der letzten Nacht vor mir zu sehen. Mein Sandwich – ziemlich rohes Roastbeef – schien mir nicht mehr besonders zum Verzehr geeignet. Auf der Suche nach irgendetwas, das meine Gedanken von blutigen Organen ablenken könnte, ertappte ich mich dabei, wie ich an Kirsten Hawick dachte, die nicht allzu weit von hier beim Reiten ums Leben gekommen war. Ich reite seit meinem siebten Lebensjahr und halte mich, Bescheidenheit hin oder her, für recht gut. Doch von Kirstens Unfall zu hören, hatte mir ziemlich zugesetzt. Auch den besten Reiter kann es erwischen, und Pferde sind notorisch unberechenbar, besonders im Straßenverkehr. Ich wollte mehr wissen. War es ihre Schuld gewesen? Was war mit dem Fahrer des Lastwagens? Ich schaltete den Computer ein und loggte mich ins Internet ein.

    Bei der Shetland Times handelt es sich nicht um die einzige Zeitung auf den Inseln, doch angeblich ist es die mit der höchsten Auflage. Ich fand ihre Website ohne Mühe. Dort gab ich »Kirsten Hawick« und »Reitunfall« als Suchbegriff ein und klickte auf »Los«. Ein paar Sekunden später las ich einen Bericht vom August 2004, wie ein Lastwagen mit einer Lieferung für einen Supermarkt auf der B9074 eine schwer einsehbare Kurve ein klein wenig zu schnell genommen hatte und der Fahrer nicht mehr hatte bremsen können, als plötzlich eine Frau auf einem großen Grauschimmel fast direkt vor seinem Kühler auftauchte. Kirsten war im Krankenhaus für tot erklärt worden, und ein Zitat – mitfühlend und nichtssagend – des Oberarztes war in den Text eingebaut. Die Polizei zog eine Anzeige wegen fahrlässigen Verhaltens am Steuer in Betracht.
    In den Folgeauflagen war bestimmt noch weiter berichtet worden, doch ich war nicht interessiert. Ich starrte ein der Story beigefügtes Foto von Kirsten an. Laut Bildunterschrift war es kurz zuvor von ihrem Mann während eines Wanderurlaubs aufgenommen worden. In der Ferne sah man Berge und gleich hinter Kirsten einen See. Sie trug Regenkleidung und Wanderstiefel und wirkte sehr glücklich. Ihr Haar war zu einem kinnlangen Bob geschnitten und ebenso glatt wie meins. Als Dana und ich am Abend zuvor das Foto im Haus der Hawicks betrachtet hatten, waren wir von einer pompösen Hochzeitsfrisur getäuscht worden und hatten diese mit der Frau auf dem Autopsietisch, mit ihren langen Korkenzieherlocken verglichen. Als Kirsten Hawick starb, war ihr Haar kurz und glatt gewesen. Und das überzeugte mich endlich. Ich seufzte, warf einen Blick auf meine E-Mails – nichts von Dana – und loggte mich aus, ehe ich in den OP hinunterging.
    Â 
    Um sechs Uhr war ich so müde, dass ich in Die Nacht der lebenden Toten hätte mitspielen können, doch der Gedanke, nach Hause zu fahren, war nicht besonders reizvoll. Ich stellte fest, dass ich Duncan wirklich vermisste. Wir mussten es versuchen und
das kommende Wochenende als Chance nutzen,

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