Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesopfer

Todesopfer

Titel: Todesopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
Vom Netzwerk:
hochgewachsener, hellhäutiger Mann mit grauem Haar. Ich war mir ziemlich sicher, dass man es in einem der Colleges von Cambridge aufgenommen hatte.
    Dana und ihr Gast unterhielten sich noch immer mit gedämpften Stimmen. Leise ging ich die Treppe hinunter, doch sie mussten mich gehört haben, denn die Stimmen verstummten, als ich die unterste Stufe erreichte, und Schweigen empfing mich beim Eintreten. Sie hatten gesessen, doch sie erhoben sich beide, als ich hereinkam. Er war Anfang vierzig, vielleicht ein wenig größer als die meisten anderen, mit blassblauen Augen und dichtem Haar von jener Farbe, die man als Pfeffer-und-Salz bezeichnete. Dafür, dass Samstag war, schien er sehr gut gekleidet zu sein. Möglicherweise schwebte ihm ein Lunch im Golfklub vor. Er war attraktiv, und was noch wichtiger war, er sah nett aus. Eine Menge Fältchen umgaben seine Augen, was bedeutete, dass er viel lachte.
    Â»Das ist Stephen Gair«, sagte Dana.
    Erstaunt wandte ich mich zu ihr um.
    Â»Melissas Mann«, fügte sie überflüssigerweise hinzu. Ich hatte es kapiert; ich konnte es nur nicht glauben. Mit einer Geste deutete sie auf mich. »Tora Hamilton.«
    Er streckte mir die Hand hin. »Ich habe eine Menge von Ihnen gehört. Wie fühlen Sie sich?«
    Â»Mr. Gair weiß, dass Sie die ganze Nacht gearbeitet haben«, erklärte Dana. »Wir haben gewartet, bis Sie aufwachen, ehe wir …«
    Sie sah ihn an, als wäre sie unsicher, was sie als Nächstes sagen sollte.
    Â»Ehe wir losgehen und die Röntgenaufnahmen meiner Frau begutachten lassen«, erklärte Stephen Gair. Dana entspannte sich sichtlich.
    Â»Oh, Mann, Sie waren ja fleißig«, war so ziemlich alles, was ich herausbrachte. Würde es tatsächlich so einfach sein?
    Irgendwie, ohne dass ich es mitbekam, setzten wir uns wieder. Die beiden anderen sahen aus, als warteten sie darauf, dass ich
etwas sagte. Rasch blickte ich von einem zum anderen, dann sah ich Stephen Gair an.
    Â»Hat Dana Ihnen erzählt …?« Mein Gott, was hatte Dana ihm erzählt? Dass ich vor sechs Tagen seine Frau auf meiner Wiese ausgegraben hatte?
    Â»Soll ich zusammenfassen?«, erbot er sich. Ich nickte und dachte: Soll ich zusammenfassen? Was für eine Ausdrucksweise war das für einen Mann, der gerade so schreckliche Neuigkeiten erfahren hatte?
    Â»Vergangenen Sonntag«, fing er an, »wurde auf Ihrem Land eine Leiche gefunden. Es handelte sich um den Leichnam einer jungen Frau, die ermordet worden ist – auf ziemlich brutale Art und Weise, scheint mir, obwohl man mir keine Einzelheiten mitgeteilt hat –, und zwar irgendwann im Frühsommer 2005. Sie haben Ihre Stellung in der Klinik dazu genutzt, zahnmedizinische Krankenakten zu vergleichen. Das war sittenwidrig und möglicherweise auch ungesetzlich, angesichts Ihrer Verstrickung in diesen Fall aber vollkommen verständlich. Jetzt glauben Sie, dass Sie in der Akte meiner verstorbenen Frau Melissa eine eindeutige Übereinstimmung entdeckt haben. Liege ich so weit richtig?«
    Â»Absolut«, bestätigte ich und fragte mich, womit sich Stephen Gair wohl seinen Lebensunterhalt verdiente.
    Â»Nur liegt genau da ein Problem vor. Meine Frau ist im Oktober 2004 im Krankenhaus gestorben, an Brustkrebs. Sie war schon seit Monaten tot, möglicherweise schon fast ein Jahr, als sich der Mord ereignete, also kann der Leichnam auf Ihrem Grundstück nicht ihrer sein. Wie mache ich mich?«
    Â»Sie liegen gut im Rennen«, bediente ich mich einer von Duncans Redensarten. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie Dana mich ansah, als befürchtete sie, mein Kopf sei noch immer von den Drogen benebelt, die man mir vielleicht verabreicht hatte, vielleicht aber auch nicht.
    Gair lächelte. Ein zu strahlendes Lächeln. Vielleicht war ich aber auch Fröhlichkeit an diesem Vormittag nicht gewachsen. »Vielen Dank«, sagte er.

    Â»Das Problem ist, die Röntgenbilder sind identisch«, wandte ich ein. »Illegale Nachforschungen hin oder her, daran führt kein Weg vorbei. Wenn sie meine Frau gewesen wäre, würde ich wissen wollen, warum.«
    Das Lächeln verschwand. »Ich will auch wissen, warum«, entgegnete er. Er sah gar nicht mehr nett aus.
    Dana schien Ärger vorauszuahnen und stand auf. »Wollen wir gehen?«, fragte sie. »Tora, ist es Ihnen recht, wenn wir gleich losfahren?«
    Â»Selbstverständlich«,

Weitere Kostenlose Bücher