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Todesopfer

Todesopfer

Titel: Todesopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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würden Sie sagen, mesial oder distal?«
    Er tat so, als studierte er das Bild, doch die Antwort lag auf der Hand.
    Â»Distal.«
    Â»Und diese hier?« Ich wies auf denselben Zahn auf Melissas Röntgenaufnahme.
    Er starrte auf die Tischplatte. »Miss Hamilton hat recht«, gab er schließlich zu. »Es bestehen genügend Ähnlichkeiten, die umfassende Nachforschungen rechtfertigen.«
    Stephen Gair zeigte auf die Panoramaaufnahme und sah dann Gifford an. »Wollen Sie behaupten, das da ist meine Frau? Dass
meine Frau in Ihrer Leichenhalle liegt? Was zur Hölle ist hier los?«
    Â»Okay, das reicht!« Andy Dunn hatte eine laute Stimme und ein bestimmtes Auftreten, wenn es nötig war. »Wir fahren aufs Revier. Mr. Gair, könnten Sie bitte mitkommen? Sie auch, Dr. Douglas.«
    In diesem Moment ging mein Piepser los. Ich entschuldigte mich und verließ den Raum, um zu telefonieren. Eine meiner Patientinnen näherte sich dem Ende des zweiten Wehenstadiums, und das Baby zeigte Anzeichen von Sauerstoffmangel. Die Hebamme war der Ansicht, dass vielleicht ein Kaiserschnitt notwendig sein könnte. Ich ging wieder hinein und erklärte die Lage.
    Â»Ich helfe Ihnen«, sagte Gifford. »Ich melde mich nachher, Andy.«
    Andy Dunn öffnete den Mund, doch Gifford war zu schnell für ihn. Er hatte die Tür bereits aufgezogen und mich hinausgeschoben, ehe irgendjemand Zeit hatte, Einspruch zu erheben. Ich fing Danas Blick auf; sie sah überrascht und nicht eben glücklich aus, und ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass wir mit Absicht getrennt wurden.
    Einmal draußen, marschierte Gifford mit langen Schritten vorneweg, und ich folgte ihm, so gut ich konnte. Es war schwer mitzuhalten, als wir den Parkplatz überquerten und den mit Steinplatten gepflasterten Weg entlanggingen, der zum Haupteingang der Klinik führte. Also legte ich ein Tempo vor, für das ich eigentlich gar nicht die nötige Energie besaß, und fragte mich, wann er wohl den Mund aufmachen und mich für all den Ärger zusammenstauchen würde, den ich verursacht hatte.
    In meinem Kopf schwirrten so viele Wörter herum, dass ich mir nicht sicher war, ob ich sie in der richtigen Reihenfolge würde hervorbringen können, wenn ich erst einmal angefangen hätte. Ich wollte ihn anklagen, eine Erklärung verlangen, mich verteidigen. Gleichzeitig stand mein Entschluss fest, mich nicht selbst durch unverständliches Gestammel zu enttäuschen. Es war an
ihm, als Erster das Wort zu ergreifen, mit irgendeiner Erklärung aufzuwarten.
    Gifford hatte noch immer nichts gesagt, als wir das Krankenhaus betraten, nach links abbogen und an der Notaufnahme vorbei in Richtung Entbindungsstation gingen. Beim Treppenhaus schwenkte er ab und schickte sich an, die Stufen hinaufzusteigen.
    Â»Ich dachte, Sie kommen mit und helfen mir?«, fragte ich. Ich hörte mich wie eine nörgelnde Ehefrau an, doch das war mir egal. Vom moralischen Standpunkt aus war ich jetzt im Vorteil, und ich gab nicht nach.
    Als er auf der vierten Stufe angelangt war, hielt er inne und drehte sich um. Das Licht des Treppenhausfensters leuchtete hell hinter ihm, und ich konnte sein Gesicht nicht erkennen.
    Â»Brauchen Sie Hilfe?«, fragte er zurück.
    Augenblicklich kam ich mir blöd vor. Natürlich brauchte ich keine Hilfe. Doch ich hatte auch nicht vor, mich einfach ignorieren zu lassen. Zwei Schwestern und ein Pfleger kamen den Flur entlang. Ihr Gespräch erstarb, als sie die offenkundige Spannung zwischen uns bemerkten. »Sie haben gesagt, Sie kommen mit«, wiederholte ich, ohne mir die Mühe zu machen, meine Stimme zu dämpfen.
    Auch Kenn hatte die anderen bemerkt. »Ich musste da raus«, sagte er. »Es gibt da ein paar Dinge, die zu erledigen sind.« Wieder machte er kehrt und stieg die Treppe empor. Ich blieb, wo ich war und beobachtete ihn. »Sie werden im Kreißsaal gebraucht, Miss Hamilton«, sagte er mit fester Stimme. »Wenn Sie fertig sind, kommen Sie bitte zu mir.«
    Die Schwestern und der Pfleger gingen an mir vorbei und folgten ihm nach oben. Eine der Schwestern, die ich flüchtig kannte, gab sich nicht einmal Mühe, den neugierigen Blick und das angedeutete Lächeln zu verbergen, das sie in meine Richtung abschoss. Sie glaubte, dass ich in Schwierigkeiten steckte, und das tat ihr nicht im Geringsten leid.
    Ich konnte Gifford schlecht in Anwesenheit des

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