Todespakt
verletzt. Ich denke, die Krankenhäuser können wir ausschließen, die wären ohnehin verpflichtet, Schusswunden zu melden. Irgendwelche Ideen? Ansonsten wüsste ich nicht, wie uns das weiterhelfen soll.«
Rokko blickte nachdenklich von den Unterlagen auf und wandte sich an Chris. »Laut der Aussage deiner Freundin hat einer der Täter das Wort Nest benutzt.«
»Darüber habe ich auch schon nachgedacht«, sagte Chris. »Es muss sich um eine Art Zufluchtsort handeln, vermutlich derselbe, an dem sie auch Bondek gefoltert haben.« Er rieb sich erneut die Erschöpfung aus den Augen. »Also gut, was wissen wir bis jetzt über diesen Ort? Ein Gewölbekeller, vermutlich in einem Altbau. Es ist davon auszugehen, dass dieses Gebäude Abseits liegt. Nur so können die Täter sicher sein, nicht beobachtet zu werden. Bondek sagte, in dem Keller hätten Käfige mit Vögeln gestanden, genau solche, wie sie ein Spaziergänger im Wald gesehen hat.« Chris stand auf und ging zu zwei Karten der Umgebung, die an der Wand befestigt waren. Eine davon bildete Koblenz und seine benachbarten Städte ab, wo die einzelnen Tat- und Fundorte jeweils mit Fähnchen markiert waren. Die andere zeigte einen Teil des umliegenden Naturparks Nassau und gab die Punkte an, an denen dort Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen waren. Chris deutete auf die markierte Stelle, an der einer der Anrufer die Käfige gesehen hatte. »Es wäre also durchaus möglich, dass sich dieses Gebäude nicht weit davon in diesem Waldstück befindet.«
»Das haben die Kollegen bereits überprüft«, erwiderte Gerlach. »Dem Grundbuchamt liegen dort keine Eintragungen vor.«
»Das Gebiet ist sehr weitläufig und unterteilt sich in mehrere Bezirke und somit auch in mehrere Zuständigkeiten. Möglicherweise handelt es sich nur um die Überbleibsel eines Bunkers oder dergleichen, dem kein Eintrag zugeordnet ist.«
»Klingt nicht sehr wahrscheinlich.«
»Seht mal«, sagte Rokko und deutete auf seinen Bildschirm.
Chris trat zu den anderen hinter ihn und betrachtete den Monitor, auf dem eine Satellitenaufnahme der Gegend abgebildet war.
Rokko deutete auf einen Punkt in der Mitte. »Hier ist die Stelle, an der die Vogelfallen gesehen wurden.« Er griff nach der Maus, zoomte etwas aus dem Bild heraus und verschob den Ausschnitt ein wenig nach links und nach oben. »Seht ihr das?«
Sie folgten dem Mauszeiger, der auf eine kleine Lücke im ansonsten dichten Grün der Bäume zeigte.
»Was soll das sein«, fragte Gerlach, der angestrengt auf die Stelle sah.
»Ich würde sagen, das Dach eines Gebäudes«, erwiderte Chris.
»Das könnte genauso gut eine Futtergrippe oder ein Unterstand sein.«
»Mal sehen, ob sich was dazu finden lässt.« Rokko öffnete den Browser. Er gab mehrere Suchbegriffe ein und begrenzte sie auf besagtes Gebiet. Die Liste der Treffer war gewohnt umfangreich, und nachdem sie sich minutenlang durch das Angebot ansässiger Immobilienfirmen und Restaurants mit Gewölbekellern geklickt hatten, stießen sie auf die Seiten einer Verbandsgemeinde. Unter der Rubrik Geschichtliches war dort unter anderem ein altes Gebäude abgebildet, das abgelegen im besagten Waldgebiet stand. Mehrere Fotos dokumentierten das Haus in unterschiedlichen Zeitepochen und zeigten Innenaufnahmen des gewölbeartigen Kellers. Gebannt studierten alle den umfangreichen Text, dem zufolge das Gebäude aus den 1940er Jahren stammte. Es wurde von den Nazis errichtet und unter anderem als Versorgungsdepot verwendet. Nach dem Krieg war es in den Besitz der zuständigen Verbandsgemeinde übergegangen. Diese verpachtete es einige Jahre an einen Wanderverein. Seit Ende der Neunzigerjahre stand das Gebäude leer und wurde nur gelegentlich für Feierlichkeiten vermietet. Die Stadtverwaltung kümmerte sich seitdem um den Erhalt des Objektes, das unter Denkmalschutz stand.
Rokko atmete hörbar aus. »Es lebe das Internet!«, rief er aus und kaute aufgeregt auf seinem Kaugummi. »Wenn das kein Volltreffer ist.«
»Zumal Jacobi für besagte Stadtverwaltung gearbeitet hat«, pflichtete Chris ihm bei.
»Und ich wette, er war als Techniker für die Wartung der sanitären Anlagen und der elektrischen Einrichtungen verantwortlich«, fügte Rokko hinzu.
»Das heißt, er hatte jederzeit Zugang zu dem Gebäude.«
Rokko nickte. »Leer, abgelegen, keine Nachbarn ... der ideale Ort, um jemanden zu foltern.«
Sofort griff Chris nach dem Telefon und wählte Bondeks Handynummer. »Haben Sie einen
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