Todespakt
war.
Im Gebäude begegneten ihnen weitere Beamte. Den Männern war anzusehen, dass sie froh darüber waren, wieder aus diesen Mauern herauszukommen. Als Chris den Keller erreichte, schlug ihm der kupferartige Geruch von Blut wie ein Faustschlag entgegen. Angewidert hielt er sich die Hand vor Mund und Nase, während er voranschritt. Das Summen von Fliegen war zu hören. Auf der rechten Seite standen einige leere Käfige, deren Böden mit Vogelkot überzogen waren. Ein Stück weiter stieß er auf einen schmalen Holztisch, auf dem eine Maske lag. Es war die Gleiche, wie die in Jacobis Wohnung. Davor lag ein Mann in einem ledernen Umhang. Auf dem Boden unter seinem Kopf hatte sich eine Blutlache angesammelt, und in seiner Stirn klaffte ein fingernagelgroßes Loch. Auf der anderen Seite entdeckten sie eine weitere Leiche, ebenfalls durch Kopfschuss hingerichtet. Aber all das war nichts gegen den Anblick des nackten Toten, der von der Decke hing. Seine Füße steckten in Schlaufen, die durch zwei Seilzüge von der Decke bis zu einer Art Spannvorrichtung führten. Die Beine des Toten waren gespreizt, ebenso wie der Großteil des Oberkörpers, der vom Schritt bis zum Brustbein in zwei Hälften gespalten war. Wie Schlachtvieh, das man nicht vollständig zerteilt hatte.
»Unser Freund Dragan, möchte ich wetten«, sagte Rokko, der neben Chris getreten war und mit Entsetzen das betrachtete, was einmal ein lebender menschlicher Körper gewesen war. »Hier sieht es aus wie in einem mittelalterlichen Folterkeller.«
Vorsichtig trat Chris an der vorderen Leiche vorbei an den Tisch heran. Darauf lagen mehrere Werkzeuge verteilt – ein Seitenschneider, verschiedene Zangen, Schraubenzieher und eine kleine Metallsäge. Zwischen den Gegenständen entdeckte er kleinere metallene Späne und einige Rückstände.
»Was denkst du, was sich hier abgespielt hat?«, fragte Rokko.
Chris sah sich um. »Sieht aus, als hätte jemand diesen Kreuzzug für beendet erklärt.«
Rokko nickte. »Und er hat seine treuen Weggefährten gleich mit entsorgt. Es läuft doch immer auf dasselbe hinaus.«
»Anscheinend hat derjenige jetzt, was er wollte. Und unser Freund dort dürfte der Schlüssel dazu gewesen sein.«
Einige Fliegen kreisten um die entstellte Leiche, legten begierig ihre Larven in die offenliegenden Eingeweide.
»Das wird es uns ziemlich schwierig machen, die Hintermänner dieser Terrorzelle ausfindig zu machen«, meinte Rokko und blickte auf die Leichen am Boden. »Deckert wird nicht begeistert darüber sein. Was denkst du, wie lange die schon tot sind?«
Chris' Blick driftete ins Leere ab.
»Hörst du mir überhaupt zu?«, fragte Rokko. »Ich hab dich was gefragt.«
»Bitte entschuldige«, meinte Chris noch immer in Gedanken. »Es ist nur ... Nachdem du gestern gegangen bist, habe ich noch im Büro gesessen und über das Ganze nachgedacht. Seitdem geht mir eine gewisse Sache nicht mehr aus dem Kopf.«
»Und die wäre?«
»Nicht hier«, sagte Chris und hielt sich erneut die Hand vor die Nase. »Dieser Gestank ist wirklich unerträglich. Lassen wir Meißner seine Arbeit machen.«
Draußen herrschte Betriebsamkeit. Zwei von Meißners Technikern hatten damit begonnen, die Spurenlage um das Gebäude herum zu sondieren. Ein Abschleppwagen war damit beschäftigt, das gestohlene Fahrzeug aufzuladen. Das SEK-Team rückte ab, mehrere Streifenwagen stießen hinzu. Sie sperrten das Gelände weiträumig ab, nachdem einige Pressevertreter Wind von der Aktion bekommen hatten. Mittlerweile waren auch ein Mitglied des Stadtrates und der Ortsbürgermeister eingetroffen, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen. Gerlach tat sein Bestes, um sie zu beschäftigen.
Chris und Rokko standen etwas abseits des Tumults, um ungestört reden zu können.
»Mir ist gestern etwas aufgefallen«, rekapitulierte Chris. »Gerlachs Anruf in Jacobis Wohnung hat mich darauf gebracht. Du weißt schon, die Geschichte mit seiner Frau und der kleinen Tochter.«
Rokko nickte.
»Ich glaube nicht, dass Jacobi die federführende Kraft in dieser Mordserie war. Er war meiner Meinung nach nur ein Mitläufer, dem das Schicksal übel mitgespielt hat und der deswegen auf Rache aus war. Da müssen ganz andere Kaliber dahinterstecken, Leute mit Geld und Einfluss. Leute, die über die nötigen Kontakte und Informationen verfügen. Sind wir uns so weit einig?«
Erneutes Nicken.
»Die Morde waren ein öffentlicher Rachefeldzug. Wie die Dinge jetzt liegen, gehen wir von
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