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Todesqual

Titel: Todesqual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ellis Karin Dufner
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vom Auto zu dem beige gestrichenen Gebäude betrachtete Lena den Helikopter, der auf seinem Landeplatz stand. Die frühmorgendliche Fahrt zum Zentralarchiv im Piper Tech hatte sie mit gemischten Gefühlen hinter sich gebracht. Hier wurden die Akten der ungelösten Fälle gelagert. Wenn der Täter durch die Maschen geschlüpft war und die ermittelnden Detectives endgültig das Handtuch geworfen hatten.
    Hier befand sich auch die Mordakte ihres Bruders.
    Bis jetzt hatte Lena der Mut gefehlt, sie zu lesen, denn sie wollte all die vielen Details gar nicht wissen. Es hatte ihr widerstrebt, sich mithilfe von Papieren in einem Ringordner an ihren Bruder zu erinnern. Doch seit Holts Tod hatte sich alles verändert. Es war ein Gefühl, das sich nicht länger beiseiteschieben ließ.
    Den Großteil der vergangenen Nacht hatte sie mit Novak telefoniert, und sie waren gemeinsam zu dem Schluss gekommen, dass die Liste der Leute, die Romeos Methoden kannten, gar nicht so kurz war wie zunächst vermutet. Alle, die in den Fällen Teresa López und Nikki Brant am jeweiligen Tatort gearbeitet hatten, gehörten genauso dazu wie die beiden Profiler vom FBI sowie sämtliche Kollegen in den Labors und im Büro des Leichenbeschauers, wo die Beweismittel untersucht wurden. Außerdem waren da noch die Detectives im Dezernat für Raub und Tötungsdelikte und diverse Verwaltungskräfte. Die Schlüsselelemente des Falls waren zwar nicht öffentlich gemacht worden, allerdings auch kein Staatsgeheimnis.
    Lena schob die Tür auf und bemühte sich um Ruhe, als sie sich dem Empfangstisch näherte. Eine alte schwarze Frau, die einen hellblauen Kittel und eine dicke Gleitsichtbrille trug,
stand im Mittelgang und blickte von ihrem Rollwagen auf. Die Regale waren lang und vollgepackt. Außerdem war es hier so still wie in einem Leichenschauhaus.
    Nachdem die alte Frau eine braune Mappe in einen Karton gelegt hatte, drehte sie sich wieder zu Lena um und lächelte verdattert und ein wenig fragend. Während Lena die Dienstmarke vom Gürtel nahm und die Fallnummer aus ihrem Notizbuch heraussuchte, setzte sich die Mitarbeiterin endlich in Bewegung.
    »Wie kann ich Ihnen helfen, junge Frau?«
    »Ich müsste eine Fallakte einsehen, Ma’am.«
    »Warum haben Sie nicht einfach angerufen?«
    »Keine Zeit«, erwiderte Lena. »Außerdem war ich gerade in der Nähe.«
    Wieder sah die Frau sie argwöhnisch an und nahm dann auf einem Hocker vor dem Computer Platz. Obwohl es vom Parker Center zum Piper Tech nicht weit war, kamen nur wenige Detectives persönlich hierher. Üblicherweise gab man die Fallnummer telefonisch durch, worauf ein Bote einem die Akte bis an den Schreibtisch brachte. Lena hatte mit Novak über die richtige Vorgehensweise gesprochen: zu riskant.
    Als die Frau Lenas Dienstmarke gründlich unter die Lupe nahm, malten sich Neugier und Misstrauen auf ihrem Gesicht. Wenn sie Antennen gehabt hätte, hätten diese sicher vibriert.
    »Sie sind Detective?«
    »Richtig.«
    Lena schob ihr Notizbuch über die Theke und sah zu, wie die Frau die Fallnummer in den Computer eingab. Im nächsten Moment hob die alte Dame den Kopf. Offenbar war der Groschen gefallen.
    »Sie haben denselben Familiennamen«, meinte sie, nun voller Anteilnahme.
    Lena hatte zwar geglaubt, auf diesen Moment vorbereitet
zu sein, doch ihr fehlten die Worte, sodass sie nur nicken konnte.
    »Ich weiß genau, wo die Akte ist, Detective Gamble. Einen Moment bitte.«
    »Danke.«
    Sie blickte der Frau nach, die zwischen den Regalen verschwand, und drehte sich dann zum Fenster. Der Hubschrauber startete gerade, und die Rotoren verdrängten quietschend die Luft. Allerdings klang das metallische Dröhnen in ihren Ohren um einiges angenehmer als das, was sie vor nur zehn Minuten im Radio gehört hatte.
    Der Mord und der Selbstmord im Hause Holt waren ein gefundenes Fressen für die Medien, die sogar den Spitznamen nannten, den die ermittelnden Detectives dem Serienmörder gegeben hatten. Selbst der Mord an ihrem Bruder wurde erwähnt, eine kurze Zusammenfassung, gefolgt von der Bemerkung, es sei doch ein erstaunlicher Zufall, dass nun beide Musiker den Tod gefunden hätten und dass David Gambles Schwester als Detective für den Fall zuständig sei. Leider jedoch erhob sich auch bereits Kritik von unberufener Seite. Ein Professor für Theaterwissenschaft an einem kleinen College ereiferte sich öffentlich, es sei eine Schande, eine Figur aus einem Stück von William Shakespeare auf diese Weise in den

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