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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Schweigen da, nachdem das falsche Weinen von Frauen- und Männerstimmen verstummt war.
    Kein einziger gefiederter Todesbote – Rabe, Eule oder Krähe – wagte sich in den unheilvollen Himmel. Nichts zwitscherte in den Bäumen, hüpfte über den Boden, um fette Regenwürmer zu suchen, oder hockte auf Zäunen und Geländern.
    Auch ohne geflügelte Todesboten spürte Molly, dass die meisten Bewohner von Black Lake tot waren. Es war noch nicht lange her, da hatte sie noch gedacht, die Leute kauerten in ihren zu Festungen ausgebauten Häusern, bewaffnet mit Flinten, Messern und Baseballschlägern und bereit, ihre Familien zu verteidigen, aber jetzt wusste sie es besser.
    Wer nicht abgeschlachtet worden war, den hatte man ergriffen und eingekerkert, um ihn zu Experimenten oder zu grausamen Spielen zu verwenden. In den meisten dieser Häuser lebte überhaupt nichts mehr – falls nicht fremdartiges Gewürm durch die dunklen Zimmer kroch und im Keller seltsame Pflanzen die Wurzeln in verwesende Kadaver schlugen, um bleiche Blätter und schwarze Blüten auszutreiben.
    Molly sah sich nach den Kindern um und erschrak, als sie sah, wie hoffnungsvoll die sie betrachteten, mit so offenkundiger Überzeugung, dass man sich auf sie verlassen konnte. Einige lächelten dünn, und ihr klägliches Vertrauen rührte Molly. Sie blickte wieder nach vorne, damit man die Tränen nicht sah, die sie wegblinzelte.

    Obwohl sie bereit war, für diese Kinder zu sterben, verdiente sie dieses Vertrauen nicht. Angesichts dieser weltweiten Katastrophe, in der gewiss ganze Armeen zugrunde gegangen waren, bevor auch nur ein Soldat einen Schuss abfeuern konnte, war ihr völlig bewusst, dass sie und Neil der vor ihnen liegende Aufgabe nicht gewachsen waren.
    Eine gescheiterte Schriftstellerin mit einer Pistole, ein gescheiterter Priester mit einer Schrotflinte. Im Leben hatten sie nur in einer Hinsicht wirklich und eindeutig Erfolg gehabt: in der Liebe. Durch ihre anhaltende und immer weiter wachsende Liebe zueinander hatten sie Erlösung und Frieden gefunden.
    Ihr Feind jedoch war unempfänglich für die Kraft der Liebe. Nach allem zu urteilen, was bisher geschehen war, mangelte es den Invasoren sogar an der Fähigkeit, diesen Begriff zu verstehen.
    An der nächsten Ecke bog Virgil nach rechts in die Marine Avenue ein, und als Molly ihm folgte, dachte sie einen Augenblick, die feuchte Luft und das merkwürdige Licht schüfen ein Trugbild, eine Augentäuschung. In der nächsten Kreuzung schien ein gewaltiger Spiegel zu stehen, der Virgil und die ihm folgende Schar reflektierte.
    Dann sah Molly, dass der Hund, der die Prozession dort drüben anführte, nicht Virgil war, sondern ein Irish Setter. Zwei bewaffnete Frauen, nicht eine, führten die Kolonne an, und ein bewaffneter Mann, kleiner und älter als Neil, bildete die Nachhut. Zwischen ihnen gingen etwa ein Dutzend Kinder und ein halbes Dutzend Hunde.
    Diese andere Gruppe war auf der Querstraße in nördlicher Richtung unterwegs. Alle blieben stehen und blickten zu Molly hinüber. Obwohl ihre Gesichter im schwachen Licht auf diese Entfernung nicht deutlich erkennbar waren, mussten sie erstaunt sein.
    Sie winkten, und Mollys Gruppe erwiderte den Gruß.
    Der Irish Setter trottete wieder los. Nach kurzem Zögern entschlossen sich seine Begleiter, ihm zu folgen, statt in die Marine Avenue einzubiegen, um ihre Neugier zu befriedigen. Ihre Aufgabe war noch nicht beendet.
    Außerdem wussten sie, dass Molly und Neil dasselbe taten wie sie. Es gab zu viele Kinder in Black Lake, als dass ein einziges Team sie hätte retten können; und wenn es zwei Teams gab, dann wahrscheinlich auch drei oder mehr.
    Das hätte Mollys Stimmung heben können, hätte sie nicht den Verdacht gehegt, sie seien keine Retter, sondern Erntehelfer.
    Die andere Gruppe verschwand in der Querstraße.
    Virgil führte Molly zu einem Haus ganz in der Nähe. Es war im viktorianischen Stil erbaut, mit allerhand Gauben, Giebeln und elegant verschnörkeltem Zierrat.
    Molly sah auf ihre Armbanduhr. Bald Mittag. Zehn Stunden waren vergangen, seit sie den leuchtenden Regen zum ersten Mal erblickt hatte und unter die Kojoten auf der Veranda getreten war. Sie hatte das Gefühl, dass die Zeit knapp wurde. Der letzte Schlag dieses Kriegs, wie immer er auch aussah, würde bald geführt werden.

SIEBTER TEIL

    In meinem Ende ist mein Anfang.
     
    T.S. ELIOT • EAST COKER

53
    Dachgauben mit geschnitzten floralen Giebeln, eine üppige Fülle von

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