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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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abschwollen wie winzige Lungen.
    Die Kolonie war etwa eineinhalb Meter breit, einen Meter lang und knapp zwei Meter hoch. Massig. Bösartig. Von einer Art Bewusstsein erfüllt.
    Woher Molly wusste, dass das Gewächs ein Bewusstsein hatte, war ihr nicht klar. Vielleicht war dafür auch eher ihre Fantasie verantwortlich als ihre Intuition oder
gar ihr Verstand. Dennoch war sie sicher, das sich zumindest im Innern der weißen Bläschen und vielleicht auch in den Lungensäckchen ein bewusstes Leben tummelte.
    Es wäre ihr lieber gewesen, wenn Abby und Johnny draußen gewartet hätten, aber man konnte die Kinder einfach nicht allein lassen, und weder sie noch Neil waren bereit, ihre Vereinbarung zu brechen, immer zusammenzubleiben.
    Virgil scharrte an der Tür zum Kirchenschiff. Das tat er so nachdrücklich, als wollte er seinen Begleitern klarmachen, dass sie nur wenig Zeit für das hatten, was getan werden musste.
    Als Molly die Tür aufstieß, sah sie gleich rechts ein Weihwasserbecken aus weißem Marmor, achtete jedoch nicht weiter darauf, weil ihr Blick von einer großen Anzahl Kerzen angezogen wurde, die vorne an der rechten Seite der Kommunionbank brannten.
    Aus Gewohnheit tauchte sie zwei Finger in das kleine Becken. Statt kühlem Wasser und dem vertrauten Gefühl von Frieden spürte sie ein feuchtes, schwammiges, fauliges Etwas.
    Ruckartig zog sie die Finger zurück und richtete die Taschenlampe auf das Becken. Im Wasser lag eine abgetrennte Menschenhand. Die Handfläche zeigte nach oben, die Finger waren gespreizt wie die Beine eines toten Krebses.
    Ein Schrei blieb ihr in der Kehle stecken und kam dann doch halb als Wimmern und halb als Keuchen heraus.
    Ein so vertrautes Objekt wie eine Hand wirkte an dieser Stelle und unter diesen Umständen extrem fremdartig und ungehörig, weniger grausig als schockierend, aber doch grausig genug.
    Um den Kindern den Anblick zu ersparen, richtete Molly die Taschenlampe sofort auf den Mittelgang des dunklen Kirchenschiffs. Der über den Boden zuckende Lichtkegel verriet ihre Verfassung.

    »Bleibt weg von dem Becken da, schaut nicht mal hin«, warnte sie und hoffte, dass die beiden in der Dunkelheit nicht sahen, was sie selbst nun wohl nie wieder vergessen würde.
    So frisch die Erinnerung an den grausigen Anblick war, sie war irgendwie unvollkommen. Molly ahnte, dass etwas an der abgetrennten Hand sie auf etwas Wichtiges hingewiesen hätte, doch das entsprechende Detail entzog sich ihrem Bewusstsein.
    Sie drehte sich nicht um, um noch einmal genauer hinzuschauen. Wichtiger war das, was am anderen Ende des Raums zu sehen war. Drei Kinder und zwei Männer standen dort in der Ecke bei den vielen Kerzen, direkt vor dem Altarraum.
    Aus der Entfernung sah die kleine Gruppe eingeschüchtert und angstvoll aus. Ihrer passiven Haltung nach zu urteilen, hatten die fünf keine Waffen und erwarteten scheinbar keine menschlichen Gesichter, sondern Sturmtruppen von einer anderen Welt.
    Mit einem Schlag wurde Molly bewusst, dass die Leute da vorn von den Kerzen geblendet wurden, während sie, Neil und die beiden Kinder im Dunkeln standen und für sie nicht erkennbar waren. Als sie auf dem Mittelgang nach vorne ging, rief sie deshalb einen freundlichen Gruß und nannte ihren und Neils Namen.
    Die fünf erwiderten nichts und blieben stocksteif stehen. Vielleicht hatte das, was sie in dieser Nacht erlebt hatten, sie zu argwöhnisch gemacht, und sie erwarteten, getäuscht zu werden. Erst wenn sie die Neuankömmlinge genau erkennen konnten, würden sie anders reagieren.
    Obwohl vorn eine ganze Reihe Kerzen brannte, lagen die Bänke im Dunkeln. Auch das schwache, purpurne Tageslicht hinter den Buntglasfenstern trug nicht dazu bei, die eng gewobenen Schatten aufzuhellen.

    Während sie Virgil den Gang entlang folgte, hörte Molly eine leise Stimme etwas murmeln, vielleicht das Vaterunser. Eine noch leisere Stimme sprach etwas, was wie der Rhythmus der Ave-Marias im Rosenkranz klang.
    Da merkte sie erst, dass noch weitere Menschen Schutz in St. Perpetua gesucht hatten, um sich in dieser Krise an Gott zu wenden. Eigentlich war verwunderlich, dass das nicht mehr getan hatten. Die Gläubigen saßen verstreut in den Bänken, einzeln oder zu zweit, demütige Silhouetten in der Dunkelheit.
    Molly verzichtete darauf, die Taschenlampe auf die Sitzenden zu richten. Sie ließ diesen Menschen ihre Ruhe, denn sie achtete ihr Bedürfnis, zu beten und vielleicht Buße zu tun.
    Da, wo die Bänke ein Stück vor

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