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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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der Kommunionbank endeten, spürte Molly unter ihren Füßen plötzlich ein Beben, begleitet vom Ächzen und Knacken der Eichendielen.
    Sie richtete die Lampe auf den gut gebohnerten Boden. Einige der Dielen wölbten sich leicht nach oben, als würde von unten etwas gegen den Estrich drücken.
    Virgil schnupperte nur kurz daran, dann machte er einen weiten Bogen um die deformierten Dielen.
    Die Kirche hatte einen Keller, das wusste Molly. Vielleicht hatte sich dort unten zwischen Vorräten und weggeräumten Festtagsdekorationen, zwischen Heizkessel und Warmwasserspeicher eine Bestie ohne christliche Absichten niedergelassen.
    Alle Lichter in den roten Glasschälchen des Votivständers brannten. Weitere hatte man auf die Kommunionbank und rund um die Füße einer lebensgroßen Marienstatue gestellt, die gleich dahinter stand.
    In dem rubinrot und golden flackernden Schein sah Molly, dass die drei Kinder allesamt Sommersprossen,
grüne Augen und ähnliche Gesichtszüge hatten. Offenbar waren es Geschwister.
    Das jüngste der Kinder war ein etwa fünfjähriges Mädchen mit kastanienbraunem Haar. Sein Gesicht glänzte vor Tränen. Abby ging sofort zu ihm und nahm es bei der Hand, vielleicht, weil sie es kannte oder weil sie merkte, dass sie, als die Ältere, ihm ein wenig Mut machen konnte.
    Die anderen beiden Kinder waren Jungen, eineiige Zwillinge, acht oder neun Jahre alt. Statt der braunen Locken ihrer Schwester hatten sie dunkles, fast schwarzes Haar. Sie hatten ebenfalls Angst, aber ihr unruhiges Verhalten ließ erkennen, dass sie eine gesunde rebellische Energie spürten, wie sie Jungen oft eigen ist. Sie wollten etwas tun, wollten handeln, obgleich ihnen sichtlich klar war, dass es ihre Kräfte überstieg, etwas gegen die verhasste Situation zu unternehmen.
    Keiner der beiden Männer, die sich bei den Kindern befanden, schien mit ihnen verwandt zu sein.
    Der eine war groß und dürr. Er hatte einen ausgeprägten Adamsapfel und eine spitze Nase, und er kaute so heftig auf seiner Unterlippe, als wollte er sie zum Bluten bringen. Seine nervösen Vogelaugen zuckten ständig von einem Objekt zum anderen, von Molly zu Neil, dann zu den Kindern, zu den Betenden in den Bänken und zu dem dunklen Altar.
    Der andere Mann war kleiner und ziemlich dick. Angstvoll rang er die plumpen Hände. »Es tut mir leid«, sagte er mit aufrichtigem Kummer, »es tut mir so leid, aber es ging nicht anders.«
    »Was tut Ihnen leid? «, fragte Neil.
    »Wir haben keine Waffen«, sagte der Dicke, »und wir haben gehofft, dass ihr … und ihr habt ja tatsächlich welche. Aber jetzt frage ich mich – nützen Waffen überhaupt etwas?«
    »Ich bin nicht gut im Rätselraten«, sagte Neil.

    »Wir hätten euch warnen können, aber was wäre dann aus uns geworden? Deshalb haben wir euch in eine Falle gehen lassen. Es tut mir so leid!«
    Wieder lief ein Beben durch den Boden. Die rubinroten Schälchen des Kerzenständers klirrten gegen Metall. Zitternd flammten die Lichter auf wie grelle Zungen bei einem lautlosen Schrei.

38
    Trotz des ruhelosen Wesens, das sich im Keller der Kirche regte, schienen sich der Dicke und sein hagerer Gefährte weniger für die Bedrohung unter ihren Füßen zu interessieren als für den dunklen Altarraum hinter ihnen und die Betenden auf den Bänken vor ihnen. Ihre nervösen Blicke huschten von einem Schatten zum anderen.
    »Könnt ihr uns hier rausbringen?«, fragte der Hagere, als hätte er vergessen, wo sich die Tür befand.
    Hinter sich hörte Molly aus verschiedenen Richtungen Geräusche. Waren die Leute in den Bänken etwa gemeinsam aufgestanden, wie um der Einladung zum Abendmahl zu folgen?
    Während sie sich umdrehte, fiel ihr die Hand im Weihwasserbecken wieder ein. Wegen des Schocks über die widerwärtige Berührung hatte sie ein entscheidendes Detail ausgeblendet, das ihr nun bewusst wurde. Das grausige Körperteil stammte nicht von einem Menschen, der im Verlauf der aktuellen Ereignisse zu Tode gekommen war, denn es war aufgequollen, verfärbt, mit Verwesungsflecken überzogen.
    Die Hand gehörte einem Toten, der schon eine Weile begraben gewesen war. Von der Kunst des Einbalsamierers konserviert, hatte sie der Fäulnis offenbar lange Widerstand geleistet, den Aufenthalt im Grab jedoch nicht gänzlich schadlos überstanden.
    Nacheinander fand Mollys Taschenlampe zehn Gestalten, die zwischen den Bänken standen. Es waren falsche
Beter, seelenlose, von Maden zerfressene Hüllen mit vermodernden schwarzen

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