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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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hatten alle Angst«, erklärten die Zwillinge im Chor.
    »Oma nicht. Die hatte keine Angst.«
    »Dafür ist sie verrückt geworden«, sagte Eric.
    Das nahm Bethany ihm krumm. »Gar nicht!«, sagte sie.
    »Total durchgeknallt«, beharrte Eric. »Sie hat gelacht. Ich hab sie lachen hören.«
    Aus einem nahen Garten oder einer Einfahrt hörte man das Weinen einer Frau. Vielleicht stammte es tatsächlich von einer trauernden Mutter oder einer verzweifelten Witwe, aber darauf gewettet hätte Molly nicht.
    Unter normalen Umständen wäre sie sofort hingegangen, um herauszufinden, wer da weinte, und um Unterstützung und Trost anzubieten. Nun wagte sie es, ihr Mitgefühl auf die Kinder zu beschränken. Das qualvolle Weinen war sicher eine Falle, und ihr Mitleid würde ihr mit einer Metzelei vergolten werden.
    Sie ging schneller, weil sie an Cassie dachte, die in der Kneipe der Obhut von Säufern und Leuten mit blödsinnigen Illusionen ausgeliefert war, und die drei Kinder hielten Schritt.
    »Egal, ob Oma nun verrückt geworden ist oder nicht, das war sowieso erst später«, sagte Elric. »Zuerst sind wir hochgerannt und haben gesehen, wie sie durch den Boden vom Schlafzimmer gekommen sind.«
    »Und dann sind sie gleich weiter zur Decke geschwebt«, ergänzte Eric.
    »Sie haben nach uns gegriffen«, sagte Bethany, »um sich an uns festzuhalten, aber wir hatten Angst, und sie haben es sowieso nicht geschafft.«

    »Die haben schon vorher nie was festhalten können«, sagte Eric zornig. Offenbar bezog er sich auf Verhaltensweisen, die ihn bereits lange vor der Eroberung der Erde geärgert hatten.
    »Als später mit Oma dasselbe passiert ist«, erzählte Elric, »hab ich versucht, sie am Fuß festzuhalten.«
    »Und ich hab Elric festgehalten, weil ich Angst hatte, dass er mit ihr verschwindet«, sagte Bethany.
    Verwirrt von dieser wilden Geschichte, die in jeder anderen Nacht wie die Erinnerung an einen Albtraum geklungen hätte und kurzerhand ins Reich der Fantasie verwiesen worden wäre, fragte Molly: »Was meint ihr eigentlich mit durch die Decke ?«
    »Hindurch eben«, antwortete Eric. »Als ob die Decke nichts Festes gewesen wäre, sondern bloß der Traum von einer Decke.«
    Elric sagte: »Wie wenn so ein Magier im Fernsehen seine Assistentin in einen Kasten sperrt und sie durchsägt, aber obwohl die Säge direkt durch ihre Beine geht, wird sie nicht verletzt, und die Säge verbiegt sich nicht.«
    »Wir dachten, wir würden auch nach oben schweben, weil sie das getan haben«, sagte Bethany, »aber mit uns ist nichts passiert.«
    »Dann sind wir die Klappleiter hoch auf den Dachboden geklettert, und da waren sie wieder«, sagte Eric. »Mensch, was haben sie geschrien!«
    »Oma nicht«, erinnerte ihn Bethany.
    »Nein. Die ist erst später verrückt geworden.«
    »Gar nicht!«
    »Doch!«
    »Jedenfalls«, fuhr Elric fort, »haben sie geschrien und versucht, sich irgendwo festzuhalten, zum Beispiel an den Dachsparren.«
    Eric sagte: »Sie haben mich und Elric angeschrien: ›Ihr kleinen Arschlöcher, tut doch was!‹«

    »’ne ganze Menge Wörter haben sie benutzt, alle noch schlimmer als Arschlöcher «, sagte Bethany. »Aber wir drei haben schon vor Monaten vereinbart, nie so zu reden wie sie.«
    »Wir hätten ja was getan«, sagte Eric, »aber wir konnten nichts tun, und sie konnten sich nicht festhalten, deshalb sind sie direkt durchs Dach geschwebt.«
    Sie bogen in eine Straße ein, in der die Hälfte der Bäume mit grauem Moos behangen war wie auf einem Bild aus den Sümpfen von Louisiana oder in einem Opiumtraum von Edgar Allan Poe. Die knorrigen Stämme waren mit leuchtenden Flechten überzogen und von Gewächsen verunstaltet, wie Molly sie bisher noch nicht gesehen hatte. Groß wie Mülltonnendeckel saßen sie fett und schwärend auf der Rinde.
    »Aufs Dach kamen wir natürlich nicht rauf«, setzte Elric den Bericht fort, »deshalb haben wir nicht gesehen, was danach passiert ist.«
    »Aber wir konnten sie da oben hören«, sagte Bethany ernst.
    »Ihre Schreie«, präzisierte Eric, »da im Regen über dem Haus.«
    »Wir hatten Angst.«
    »Total!«
    »Es hat nicht lang gedauert, dann hat man sie nicht mehr gehört. Bloß noch den Regen«, sagte Eric.
    »Sie wurden hochgebeamt«, erklärte Bethany.
    »Ins Mutterschiff«, ergänzten die Zwillinge im Chor. Mit technologischen Fantasien hatten ihre Eltern und Großeltern sie offenbar ausreichend vertraut gemacht.
    »Genau, ins Mutterschiff«, sagte ihre Schwester.

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