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Todesreigen

Titel: Todesreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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rief der Verteidiger. »Was soll die Frage bezwecken?«
    »Euer Ehren«, erklärte Tribow. »Ich versuche nur, eine Beziehung zwischen dem Verteidiger und dem Opfer herzustellen.«
    »Machen Sie weiter, Mr. Tribow, aber ich glaube, wir müssen nicht noch wissen, in welchem Karton das Spielzeug verpackt war.«
    »Ehrlich gesagt, Sir, wollte ich das gerade fragen.«
    »Nun, dann lassen Sie es bleiben.«
    »Gut. Also, Mr. Hartman, wie hat das Spiel funktioniert?«
    »Ich weiß nicht… Man schießt Raumschiffe ab oder so was.«
    »Haben Sie damit gespielt, ehe Sie es Mr. Valdez gegeben haben?«
    Im Augenwinkel nahm er wahr, dass Viamonte und Wu betrübte Blicke austauschten, weil sie sich offenbar fragten, was, zum Teufel, ihr Chef eigentlich vorhatte.
    »Nein«, antwortete Hartman. Zum ersten Mal, seit er den Zeugenstand betreten hatte, wirkte er gereizt. »Ich mag keine Spiele. Und es war ein Geschenk. Ich konnte es doch nicht aufmachen, ehe ich es dem Jungen gab.«
    Tribow nickte, zog eine Augenbraue hoch und setzte seine Befragung fort. »Also hatten Sie das Spiel am Morgen des Tages, an dem José Valdez erschossen wurde, bei sich, als Sie das Haus verlassen haben?«
    »Ja, Sir.«
    »War es in einer Tüte?«
    Der Angeklagte dachte einen Moment nach. »Ja, das war es, aber dann hab ich es in die Tasche gesteckt. So groß war es ja nicht.«
    »Damit Sie die Hände frei hatten?«
    »Ja. Wahrscheinlich.«
    »Und das Haus verließen Sie wann genau?«
    »Um zwanzig vor elf ungefähr. Die Messe fing um elf Uhr an.«
    »In welcher Kirche?«, fragte Tribow.
    »St. Anthony.«
    »Sind Sie sofort dorthin gegangen? Mit dem Spiel in Ihrer Tasche?«
    »Ja, genau.«
    »Also hatten Sie das Spiel in der Kirche bei sich?«
    »Richtig.«
    »Aber niemand hat es bemerkt, weil es in Ihrer Tasche steckte.«
    »So dürfte es gewesen sein.« Immer noch freundlich, immer noch selbstsicher.
    »Und als Sie die Kirche verließen, gingen Sie die Maple Street entlang zum Starbucks in Begleitung des Zeugen, den wir gehört haben, Mr. Cristos Abrego?«
    »Ja, das stimmt.«
    »Und das Spiel befand sich immer noch in Ihrer Tasche?«
    »Nein.«
    »Nein?«
    »Nein. An dieser Stelle habe ich es herausgenommen und in der Tüte getragen.«
    Tribow wirbelte herum, so dass er dem Angeklagten jetzt direkt gegenüberstand und fragte mit schneidender Stimme: »Ist es nicht vielmehr so, dass Sie das Spiel in der Kirche
nicht
bei sich hatten?«
    »Nein«, sagte Hartman und blinzelte überrascht. Seine Stimme klang allerdings weiterhin gleichmäßig und ruhig. »Das ist nicht wahr. Ich hatte das Spiel den ganzen Tag über bei mir. Bis ich von Valdez angegriffen wurde.«
    »Ist es nicht in Wahrheit so, dass Sie die Kirche verlassen haben, nach Hause gegangen sind, das Spiel geholt haben und dann zum Starbucks
gefahren
sind?«
    »Nein, nach der Kirche hatte ich keine Zeit, nach Hause zu fahren und das Spiel zu holen. Um zwölf Uhr war die Messe vorbei. Zehn Minuten später bin ich im Starbucks gewesen. Ich sagte schon, mein Haus liegt gut zwanzig Minuten von der Kirche entfernt. Das können Sie auf dem Stadtplan überprüfen. Ich bin geradewegs von St. Anthony zum Starbucks gegangen.«
    Tribow löste seinen Blick von Hartman und schaute in die Gesichter der Geschworenen. Dann warf er einen Blick auf die Witwe in der ersten Reihe des Zuschauerraums, die leise vor sich hinweinte. Er sah die verwirrten Gesichter seines Anklageteams. Er sah die Zuschauer, die Blicke austauschten. Alle warteten darauf, dass er irgendeine brillante Bombe platzen ließe, die Hartmans Aussage den Boden entziehen würde und ihn als den Lügner und Mörder entlarven würde, der er tatsächlich war.
    Tribow atmete tief durch. »Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen. Selbst der Richter runzelte die Stirn und schien den Ankläger fragen zu wollen, ob er das Kreuzverhör auch wirklich beenden wollte. Doch er gab sich damit zufrieden, den Verteidiger zu fragen: »Weitere Zeugen?«
    »Nein, Sir. Die Anklage möchte es dabei belassen.«
    Geschworene gibt es nur aus dem einzigen Grund, weil Menschen lügen.
    Würde jeder die Wahrheit sagen, dann könnte ein Richter Raymond C. Hartman einfach fragen, ob er den Mord an José Valdez geplant und ausgeführt hatte. Der Mann würde dann einfach ja oder nein sagen, und alles wäre erledigt.
    Aber natürlich sagen die Menschen nicht die Wahrheit. Deshalb verlässt sich das Justizsystem auf die Geschworenen, die Augen,

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