Todesreigen
Noch einmal ließ er den Hammer niedersausen. »Das Gericht zieht sich zurück.«
Im Saal begannen gleichzeitig hundert Gespräche, alle voller Missbilligung und Ärger.
Hartman ignorierte sämtliche Kommentare und Blicke. Er schüttelte seinen Anwälten die Hand. Einige seiner Gesinnungsgenossen traten zu ihm hin und umarmten ihn. Tribow sah das Lächeln, das Hartman und sein Chorknaben-Kumpel Abrego austauschten.
Tribow schüttelte Viamonte und Wu geschäftsmäßig die Hände – das war für ihn eine Tradition bei jedem Urteilsspruch, ob gut oder schlecht. Dann ging er hinüber zu Carmen Valdez. Sie weinte leise. Der Staatsanwalt nahm sie in den Arm. »Es tut mir Leid«, sagte er.
»Sie haben Ihr Bestes gegeben«, sagte die Frau, ehe sie mit dem Kopf auf Hartman deutete. »Ich glaube, dass Leute wie er, wirklich böse Leute, sich nicht an die Regeln halten. Und man kann nichts dagegen tun. Manchmal kommen sie einfach davon.«
»Nächstes Mal«, sagte Tribow.
»Nächstes Mal«, flüsterte sie zynisch.
Tribow wandte sich ab und flüsterte Detective Moyer ein paar Worte zu. Der Ankläger bemerkte, dass Hartman auf die Haupttür des Gerichtssaals zuging. Er trat schnell einige Schritte vor und schnitt ihm den Weg ab. »Einen Augenblick noch, Hartman«, sagte Tribow.
»Ein netter Versuch, Herr Anwalt«, sagte der große Mann und hielt einen Moment inne. »Aber Sie hätten auf mich hören sollen. Ich habe Ihnen gesagt, dass Sie verlieren würden.«
Einer seiner Anwälte reichte Hartman einen Umschlag. Er öffnete ihn und nahm seinen Reisepass heraus.
»Es muss Sie eine Menge gekostet haben, diese Zeugen zu bestechen«, sagte Tribow liebenswürdig.
»Oh, so etwas würde ich nie tun.« Hartman verzog das Gesicht. »Das wäre ein Verbrechen. Und Sie sollten das am besten wissen.«
Viamonte reckte ihm einen Finger entgegen und sagte: »Sie werden stolpern, und wenn das passiert, werden wir in der Nähe sein.«
Ruhig entgegnete Hartman: »Nur wenn Sie nach Südfrankreich ziehen. Was ich nächste Woche tun werde. Kommen Sie mich doch mal besuchen.«
»Um die Minderheiten in Saint-Tropez zu unterstützen?«, fragte Chuck Wu.
Hartman schenkte ihm ein Lächeln und wandte sich dann der Tür zu.
»Mr. Hartman«, sagte Tribow. »Nur eine Sache noch.«
Der Mörder drehte sich um. »Was denn?«
Tribow wies mit dem Kopf auf Detective Dick Moyer. Der trat nun vor und blickte kalt in Hartmans Augen.
»Möchten Sie noch etwas, Officer?«, fragte der Mörder.
Moyer packte Hartman unsanft und legte ihm Handschellen an.
»Hey, was, zum Teufel, haben Sie vor?«
Abrego und zwei von Hartmans Leibwächtern traten vor, doch nun schirmten eine Anzahl uniformierter Polizisten Tribow und Moyer ab. Die Schläger zogen sich augenblicklich zurück.
Hartmans Anwalt bahnte sich seinen Weg durch die Umstehenden. »Was geht hier vor?«
Moyer ignorierte ihn und erklärte: »Raymond Hartman, ich nehme Sie fest wegen Verstoßes gegen das Strafgesetzbuch Abschnitt achtzehn, Punkt drei-eins Strich B. Sie haben das Recht zu schweigen, Sie haben das Recht auf einen Anwalt.« Er leierte die Litanei der Rechtsbelehrung mit ziemlich gelangweilter Stimme herunter, wenn man den Aufruhr um ihn herum in Betracht zog.
Hartman fuhr seinen Anwalt an: »Warum, zum Teufel, lassen Sie das zu? Ich bezahle Sie schließlich – unternehmen Sie was!«
Diese Haltung stieß beim Anwalt auf wenig Gegenliebe, trotzdem mischte er sich ein: »Der Mann ist in allen Punkten freigesprochen worden.«
»Nicht in allen Punkten«, wandte Tribow ein. »Da war noch ein minder schwerer Anklagepunkt, den ich nicht in die Anklage aufgenommen hatte. Abschnitt achtzehn, Punkt drei-eins.«
»Was, zum Teufel, bedeutet das?«, fuhr Hartman auf.
Sein Anwalt schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
»Sie sind Anwalt, verdammt noch mal. Was soll das heißen, Sie wissen es nicht?«
Tribow erklärte: »Das ist ein Gesetz, gemäß dem das Tragen einer geladenen Schusswaffe im Umkreis von hundert Metern um eine Schule unter Strafe steht – Sonntagsschulen eingeschlossen.« Mit einem bescheidenen Lächeln fügte er hinzu: »Ich selbst habe mich bei der Legislative dafür stark gemacht, dieses Gesetz zu verabschieden.«
»Oh, nein…«, murmelte der Verteidiger.
Hartman runzelte die Stirn und erklärte in drohendem Tonfall: »Das dürfen Sie nicht. Es ist zu spät. Die Verhandlung ist vorbei.«
Der Anwalt sagte: »Er darf, Ray. Das ist eine unabhängige Anklage.«
»Na,
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