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Todesreigen

Titel: Todesreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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ihr Sohn eine junge Blondine in Gwens Alter ins Visier genommen und damit angefangen hatte, sie überallhin zu verfolgen. Der Junge war durchschnittlich intelligent, hatte aber, als er jünger gewesen war, einige psychotische Episoden durchlebt. Der Polizei war es nicht möglich gewesen, ihn aufzuhalten, weil er während all der Monate seiner Nachstellungen nur ein Mal jemanden verletzt hatte – der Bruder des Mädchens hatte ihn angegriffen. Harle hatte den Jungen halbtot geschlagen, doch sämtliche Vorwürfe gegen ihn wurden mit dem Argument der Selbstverteidigung fallen gelassen.
    Schließlich hatte die Familie Ebbers fluchtartig den Staat verlassen und gehofft, einen neuen Anfang machen zu können.
    Doch die einzige Veränderung bestand darin, dass Harle sich ein neues Opfer gesucht hatte: Gwen.
    Der Junge hatte mit seiner besessenen Überwachung begonnen: Er schaute durch die Fenster von Gwens Klassenräumen in der Schule oder kniete sich neben den Wacholderbusch, ohne den Blick vom Schlafzimmerfenster des Mädchens abzuwenden.
    Ron hatte versucht, eine Verfügung zu erwirken, die der Richter aber nicht ausstellen konnte, ohne dass Harle irgendetwas Illegales tat.
    Schließlich, nachdem Harle sich sechs Monate lang täglich neben dem Wacholderbusch eingefunden hatte, stürmte Ron zur psychiatrischen Abteilung des Gesundheitsamtes und verlangte, dass etwas unternommen würde. Die Behörde hatte den Eltern des Jungen dringend nahe gelegt, ihn für sechs Monate in eine private Klinik zu schicken. Der Bezirk wollte neunzig Prozent der Kosten beisteuern. Die Ebbers stimmten zu, und der Junge wurde per Zwangseinweisung nach Garden City gebracht.
    Doch jetzt war er wieder da und kniete wie ein Soldat neben dem vertrauten Wacholder, nur eine Woche, nachdem ein Krankenwagen ihn abtransportiert hatte.
    Endlich kam Sheriff Hanlon an den Apparat.
    »Ron, ich hatte vor, Sie anzurufen.«
    »Sie wussten davon?«, brüllte Ron. »Warum, zum Teufel, haben Sie uns nichts gesagt? Er treibt sich in diesem Augenblick hier draußen herum.«
    »Ich habe es selbst gerade erst erfahren. Der Junge hat mit einem Seelenklempner im Krankenhaus geredet. Anscheinend hat er die richtigen Antworten gegeben, so dass sie sich für seine Entlassung entschieden haben. Ihn auf der Basis eines anzweifelbaren Gerichtsbeschlusses weiter festzuhalten, hätte das Risiko einer Schadenersatzklage gegen den Bezirk bedeutet.«
    »Was ist mit Schadenersatz für meine Tochter?«, fuhr Ron auf.
    »In ein paar Wochen wird eine Anhörung stattfinden, aber sie können ihn bis dahin nicht im Krankenhaus festhalten. Wahrscheinlich nicht einmal nach der Anhörung, so wie die Dinge liegen.«
    Während sich an diesem schönen Frühlingsabend der Nebel über Locust Grove senkte, während Grillen zirpten wie ein schlecht geöltes Getriebe, während Harle Ebbers zu seiner vertrauten Pose erstarrt war und seine dunklen Augen nach einem zarten jungen Mädchen Ausschau hielten, traf dessen Vater die Entscheidung, dass es so nicht weitergehen konnte.
    »Hören Sie, Ron«, sagte der Sheriff mitfühlend, »ich weiß, dass es hart ist. Aber…«
    Ron hängte wütend das Telefon ein und riss den Apparat dabei fast von der Wand.
    »Schatz«, begann Doris, doch er ignorierte sie. Als er zur Tür eilen wollte, ergriff sie seinen Arm. Sie war eine kräftige Frau. Doch Ron war stärker und riss sich schroff von ihr los. Er schob die Fliegengittertür auf und ging über den taufrischen Rasen direkt auf den Park zu.
    Zu seiner Überraschung – und Freude – machte Harle sich nicht aus dem Staub. Er erhob sich aus seiner kauernden Position, verschränkte die Arme und wartete auf Ron.
    Ron war sportlich. Er spielte Tennis und Golf und schwamm wie ein Delfin. Hundert Bahnen am Tag, wenn der Pool des Country Clubs geöffnet war. Er war etwas kleiner als Harle, doch als er die auffälligen Augenbrauen des Jungen und seine verstörend tief liegenden Augen registrierte, wusste er in seinem Herzen, dass er den jungen Mann töten könnte. Wenn nötig, auch mit bloßen Händen. Die kleinste Provokation würde ausreichen.
    »Daddy, nein!«, schrie Gwen auf der Veranda. Ihre Stimme drang durch den Nebel wie ein hoher Geigenton. »Bring dich nicht in Gefahr. Das ist es nicht wert!«
    Ron wandte sich um und zischte: »Geh sofort rein!«
    Harle winkte in Richtung des Hauses. »Gwennie, Gwennie, Gwennie…« Auf seinem Gesicht lag ein Furcht erregendes Grinsen.
    In den Nachbarhäusern gingen Lichter

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