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Todesreigen

Titel: Todesreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Gittern verschwinden.«
    »Dafür werden wir schon sorgen. Schönen Tag noch.«
    Als der Sheriff gegangen war, blieb Sandra May eine ganze Weile stehen und betrachtete das Foto ihres Mannes, das vor einigen Jahren aufgenommen worden war. Er hielt einen großen Barsch hoch, den er gefangen hatte – wahrscheinlich im Billings Lake. Dann ging sie ins Vorzimmer, öffnete den Mini-Kühlschrank und goss sich ein Glas süßen Tee ein.
    Sie kehrte in Jims, nein, in
ihr
Büro zurück, setzte sich in den Ledersessel und drehte sich langsam hin und her, wobei sie dem inzwischen vertrauten Quietschen lauschte.
    Sie dachte: Nun, Sheriff, Sie haben beinahe Recht gehabt.
    Es gab nur einen kleinen Fehler in der Geschichte.
    Dass nämlich Sandra May die ganze Zeit über von Jims Affäre mit Loretta gewusst hatte. Sie hatte sich an den Terpentingeruch ihres Mannes gewöhnt, doch niemals an den Gestank des Proletenparfüms, das die Frau trug und das ihn wie eine Wolke von Insektenspray umgab, wenn er ins Bett kletterte, zu müde, um sie auch nur zu küssen. (»Ein Mann will dich nicht drei Mal pro Woche, Sandra. Frag dich lieber mal, warum.« Danke, Mama.)
    Als Jim DuMont also im letzten Oktober nach Billings Lake aufgebrochen war, folgte ihm Sandra May und stellte ihn wegen Loretta zur Rede. Und als er es zugab, sagte sie: »Danke, dass du nicht gelogen hast.« Dann nahm sie den Schlagstock, schlug ihm mit einem einzigen Schlag den Schädel ein und schob ihn dann mit dem Fuß ins kalte Wasser.
    Sie hatte gedacht, damit sei alles erledigt. Der Tod wurde als Unfall behandelt, und alle vergaßen die Angelegenheit – bis dieser Mann vom Billings Lake sich gemeldet und berichtet hatte, dass er Jim kurz vor seinem Tod zusammen mit einer Frau gesehen hatte. Sandra May war klar, dass es nur eine Frage der Zeit sein konnte, bis man sie wegen des Mordes zur Rechenschaft zog.
    Die Angst vor einer lebenslangen Strafe – und nicht der Zustand der Firma – war das schreckliche Dilemma, in dem sie sich wiederfand und das sie dazu brachte, um Hilfe »vom Himmel« zu flehen. (Die Firma? Wen kümmerte es? Das »bisschen Geld von der Versicherung« belief sich auf fast zehn Millionen Dollar. Um damit verschwinden zu können, hätte sie DuMont Products Inc. gern im Bankrott versinken lassen und auch auf das Geld verzichtet, das Jim für seine dürre Schlampe beiseite geschafft hatte.) Wie konnte sie dem Gefängnis entrinnen? Doch dann hatte Ralston ihr die Antwort geliefert, als er sie angesprochen hatte. Er war zu glatt. Sie hatte den Schwindel gerochen, und es war auch nicht allzu schwer gewesen, die Verbindung zu Loretta herzustellen. Sie hatte sich ausrechnen können, dass die beiden vorhatten, ihr die Firma wegzunehmen.
    Also hatte sie ihren eigenen Plan geschmiedet.
    Sandra May öffnete die unterste Schublade des Schreibtischs, nahm eine Flasche mit einem nur in kleinen Mengen produzierten Kentucky-Bourbon heraus und goss sich drei Finger breit in ihren Eistee. Sie lehnte sich im Sessel ihres Mannes zurück, der jetzt ihr gehörte, und schaute aus dem Fenster auf eine kleine Gruppe großer, dunkler Pinien, die sich im Wind des aufkommenden Frühlingssturms wiegten.
    Sie dachte an Ralston und Loretta: Ich hab euch nie den Rest von Mamas Spruch erzählt, stimmt’s?
    »Schatz«, hatte die alte Frau ihrer Tochter erklärt, »eine Frau im Süden muss eine Spur stärker sein als ihr Mann. Und sie muss auch eine Spur klüger sein. Und, ganz unter uns, auch eine Spur hinterhältiger. Egal, was du tust, vergiss diesen Teil der Sache nicht.«
    Sandra May trank einen ausgiebigen Schluck Eistee und griff nach dem Telefon, um ein Reisebüro anzurufen.

Der kniende Soldat
    »Er ist da draußen? Jetzt schon?«
    Eine Schüssel fiel auf den gefliesten Küchenboden und zerbrach.
    »Gwen, geh runter in den Freizeitraum. Sofort.«
    »Aber Daddy«, flüsterte sie. »Wie kann das sein? Sie haben gesagt, sechs Monate. Sie haben
versprochen
, sechs Monate. Mindestens!«
    Als er durch die Vorhänge blinzelte, verließ ihn der Mut. »Er ist es«, seufzte er.
    »Er ist es. Gwen, tu, was ich dir gesagt habe. Der Freizeitraum. Sofort.« Dann rief er zum Esszimmer hinüber: »Doris!«
    Seine Frau erschien eilig in der Küche. »Was ist los?«
    »Er ist wieder da. Ruf die Polizei.«
    »Er ist
wieder da
?«, murmelte die Frau grimmig.
    »Mach schon. Und Gwen, ich will nicht, dass er dich sieht. Geh nach unten. Ich sage es nicht noch mal.«
    Doris nahm den Hörer ab und

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