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Todesreigen

Titel: Todesreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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und entlassen werden.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Aber Sie wussten, dass ich vorhatte, Peter zu töten… Und Sie haben mich nicht daran gehindert! Verdammt, Sie haben mich
ermutigt
, es zu tun.«
    »Und als ich mich mit Peter traf, habe ich
ihn
ermutigt, sich Ihnen entgegenzustellen… Es war Zeit, die Dinge voranzutreiben. Unsere Sitzungen haben langsam angefangen, mich zu langweilen.« Harrys Gesicht verdüsterte sich in offensichtlichem Bedauern. »Ich habe nie gedacht, dass Sie ihn wirklich töten würden, allenfalls verletzen. Aber was soll ich sagen? Die Psychiatrie ist keine exakte Wissenschaft.«
    »Aber warum sind Sie nicht zur Polizei gegangen?«, fragte sie flüsternd und der Panik nahe.
    »Ah, das hat etwas mit der dritten Sache zu tun, die ich Ihnen mitgebracht habe.«
    Ich kann Ihnen helfen, und Sie können mir helfen…
    Er zog einen Umschlag aus seinem Aktenkoffer und reichte ihn ihr.
    »Was ist das?«
    »Meine Rechnung.«
    Sie öffnete ihn und entnahm ihm ein Blatt Papier.
    Am Kopf der Seite stand geschrieben:
Für geleistete Dienste
. Und darunter:
10 Millionen Dollar
.
    »Sind Sie übergeschnappt?«, keuchte Patsy.
    Angesichts ihres gegenwärtigen Aufenthaltsortes und der äußeren Umstände ihrer Unterhaltung musste Harry über ihre Wortwahl lachen. »Peter war so nett, mir den exakten Umfang Ihres Vermögens mitzuteilen. Ich lasse Ihnen eine Million… Die Sie wahrscheinlich brauchen, um diesen gewieften Anwalt zu bezahlen. Er macht einen kostspieligen Eindruck. Also, ich brauche Bargeld oder einen gedeckten Scheck, ehe ich in Ihrem Verfahren aussage. Ansonsten muss ich dem Gericht meine ehrliche Diagnose über Ihren Zustand mitteilen.«
    »Sie erpressen mich!«
    »Ich glaube, da haben Sie Recht.«
    »Warum?«
    »Weil ich es mir mit diesem Geld leisten kann, etwas Gutes zu tun und Menschen zu helfen, die wirklich Hilfe brauchen.« Er deutete auf die Rechnung. »Ich würde den Scheck möglichst bald ausstellen – in New York ist die Todesstrafe wieder eingeführt worden. Oh, und ganz nebenbei: Den Spruch über das vergiftete Essen würde ich schleunigst vergessen. Wenn Sie hier anfangen, Ärger wegen des Essens zu machen, werden Sie schnell mittels einer Magensonde ernährt.«
    Er griff nach seiner Aktentasche.
    »Warten Sie«, bettelte sie. »Gehen Sie nicht! Lassen Sie uns darüber reden!«
    »Tut mir Leid.« Harry deutete mit dem Kopf auf die Uhr an der Wand. »Ich sehe, dass unsere Zeit um ist.«

Der Fluch der Schönheit
    Er hatte sie gefunden.
    Oh nein, dachte sie. Gott, nein…
    Die Augen voller Tränen und von Übelkeit gequält, sackte die junge Frau gegen den Fensterrahmen und starrte durch einen Spalt in der Jalousie.
    Der ramponierte Ford-Pickup – so grau wie der aufgewühlte Atlantische Ozean ein paar hundert Meter die Straße hinauf – fuhr langsamer und hielt schließlich vor ihrem Haus in diesem hübschen Viertel von Crowell, Massachusetts, nördlich von Boston. Es war genau der Truck, den zu fürchten sie mit der Zeit gelernt hatte; der Truck, der regelmäßig mit leichter Schlagseite in ihren Träumen auftauchte, manchmal mit brennenden Reifen, manchmal mit einem Blut spritzenden Auspuff, manchmal von einem unsichtbaren Fahrer gelenkt, der es nur darauf abgesehen hatte, ihr das Herz aus der Brust zu reißen.
    Oh nein…
    Der Motor verstummte bis auf das klopfende Geräusch des Abkühlens. Das Dämmerlicht reichte nicht aus, um das Innere der Fahrerkabine zu erhellen, doch sie wusste, dass deren Insasse sie anstarrte. In ihrer Vorstellung konnte sie seine Gesichtszüge so deutlich erkennen, als stünde er in der klarsten Augustsonne drei Meter vor ihr. Kari Swanson wusste, dass er sein leicht ungeduldiges Lächeln aufgesetzt hatte, dass er an seinem Ohrläppchen zupfte, das von den hässlichen Narben zweier vor langer Zeit entzündeter und anschließend zugewachsener Löcher entstellt war. Sie wusste, dass sein Atem schwer ging.
    Sie selbst atmete in panischen Stößen, und ihre Hände zitterten. Kari wich vom Fenster zurück. Sie kroch in den vorderen Flur, zog die Schublade eines kleinen Tisches auf und nahm die Pistole heraus. Dann sah sie wieder nach draußen.
    Der Fahrer kam nicht näher ans Haus heran. Er spielte einfach sein allzu vertrautes Spiel: auf dem Fahrersitz seiner alten Rostbeule sitzen und zu ihr herüberstarren.
    Er hatte sie schon gefunden. Gerade mal eine Woche, nachdem sie hierher gezogen war. Er hatte sie über mehr als zweitausend Meilen verfolgt.

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