Todesreigen
war.
Er öffnete das Handschuhfach und nahm den Revolver heraus.
Carolyn warf einen Blick auf die Waffe. In ihren Augen sahen sie alle gleich aus. Schwarz und gefährlich.
Mit einem Klicken ließ er sie aufschnappen. Sie sah sechs Kugeln in den sechs Kammern. Lawrence fragte: »Hast du sie abgewischt?«
»Nein«, erwiderte sie. »Ich weiß nicht, wie man das macht.«
Er lachte. »Man… wischt sie einfach ab.« Er zog ein Papiertaschentuch aus der Schachtel auf ihrem Armaturenbrett und wischte das Metall sorgfältig ab.
»So«, sagte er. »Das war’s schon.«
Vor ihnen lag jetzt das Hotel. Die rote
Zimmer-frei
-Reklame blinkte wenig verlockend. Es war ein schäbiger Ort. (Carolyn legte Wert darauf, dass
ihre
Liebhaber sie in Bed-and-Breakfast-Pensionen einluden. Oder wenigstens ins Hyatt.)
Sie parkte auf der Straße, von wo aus sie den Parkplatz überblicken konnten. Dort stand Stans Cadillac. Sie fragte sich, welches der Autos Lorrie gehören mochte.
»Oh, mir ist ein guter Ort eingefallen, um es zu erledigen«, sagte sie, als wäre ihr die Idee gerade erst gekommen. »Cardiff Falls an der Route 58. Von hier aus sind es ungefähr fünf Meilen. Es ist wirklich einsam dort. Halt dich einfach eine Meile in Richtung Maple Branch und bieg dann an der Mobil-Tankstelle links ab. Dann bist du auf der Route 58.«
»Gut.« Er nickte und erklärte: »Du bleibst hier. Ich verstecke mich im Gebüsch. Ich sorge dafür, dass er in den Caddy steigt, fahre mit ihm zu der Stelle und suche einen guten Platz nicht zu weit von der Straße. Du folgst uns.«
Carolyn atmete tief durch. »Okay.«
»Anschließend setzt du mich am Hotel ab und fährst nach Hause. Wenn er heute Abend nicht nach Hause kommt, rufst du die Bullen an. Und denk daran, nicht überzureagieren, wenn du erfährst, was passiert ist. Es ist besser, fassungslos zu wirken als hysterisch. Irgendwie weggetreten.«
»Fassungslos, nicht hysterisch.« Carolyn nickte.
Dann beugte er sich vor, legte seine Hand fest um ihren Nacken, zog ihren Kopf zu sich her und küsste sie. Sie erwiderte seinen Kuss mit derselben Bestimmtheit. Sie genoss den kleinen Schauder, den die Berührung der Handschuhe an ihrem Hals in ihr auslöste. Vielleicht würde sie mit Don einmal Verkleidungsspiele ausprobieren. Oder mit einem anderen Liebhaber. Leder wäre vielleicht nicht schlecht…
Als er sie losließ, blickte sie ihm in die Augen. »Viel Glück!«, sagte sie.
Er stieg aus, kauerte sich neben den Wagen und schaute sich um. Die Straße war menschenleer. Gebückt lief er über eine schattige Fläche neben dem Hotel und verschwand hinter einer Reihe von Buchsbaumsträuchern.
Carolyn lehnte sich zurück gegen die lederne Kopfstütze und schaltete Lite-FM ein.
Jetzt endlich überfiel sie die Nervosität wie ein kühler Regenschauer. Der Schrecken des Abends machte sich in ihr breit, und ihre Hände begannen zu zittern.
Was tue ich bloß?, fragte sie sich.
Schon bald wusste sie die Antwort: Das, was ich schon vor langer Zeit hätte tun sollen. Plötzlich verwandelte ihre Verunsicherung sich in Wut. Ich hasse diese verdammten Kleider. Ich will mich schick anziehen, ich will ausgehen und einen hübschen Martini oder Wein trinken. Ich will, dass dieser Idiot Stan aus meinem Leben verschwindet, ich will, dass die ganze Sache endlich vorbei ist. Ich will…
Ein scharfer Knall drang vom Hotel herüber. Und noch einer.
Sie setzte sich auf und starrte auf den Parkplatz und auf Stans Cadillac.
Noch zwei Mal ertönte das Geräusch. Es klang wie Schüsse.
In mehreren Hotelzimmern wurden die Lichter eingeschaltet.
Carolyn spürte die Angst im Bauch wie einen kalten Stein.
Nein, nein, das waren bloß Fehlzündungen. Sonst nichts. Sie ließ den Parkplatz nicht aus den Augen. Noch mehr Lichter gingen an. Türen öffneten sich. Mehrere Menschen traten auf Balkone und schauten sich um.
Dann bewegte sich etwas rechts von ihr. Sie versuchte, etwas zu erkennen.
Lawrence stand dort im Schatten. Seine Augen waren aufgerissen, und auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck des Schreckens. Hielt er sich den Bauch? War er von einer Kugel getroffen worden? Sie konnte es nicht erkennen.
»Was ist passiert?«, schrie Carolyn.
Er schaute sich um, voller Panik, und drängte sie mit verzweifelten Gesten, wegzufahren. »Los… los. Fahr schnell nach Hause.« Er verschwand in den Büschen.
Hatte ihn ein Wächter oder ein Polizist außerhalb der Dienstzeit mit der Waffe überrascht? Hatte
Stan
eine Waffe bei
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