Todesreigen
einem merkwürdigen Zustand, beinahe sexuell erregt. Das stolze Gleiten ihres Wagens, die kühle Luft auf ihrer Haut und, das musste sie zugeben, der Gedanke an Stans Tod erregten sie.
Das galt auch für den Gedanken an sein Geld. Er war solch ein Geizhals, dass er ihr den Lexus nicht einmal
gekauft
hatte. Er musste unbedingt geleast werden.
Sie dachte auch an Lawrence.
Ein großartiger Liebhaber.
Aber ein noch besserer Sündenbock.
Zu schade, Larry.
Allerdings würde es nicht einfach werden. Sie konnte die Bullen natürlich nicht von ihrem Autotelefon aus anrufen; alle Anrufe würden zurückverfolgt werden. Also hatte sie sich entschlossen, den Schauplatz des Mordes selbst auszusuchen. Das musste Larry einleuchten – sie war die Ortskundige; er wusste in der Gegend nicht Bescheid. Sie schlug ihm vor, mit Stan Richtung Cardiff Falls zu fahren. Dort zog sich die Landstraße durch ein steil abfallendes Tal. Eine Meile weiter gab es einen Gemischtwarenladen mit zwei Außentelefonen.
Sie würde ihnen folgen. Nachdem Larry Stan getötet und sich auf den Weg gemacht hätte, um sie zu treffen, würde sie aus ihrem Wagen steigen und mit dem Küchenmesser, das sie in ihrer Handtasche trug, den hinteren Reifen von Stans Cadillac durchstechen. (Aus dem Reservereifen hatte sie schon heute Morgen die Luft herausgelassen.) Dann würde sie Lawrence dort zurücklassen und zu dem Laden rasen, die Bullen anrufen und so schnell wie möglich nach Hause fahren. Lawrence würde in dem Tal gefangen sein. Zu Fuß würde er vierzig Minuten brauchen, um herauszukommen, und die Bullen mussten innerhalb von zwanzig Minuten dort sein.
Perfekt.
Ihre Gedanken wanderten wieder zum Heritage Hotel, in dem ihr Mann sich im Augenblick aufhielt.
Sie sah die beiden zusammen im Bett vor sich.
Sah seine Freundin: Loretta Samples… Lorrie… eine wenig bemerkenswerte Frau. Blond und auf langweilige Weise hübsch. Als Carolyn ihnen ins Einkaufszentrum gefolgt war, hatte Lorrie einen lächerlichen schwarzen Schlapphut getragen und sich so dicht an Stan geschmiegt, dass sein Ellbogen gegen ihre Brust drückte. Vor der Todesfeen-Ehefrau war sie abrupt stehen geblieben. Oh, wie hatte Carolyn
diese
kleine Szene genossen.
Lor-rie…
Was taten sie in diesem Moment, fragte sich Carolyn und umklammerte das Lenkrad des Lexus so fest, dass ihre Finger sich verkrampften. Tranken sie Wein? Küsste er ihre Füße? Lag er auf ihr und hatte sein langes braunes Haar hinter die Ohren geschoben?
Als Lawrence’ Motel vor ihr auftauchte, verlangsamte sie ruckartig die Fahrt. Wie abgesprochen, fuhr sie daran vorbei. Er trat hinter einer Reihe von Sträuchern hervor und stieg bereits ins Auto, ehe sie es ganz zum Stehen gebracht hatte.
»Fahr los«, befahl er, und sie steuerte den Wagen zurück auf die Straße.
Sie hatte erwartet, dass er, na ja, Killerklamotten tragen würde. Wie ein Soldat vielleicht, oder wenigstens ein schwarzes Sweatshirt und Jeans. Stattdessen trug er einfach einen seiner Geschäftsanzüge unter seinem reich verzierten Trenchcoat. Seine Krawatte war mit kleinen gelben Fischen bedruckt. Hässlich, geschmacklos. Aus irgendeinem Grund fühlte sie sich plötzlich besser bei dem Gedanken, ihn zu verraten.
»Bist du sicher, dass er in seinem Motel ist?«
»Er hat angerufen und erklärt, er käme später zum Abendessen. Er hätte ein Treffen mit Bill Mathiesson.«
»Und das stimmt nicht?«
»Nein, es sei denn, er wäre in London, wo Bill sich diese Woche aufhält. Das sagt jedenfalls seine Sekretärin.«
Lawrence stieß ein bitteres Lachen aus. »Wenn man schon lügt, soll man clever lügen.« Er schaute auf die Uhr. »Was weißt du über seine Geliebte?«
Wieder durchfuhr sie die Eifersucht in einer heißen Welle. »Sie hat kleine Titten und müsste sich die Nase richten lassen.«
»Ist sie auch verheiratet?«
»Ja. Sie ist genau wie Stan. Ein reiches Miststück. Hat Daddys Vermögen geerbt und denkt, sie kann sich alles erlauben. Die beiden verdienen einander.«
»Gut, wollen wir hoffen, dass sie das Zimmer zuerst verlässt. Zeugen sind schlecht.« Er zog enge Arbeitshandschuhe aus Baumwolle über seine Hände.
»Du trägst keine Gummihandschuhe?«
»Nein«, sagte er. »Stoff ist besser. Da bleiben innen keine Fingerabdrücke, die dich mit den Handschuhen in Verbindung bringen können.«
»Oh.« Sie vermutete, dass Lawrence Anderson Smith alias der Lincoln-Mann alias der Liebeskünstler ein ziemlich guter Schuldeneintreiber gewesen
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