Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)

Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)

Titel: Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Wilhelmy
Vom Netzwerk:
eine der Tafeln. Die Tatortfotos hingen an der zweiten großen Wandtafel. Simon blickte auf, als Reiser eintrat.
    Reiser nahm die Spuren der Erschöpfung in Simons Gesicht wahr und dachte bei sich, dass er wahrscheinlich ebenso mitgenommen aussah. Es war eine lange Nacht gewesen. Und es würde noch ein langer Tag werden, daran gab es keine Zweifel.
    Stimmen im Flur kündigten die Beamten im Dienst an, die an der Besprechung teilnehmen würden. Maike und Tom de Camp in Begleitung der Staatsanwältin Rosa Schmidt betraten den Raum, auch sie ebenfalls mit einer Tasse Kaffee bestückt, in der Hoffnung, das ekelige Gebräu aus dem Kaffeeautomaten würde ihnen helfen, ihre Müdigkeit zu verscheuchen. Leises Gemurmel begleitete das kollektive Stühlerücken. Im Besprechungsraum war es stickig.
    Reiser riss sofort das Fenster auf, doch feuchte, heiße Luft strömte wie eine Welle ins Zimmer.
    „Mensch, mach’s Fenster zu, Rio, bist du verrückt geworden!“, rief Stephan Seifert, einer der Beamten, den Reiser auf den Tod nicht ausstehen konnte, ihm zu. „Hast du schon mal was von Klimaanlagen gehört? Die funktionieren nämlich nicht, wenn das Fenster geöffnet ist.“
     
    Seifert lümmelte sich wie üblich mit verschränkten Armen auf seinem Stuhl und warf Reiser einen vorwurfsvollen Blick zu. Reiser reagierte aggressiv.
    „Ach ja, hast du vielleicht das Gefühl, dass hier irgendeine Klimaanlage funktioniert? Klugscheißer!“ Wütend knallte er das Fenster wieder zu. „Aber wenn ihr hier alle ersticken wollt, ist mir auch recht.“ Reiser hob abwehrend beide Hände, zuckte mit den Schultern und setzte sich neben Maike auf seinen Stuhl.
    „Jung, ess dat dann nüdich?“ Rosa Schmidt, die Staatsanwältin, schaltete sich ein. „Wir sind doch hier nicht im Zirkus. Kümmern Sie sich um die Klimaanlage, Seifert. Und Herr Kommissar Hachenberg“, wandte sie sich Simon zu, „wenn Sie so freundlich wären, endlich anzufangen.“
    Rosa Schmidt war eine interessante Frau. Auf den ersten Blick sah man eine dünne, jedoch mit einer üppigen Oberweite ausgestattete, großgewachsene, sehr schick in Rock und Bluse angezogene Dame mittleren Alters. Der kurze Pagenschnitt umrahmte ein zartes Gesicht. Sprach jemand sie an, der sie nicht kannte, überlegte diese Person verblüfft, ob sie sich eventuell verhört hätte oder etwas mit seinen Ohren nicht in Ordnung wäre. Der Anlass war nicht nur die tiefe Tonlage ihrer Stimme, sondern der eigentliche Grund war die Tatsache, dass sie kölnischen Dialekt sprach. Richtiges Kölsch, nicht nur mit dem leichten Akzent, durch den jeder Rheinländer sofort entlarvt werden würde, nein, sie beherrschte die Kölner Mundart perfekt. Sie tat dies allerdings nur außerhalb des Gerichtssaales. Während einer Verhandlung sprach sie ausschließlich Hochdeutsch. Sobald sie den Saal verlassen hatte, schien sie automatisch einen Schalter umzulegen. Für die meisten ein absoluter Genuss, obwohl sehr viele zugereiste Kollegen so ihre Schwierigkeiten hatten, sie überhaupt zu verstehen. Ihr trockener Humor verfälschte oft den Eindruck, dass mit ihr eigentlich nicht zu spaßen war. Jedes Mal dachten die Leute: Toll, mit ihr kann man aber Pferde stehlen, wenn sie ihren Lieblingsspruch auf die Menschheit los ließ. Der da wäre, dass sie sich beim gegenseitigen Kennenlernen mit ihrem Namen Schmidt vorstellte, jedoch es nicht versäumte zu sagen: „Minge Name es Schmidt. Schmidt met DT, wie Damentoilette.“ Eine intelligente Erwiderung schien den meisten nicht einzufallen.
    Reiser schätzte sie sehr. Ihr Verhältnis zueinander war seit vielen Jahren kollegial und herzlich, auch wenn sie die häufigste Zeit nicht einer Meinung waren.
    „Haben Sie etwas, was ich der Presse sagen kann?“, fragte sie in den Raum hinein. Niemand antwortete. Resigniert schüttelte sie den Kopf. „Jot, fange mer aan!“
    Simon räusperte sich. Er hatte sich immer noch nicht daran gewöhnen können, vor so vielen Menschen zu sprechen.
    „Was ist hier in unserer Stadt in den letzten Tagen passiert? Wir haben zwei ermordete junge Männer. Ebenso ein drittes Opfer, das weiterhin in der Klinik um sein Leben kämpft.“ Simon zeigte mit dem Stock auf die an der Wandtafel befestigten Fotos. „Unser erstes Opfer, Christoph Stein. 25 Jahre alt, unverheiratet. Getötet nachweislich durch eine Überdosis Anabolika. Dazu später mehr von unserer verehrten Kollegin Maike Gottburg.“ Seine Augen suchten Maike und fanden sie in der ersten

Weitere Kostenlose Bücher