Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)
Kollegen aus den hinteren Reihen auf, die ihrer Meinung nach drohten einzuschlafen. „Exküse, Frau Gottburg. Ich wollte Sie nicht unterbrechen. Aber die Hitze kann ja kein Mensch mehr aushalten.“ Sie goss sich ein großes Glas Wasser ein und trank es in einem Zug aus. „Ich bin dafür, dass wir alle eine kleine Pause einlegen. Sid er all domet enverstande?“ Rosa Schmidt blickte fragend in die Runde.
„Eine gute Idee, Frau Staatsanwältin“, erwiderte Maike erleichtert. Auch die restlichen Anwesenden seufzten erlöst auf.
M it frisch frisierten Haaren machte Molly sich ein zweites Mal auf den Weg in die Frankenforster Straße. Unzählige Gedanken schwirrten ihr im Kopf herum, sie musste die vielen Neuigkeiten, die sie soeben von Tina, der Friseurin, erfahren hatte, erst einmal ordnen. Ein Mordversuch an Phillip Richter, dem Stadtabgeordneten, den sie gestern auf der Bürgerversammlung noch gesehen, gehört und – wie sie sich jetzt beschämt eingestehen musste – auch ausgebuht hatte. Sie hoffte allerdings, dass der Täter nicht im Kreis der Bürgerinitiative zu finden sei. Sie konnte es sich beim besten Willen nicht vorstellen.
War Phillip Richter etwa mit Theresa Richter verwandt, mit der sie heute früh telefonisch einen Termin vereinbart hatte? Da fiel es ihr ganz unvermittelt wieder ein. Auf dem Flohmarkt hatte Theresa doch ihren Stiefsohn Phillip erwähnt. Holy moly. Das wurde ja immer verworrener! Das Ganze wirkte auf Molly wie ein großes kompliziertes Puzzle, dessen Teile sie jeden Tag aufs Neue, Stückchen für Stückchen zusammenfügen musste.
Sebastian Witt war auch so ein Puzzleteilchen. Sie hatte seine Mitgliedskarte vom Fitnessclub eigentlich vor ihrem Friseurbesuch noch dort abgeben wollen. Dabei hätte sie auch endlich die Gelegenheit gehabt, ihren kleinen sportbegabten Kakadu wiederzusehen. Aber das ganze Areal vor dem Fitness-Studio war wegen einer angeblichen Geiselnahme von der Polizei abgesperrt worden. Sie hatte noch versucht, Näheres über die Vorgänge herauszufinden, aber zu dem Zeitpunkt schien keiner der Schaulustigen genau zu wissen, was dort eigentlich geschah. Mittlerweile war auch Molly zu der Überzeugung gelangt, dass ein gewaltiger Fluch über diesem sonst so beschaulichen Städtchen liegen musste, die Apokalypse brach über Heiligenburg herein.
Im Nachhinein war sie froh, die kleine Plastikkarte nicht aus den Händen gegeben zu haben. Vielleicht hatte Sebastian Witt ja etwas mit dem Feuer gestern Nacht zu tun, vielleicht war er ja sogar Christophs Mörder. Nicht auszudenken, was alles hätte passieren können. Er wäre unter Umständen sogar der Idee verfallen, eine eventuelle Mitwisserin aus dem Weg räumen zu müssen.
Vielleicht war ihr erster Gedanke, den Mitgliedsausweis der Polizei zu übergeben, doch der richtige gewesen. Aber dann erinnerte sich Molly wieder an ihre Abfuhr, die sie sich eingehandelt hatte, als sie die von Christoph aufgehobene Zeitung den ermittelnden Beamten übergeben wollte. Noch jetzt stieg ihr die Zornesröte ins Gesicht, wenn sie nur daran dachte. Dieser unfähige, vermaledeite testosterongeschwängerte Hornochse von Kommissar! Nein, das ließe sie sich kein zweites Mal bieten!
Es musste einen anderen Weg geben, an die Adresse von Sebastian Witt zu kommen, Molly musste unbedingt Näheres über ihn erfahren. Dabei war ihr Karl Pütz eingefallen, ihr Freund kannte doch hier im Ort Gott und die Welt, wie man so schön sagte. Und so war es auch gewesen.
Karl hatte Sebastians Schwester Charlotte gefragt, die in der Altersresidenz arbeitete. Und es hatte nur wenige Minuten seines Charmes bedurft, die gewünschte Adresse in Erfahrung zu bringen. Er hatte Molly erzählt, dass die zwei Geschwister noch bei ihrer Mutter zuhause lebten. Und als er ihr den Namen der Mutter genannt hatte, war sie dann doch sehr erstaunt gewesen. Theresa Richter, die Frau mit den Fotos, welch ein unerwarteter Zufall.
Molly hatte ihre Nummer im Telefonbuch gefunden und sie um ein Treffen gebeten. Sie hatte sich als die Frau vom Flohmarkt zu erkennen gegeben und nebenbei noch die Bemerkung fallen gelassen, sie sei mit Christoph Stein, dem ersten Mordopfer, verwandt. Da hatte Theresa sich, wenn auch sehr zögerlich, bereit erklärt, sie zu empfangen. Molly erhoffte sich durch das Gespräch ein paar weitere zusätzliche Puzzleteile.
Hoffentlich begab sie sich nicht unnötig in Gefahr. Molly erschauerte innerlich. Bitte, gib gut auf mich acht, Eduard , bat sie in
Weitere Kostenlose Bücher