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Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)

Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)

Titel: Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Wilhelmy
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seinem Gesicht. Es war ein langer Tag gewesen. Er hatte sich trotz Unwettermeldung entschieden, das Auto zu Hause stehen zu lassen. Der kurze Heimweg würde ihm guttun. Sein Weg führte ihn am Sportzentrum mit den Tennisplätzen und dem Fußballfeld vorbei über den großen Parkplatz der Felsbreche in Richtung Kahnweiher. Die meisten Autos hatten den Parkplatz bereits verlassen, nur noch wenige Fahrzeuge warteten auf ihre Besitzer. Es war dunkel und die einsame Laterne hüllte den großen Platz in ein trübes, unheimliches Licht. Er entschied sich, nicht durch den Park am Kahnweiher entlang zu gehen, denn dort wäre der Weg zwischen den dichten Bäumen und Gesträuch schlüpfrig und finster. Er würde die Hauptstraße wählen. Das war ein kleiner Umweg, aber er wollte sich nicht seine guten Schuhe ruinieren. Natürlich glaubte er nicht an Gespenster oder an irgendwelchen übersinnlichen Humbug, und doch fürchtete er sich seit seiner Kindheit vor der absoluten Finsternis. Er gab die Schuld seinen Eltern, die ihm gruselige Geschichten vom Weihermonster, das nachts mit dem Kahn über das Wasser ruderte und kleine Jungs klaute, erzählt hatten.
    Bewegte sich da etwas am Waldrand? Er glaubte, etwas Dunkles in der Finsternis zu sehen. Ein Schatten? Was war das? Geräusche, die er nicht zuordnen konnte, hallten zu ihm herüber.
    Wahrscheinlich irgendwelche Penner oder Bier trinkende Jugendliche, die sich hier die Nacht um die Ohren schlugen , dachte er missmutig, weshalb also Angst haben? Doch eine gewisse Unruhe überfiel ihn. Plötzlich, ohne Vorwarnung, schossen kreischende Vögel aus der Finsternis der Baumkronen in den wolkenverhangenen Himmel empor. Sie schlugen hektisch mit den Flügeln und trieben voller Panik auseinander. Unwillkürlich zuckte er zusammen. Was hatte sie so erschreckt?
    Wie hatte er sich das Weihermonster, als er klein war, immer vorgestellt?
    Es war groß und hatte riesige Zähne , jetzt erinnerte er sich. Und in seinen Träumen hatte es nur ein Auge. Das einäugige Monster, er hatte lange nicht mehr daran gedacht. Seine Schritte wurden schneller.
    Bloß weg hier.
    Er war erleichtert, als er aus der Ferne das feuchte, glitzernde Pflaster der Hauptstraße erkannte und das gleichmäßige Brummen der Autos wahrnahm.
    Seine Gedanken schweiften erneut zu Annabell. Er würde sie vermissen. Seine Frau langweilte ihn schon lange, und als das Baby kam, vergaß sie eigentlich, dass sie einen Mann hatte. Er war froh darüber, so hatte er seine Ruhe, konnte sich frei bewegen und die Dinge tun, die er tun wollte. Und er wollte so schnell wie möglich diesem Kaff den Rücken kehren. Endlich weg von hier und den kleinkarierten Idioten. Er konnte es gar nicht erwarten. Sein größter Wunsch, es bis in die Hauptstadt zu schaffen, war zum Greifen nahe gewesen. Jetzt war er sich nicht mehr so sicher. Hatte er auf das falsche Pferd gesetzt?
    Das Anlassen eines Motors hinter ihm beruhigte ihn, gab es ihm doch das Gefühl, nicht mutterseelenallein hier durch die Dunkelheit zu wandeln. Es waren nur noch wenige Meter bis zur Straße. Er blickte über seine Schulter nach hinten und wunderte sich.
    Wieso sah er keine Scheinwerfer?
    Das jähe Aufheulen des Motors überraschte ihn und mit ungläubigen Augen blickte er fasziniert durch die Dunkelheit und sah das Auto auf ihn zurasen, bevor es ihn erfasste. Der Schmerz war unbeschreiblich. Einen Augenblick hatte er das Gefühl zu schweben. Seine Arme ruderten hilflos in der Luft. Er schrie nicht. Kein Laut kam aus seiner Kehle. Dann stürzte er zu Boden und die tiefste Finsternis der Welt umhüllte ihn.
    Die Gestalt stieg langsam aus dem Auto. Ganz in Schwarz gehüllt, die Kapuze tief über den Kopf gezogen, machte sie eins mit der Dunkelheit. Vorsichtig tastete sie sich an die Stelle, wo sie den Verunglückten vermutete. Ein warmer Schauer der Zufriedenheit durchzog sie. Die Gestalt bückte sich hinunter zu dem geschundenen Körper, der still und reglos in seinem Blut ruhte. Sie lächelte, als sie sah, wie grotesk sein Körper und seine Extremitäten aufgrund der zahlreichen Knochenbrüche durch den Aufprall deformiert waren. Er erinnerte sie an den Gummimann, den sie unlängst im Fernsehen bewundert hatte.
    Die Gestalt erhob sich träge, zog die Kapuze wieder tief ins Gesicht und verschwand ohne Eile in die Dunkelheit und Zuflucht der Bäume. Der Motor des Autos brummte weiter durch die Nacht und niemand kam, um ihn abzustellen.

D ie seltenen Momente, die sie zusammen

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