Todesriff
die an der Außenwand leckten , war en zu hören - und Steves Schwimmbewegungen.
Im Sommer, also schon in sechs bis acht Wochen, zwischen November und Februar, wenn Zyklone vom Korallenmeer hereinfegten, Wogen aufpeitschten und das Wasser mit Schlamm und Schutt trübten, wurden immer wieder einige der kleineren Riffinseln vollständig fortgerissen, Korallen vom Meeresboden gezerrt, zertrümmert und die Bruchstücke irgendwo anders zu Korallenbergen aufgetürmt. Das Riff veränderte sich jede Minute, jeden Tag. Es lebte, und Leben bedeutete Veränderung. War es nicht auch Zeit für sie, ihr Leben zu ändern? War sie es nicht längst schon satt? Sollte sie, nur weil sie enttäuscht worden war, jedes Risiko meiden?
Das Klatschen des Arms auf der Leiter riss sie aus ihren
Gedanken
.
„ Das Boot ist fest!”, sagte er und schwang sich aus dem Wasser. Seine Bermudas klebten ihm am Körper.
Er behauptete, nur zweimal mit
Pressluft
flasche getaucht zu sein.
„ Ein paar wichti ge Regeln vorweg”, begann sie. „ Erstens: Man sollte nie allein tauchen. Und zweitens: Man sollte
seinem Tauchpartner vollkommen vertrauen können.” Sie blickte ihm dabei in die Augen. Für Sekundenbruchteile befiel sie ein e Spur Misstrauen, aber sein kurzes Lächeln fegte es weg.
Er betrachtete sie während sie redete, und sie fragte sich, ob er ihr überhaupt zuhörte. Seine blauen Augen schienen für Momente immer wieder durch sie hindurchzusehen, um sich irgendwo in der Weite über dem Meer zu verlieren. Annabel redete dennoch weiter:
„ Die wichtigsten Zeichen unter Wasser sind folgende: O kay : Zeigefinger und Daumen berühren sich an den Spitzen.” Sie ze igte mit dem Daumen nach oben. „ Das heißt Auftauchen , und Daumen nach unten bedeutet Abtauchen . Ganz einfach.” Sie lächelte.
„ Und was heißt: Gefahr ?”, fragte er
und musterte sie
.
Da war es wieder, dieses Unheimliche. Aber er hatte Recht, das Zeichen für Gefahr gehörte ebenfalls zu den wichtigsten Zeichen der Unterwassersprache.
„ Gefahr. ” Sie ballte die Faust und hielt sie senkrecht nach oben. „ Und da wir gerade dabei sind ...” Annabel drehte die Faust in die Horizontale. „ W enig Luft . Und das da”, sie fuhr sich mit dem Zeigefinger quer über den Hals, „ das bedeutet: Keine Luft mehr .” Sie bekämpfte einen e rneuten Anflug von Misstrauen. „ Und jetzt zur Flasche: Alle Flaschen haben ein einfaches Ein/Aus-Ventil mit einem Hochdruck-Sicherheitsventil, das verhindert, dass zu viel Luft eingefüllt wird. Außerdem gibt es auch immer eine O-Ring-Abdichtung zum einstufigen Atemregler. Das sollte man
immer
überprüfen. Wenn es defekt ist, kann es ziemlich brenzlig werden. Der zweistufige Atemregler ist das Mundstück. Auf dem Manometer kann man sehen, wie viel Druck sich noch in der Flasche befindet. Ach ja, und falls da mal was schief geht, gibt es noch den so genannten Octopus. Das ist ein weiteres Mundstück, das durch einen zusätzlichen Schlauch mit der Flasche verbunden ist. Aber ich glaub, das weißt du alles – und i ch hoffe aber, dass wir das
nicht brauchen werden.“
Sie zogen die Taucherausrüstung an, kontrollierten noch einmal die einzelnen Schnallen, Ventile und Schläuche.
„ So, wie du deinen Bleigurt befe stigt hast”, erklärte Annabel, „ kannst du ihn gar nicht mit der rechten Hand öffnen. Merk dir eins: Der Tauchpartner muss genauso mit der Taucherausrüstung des anderen vertraut sein wie mit der eigenen. Und es ist nun mal so, dass der Gurt grundsätzlich mit der rechten Hand geöffnet werden soll. Stell dir vor, du musst schnellstens auftauchen, weil da ein gefährlicher Fisch ist oder du verletzt bist, du oder der andere. Dann kostet es nur unnötige Zeit, erst herauszufinden, wie man den Bleigurt öffnet.”
Er sah sie an, ohne etwas zu erwidern. Sie dachte an den Angriff der Haie. Greg hatte sich gerettet, indem er blitzschnell den Bleigurt abgeworfen hatte. Annabel schnallte sich die Tauchkonsole um, einen Gurt mit drei Messgeräten: dem Finimeter, das anzeigte, wie viel Luft noch in der Flasche war, dem Tiefenmesser und dem Kompass.
Dann setzten sie Tauchermaske und Schnorchel auf, spuckten in die Scheibe, damit sie nicht beschlug, setzten sich auf die Tauchplattform, zogen die Flossen an, und überprüften noch einmal gegenseitig ihre Ausrüstung und den Luftvorrat. Annabel signalisierte Okay , Steve antwortete mit demselben Zeichen, dann ließ sie sich ins Wasser hinabgleiten, sie drehte sich
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