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Todesriff

Todesriff

Titel: Todesriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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um und sah, wie er ihr folgte.
    Sie tauchte an der Verankerung der Boje entlang ab. Es fiel ihr in der ersten Sekunde auf, in der sie ihn unter Wasser sah: Er konnte tauchen. Jeder Anfänger machte den Fehler, zu kurz auszuatmen und damit zu viel Luft in der Lunge zu behalten. Doch die Luftblasen, die von ihm aufstiegen, entsprachen genau der richtigen Menge. Er war hier unten mit ihr völlig allein, ging es ihr durch den Kopf ...
    Die Schönheit der Unterwasserwelt überwältigte sie immer wieder und ließ sie alles andere vergessen. Vor ihnen am Hang des Riffs leuchtete etwas, das wie ein roter Schwamm aussah. Sie zeigte darauf, und Steve nickte. Aber es war kein Schwamm, wie sie gleich erkannte, sondern ein riesengroßer Anglerfisch, ein mindestens dreißig Zentimeter großes Exemplar. Er bewegte sich durch Saugnäpfe fort und hatte eine besonders perfide Jagdtechnik entwickelt. Zwar erweckte er den Anschein, eine ungefährliche Pflanze zu sein, doch über dem kaum erkennbaren Maul hing ein Fortsatz, so etwas wie eine durchsichtige Angelrute. Wenn Beute sich dem Maul näherte, konnte es blitzschnell zuschnappen.
    Sie schwammen an einem Clownfisch und einer Anemone vorbei, als sie plötzlich keine Luft mehr bekam. Ein Blick auf das Manometer genügte, um zu wissen, dass sie keinen Sauerstoff mehr in der Flasche hatte. Wo war Steve ? Hatte er sie hier unten allein gelassen? Sie brauchte Sauerstoff, und zwar sofort! Sie waren über zwanzig Meter tief! Schon spürte sie, wie ihr schwindlig wurde, wie sich ihr Blick verschleierte und sich alles um sie herum zu drehen begann. Wo war Steve?
    Sie konnte nicht mehr denken, sie taumelte - da wurde ihr brutal der Octopus in den Mund gestoßen. Gierig sog sie die Luft ein. Steves Gesicht war unmittelbar vor ihr. Sie atmete Luft aus seiner Flasche. Als sie sich ein wenig erholt hatte, stiegen sie auf. Er schwamm zum Boot voraus. Erst als sie oben auf der Plattform saßen, setzte er die Brille ab, und sie erschrak über seine Augen. Sie waren blutunterlaufen und flackerten. Wortlos wandte er sich ab.
    Zitternd untersuchte sie ihre Sauerstoffflasche. Da fiel ihr Blick auf einen feinen Riss im Flaschenventil. Er musste ihr beim Check der Ausrüstung entgangen sein. So etwas war ihr noch nie passiert! Misstrauen gewann an Boden. Vertrauen Sie wieder, Annabel - die Worte ihres Therapeuten hallten in ihren Ohren. Litt sie etwa unter Paranoia? Handelte es sich nicht doch bloß um eine Häufung unglücklicher Zufälle? Musste Steve denn zwangsläufig etwas damit zu tun haben, nur weil er zweimal gerade anwesend gewesen war? Wenn er nun mit ihr das Ventil untersucht hätte, wäre ihr Misstrauen verflogen. Doch er begann
seine Tauchausrüstung abzulegen. Eine Weile beobachtete sie ihn
.
Aber als er nicht aufsah, konnte sie sich nicht mehr zurückhalten und fragte lauter, als nötig gewesen wäre
.
    „ Wieso hast du gesagt, ich solle aufpassen?”
    Sein beharrliches Schweigen machte sie so wütend, dass sie die Tauchermaske nach ihm warf und ihn dam it am Arm traf. „
Antworte mir
gefälligst!

    Seine
Augen

verengten sich
.
Mit einer seltsam tonlosen Stimme, leise und doch durchdringend, entgegnete er: „ Schrei mich
nicht an.
Nie wieder
.”
    Jetzt erst wurde ihr die Vermessenheit ihres Unternehmens bewusst. Mit einem wildfremden Mann war sie auf See - noch dazu war sie mit ihm getaucht. War sie inzwischen so verrückt, dass sie jegliche Vorsichtsmaßnahmen und Vernunft über Bord warf?
Abrupt
wandte sich ab und stieg hinauf zur Brücke.
    Blubbernd sprang der Motor an, und die Anemone setzte sich in Bewegung. Sie sah auf die Uhr. Wenn sie die Geschwindigkeit erhöhte, könnten sie in einer Dreiviertelstunde wieder im Hafen sein. Plötzlich stand er neben ihr am Steuer.
    „ Warum bist du überhaupt mit mir rausgefahren und mit mir getaucht, wenn du mir nicht traust?”
    „ Du hast mich vor den Haien gerettet ”, gab sie schließlich zurück. „ Wenn nicht seinem Lebensretter, wem kann man dann vertrauen?”
Er
griff über sie hinweg und stoppte die Maschinen, es wurde still. Dann drehte
er
sich zu ih
r
.
Ihr
Gesicht war
sein
em ganz nah.
    S
eine Lippen
waren warm und weich, und als sie aufhören wollte, ließ er es nicht zu. Als sie über seinen Arm strich, fiel ihr eine brennend rote, flächige Stelle an seinem Oberarm auf.
    „ Was ist das?”
    „ Nichts.” Er
zog sie enger an sich.
„ Eine dumme Verletzung, sonst nichts.”

26
    Er nahm seine Reisetasche

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