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Todesriff

Todesriff

Titel: Todesriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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hinunter und ließ den Anker hinunter. Ohne ein Wort miteinander zu wechseln, schwammen sie an Land. Annabel hatte ihr Hemd wegen der Sonne anbehalten. Als sie aus dem Wasser stieg, klebte es wie eine milchige Folie auf ihrer Haut. Sein Shirt und die Bermudas trieften. Sie liefen ein paar Meter den weißen Korallensandstrand hinauf; dort warf die breite Krone eines niedrigen Baumes Schatten auf den Boden.
    Dorthin zog Steve sie und begann, sie zu küssen. In diesem Augenblick lösten sich alle Bedenken und Überlegungen auf, und sie gab sich seinem Mund und seinen Händen hin.
29
    Es ist ein simples Prinzip: Man braucht nur ein paar ganz normale Soldaten für eine Weile zusammen an einen Ort zu schicken, macht ihnen Angst, raubt ihnen den Schlaf und unterstellt sie einem Führer, der hasst und der die Feinde als menschenunwürdig ansieht. Gruppendruck tut ein Übriges - und jeder der ganz normalen Soldaten ist bereit, zu töten und zu vergewaltigen. Sie fühlen sich so eng mit ihrem Führer verbunden, dass sie bald genau wie er kein Mitgefühl mit den Feinden empfinden. Ihr Schicksal ist unauflöslich mit dem ihres Führers verbunden.
    Er war bei den Ersten, die sich meldeten. Am achtundzwanzigsten Oktober neunzehnhundertneunundneunzig landen sie auf dem Flughafen in Skopje. Die Bäume haben farbige Blätter. Ihr Jeep braucht drei Stunden für zwölf Kilometer von Skopje nach Blace, dem Grenzübergang von Mazedonien in das Kosovo. Lkw, die sich, um Überfällen vorzubeugen, zu Konvois zusammengeschlossen haben, kriechen hintereinander her. Es sind Lkw von Hilfsorganisationen, Busse mit Flüchtlingen, Militärfahrzeuge. Nach der Grenze sind es noch achtzig Kilometer bis nach Pristina. Hässlichkeit, Trostlosigkeit, Müll, verkohlte Hausruinen. Er riecht den Gestank, sieht die hasserfüllten Augen der Menschen, die ausgebrannten Wracks - er will umkehren, sucht verzweifelt nach Ausflüchten und Gründen, zurückfliegen zu können. Es ist alles Irrsinn! Was hat er mit alldem zu tun!
    Kreischen riss ihn aus seinen Erinnerungen. Durch die Windschutzscheibe sah er einen Truck auf sich zurasen. Er bremste, der Truck ebenfalls, geriet ins Schlingern ... Nur noch wenige Meter trennten sie voneinander - das war das Ende -, groß und schwarz wie ein Tier stürzte der Truck auf ihn zu. Seine Bewegungen erschienen ihm viel zu langsam und schwerfällig. Das große schwarze Ungeheuer kannte keine Gnade, es kam immer näher. Nach rechts lenken! Nach rechts, rechts, rechts! Holpern, Donnern, ein Ruck - er stand. Stille. Im Rückspiegel sah er den Truck weiterschlingern. Er war noch einmal davongekommen. Sein Wagen steckte im Graben fest.

30
    Tamara sah von Andrew Barbers Telefonrechnungen auf.
    „ Wie war es bei John Palmer?”
    „ Wenn du mich auf der Straße sehen würdest – was würdest du denken, welchem Beruf ich nachgehe?” fragte Shane und warf sein Jackett auf seinen Schreibtischstuhl.
    Sie hob kurz die Augenbrauen und sagte ohne zu zögern: „ Privatdetektiv.”
    Er seufzte.
    „Ich hab mich hier in die Akten eingearbeitet“, sagte sie und zog einen Schnellhefter vom Stapel auf ihrem Schreibtisch.
    „ Andrew Barber , der vom Hinterhof dieses Restaurants hat öfter eine gewisse Kathy Fisher angerufen . Ich hab die Nummer überprüft. Aber d ort meldet sich niemand. Ach ja, und dieses Foto hat man in Andrew Barbers Schreibtisch gefunden.” Sie schob es Shane hin. Es zeigte eine selbstbewusst in die Kamera blickende Frau in Soldatenuniform , mit entschlossenem Mund , dunkelbraunem Haar und einem Maschinengewehr im Arm.
    „ Wer ist das?” , wollte Shane wissen.
    „ Derek – so heißt er doch von der Fotoabteilung - untersucht es gerade. Er versucht, dieses Abzeichen da an ihrem hochgerollten Ärmel zu identifizieren.”
    „ Gut. Und was ist mit dem Fotoschnipsel vom Tatort?”
    „ Derek ist noch dabei.” Sie
stand auf
, und er ertappte sich bei dem zu langen Blick auf ihre Beine. „Ich fahr zu dieser Kathy Fisher. Ich hasse es, jemandem eine Todesnachricht überbringen zu müssen.”
    “Wenn es dich tröstet, ich musste einmal sogar heulen.” Er hatte einem jungen Mann mitteilen müssen, dass seine Braut auf dem Weg zur Kirche bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Sie sah ihn intensiver an als entdeckte sie gerade eine unbekannte Seite an ihm.
    „ Warte”, meinte er, “ich könnte auch mitkommen.”
    „ Wozu? Glaubst du, ich schaff das nicht allein?”
    Shane hob beschwichtigend die Hände.
„ Es

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