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Todesriff

Todesriff

Titel: Todesriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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die Lippen.
    „Jenny !”, stieß er hervor.
    „
Lutz
! Endlich! Ich hab so auf deinen Anruf gewartet!“
    „Tut mir leid, ich konnte nicht früher.“
    Er hörte sie seufzen. „Geht’s dir wenigstens gut? Ist alles in Ordnung?“
    „Ja, es läuft alles.“
    „Wann kommst du endlich heim?“
    „Wenn der Auftrag erledigt ist, das weißt du doch.“
    „Kannst du mir nicht wenigstens sagen, wo du bist?“
    „Jenny, du weißt doch, dass ich darüber nicht reden darf.“
    Sie tat ihm leid. Nein, es zerriss ihm fast das Herz, wie er sie belog. Sie hatte es nicht verdient.
    „ Ach, du fehlst uns
so
. Benny hat in Mathe übrigens eine Eins, stell dir vor, und ... Ach ja, gestern ist der Kühlschrank
endgültig
kaputtgegangen. Ich hab schon einen neuen, ein Sonderangebot. Wie ist das Wetter bei dir?”
    „ Schön.”
    „ Bei uns regnet es, alles ist grau. Sei froh, dass du nicht hier bist. Oh, es klingelt! Das sind die Kinder. Ich sag ihnen, dass du angerufen hast und bald wiederkommst, ja? Rufst du morgen noch mal an? Ja?”
    „ Ja.”
    „Und ... ich ... ich liebe dich.“
    Er holte tief Luft. „Ich dich ...“
    „Ich vermisse dich schrecklich. Pass auf dich auf.“ Klack. Sie hatte aufgelegt.
    Er ließ den Hörer sinken
.
Dann sah er vor sich, wie er seine Kinder zur Begrüßung mit blutigen Händen umarmte, wie er mit denselben Händen Jennifer streichelte. Überall auf ihrem Körper hinterließ er dabei Blutspuren ...
    Ihm fiel wieder Wolfgang ein . Wolfgang war Gerichtsmediziner, Anfang vierzig. Er lebte allein, nachdem ihn seine Freundin nach sechs Jahren wegen eines anderen verlassen hatte. Sie hatte seine Depressionen und Grübeleien nicht mehr ertragen. Wolfgang erzählte, dass er alles darangesetzt hatte, um aus Deutschland und von zu Hause wegzukommen, wo ihn alles an
Andre
a erinnert hatte. Er wurde ins German Forensic Team aufgenommen und hatte im Kosovo die Aufgabe, Massengräber zu inspizieren und Leichen zu identifizieren. Zuerst wurden die Massengräber nach Bomben untersucht, dann geöffnet, fotografiert und dokumentiert. Danach wurden die Leichen mit ihren persönlichen Gegenständen geborgen und im offenen Lastwagen in die Leichenhalle gebracht. Dort versuchte man, die Leichen mithilfe der Dorfbevölkerung zu identifizieren. Wolfgang trank immer mehr. Das fiel ihm jetzt wieder ein. Seine Haut war wächsern geworden, der Blick seiner geröteten Augen stechend. Nach sechs Monaten kehrte Wolfgang nach Hause zurück. Zwei Wochen später jagte er sich eine Kugel in den Kopf. In seiner Schreibtischschublade fand man stapelweise Fotos von Massengräbern und verwesten Leichen. Wolfgang hinterließ keinen Abschiedsbrief.
    Hansjörg war ganze vier Wochen sein Kollege. Er stammte aus Niederbayern. Woher genau, wusste er nicht mehr. Eines Tages befand er sich mit ihm auf dem Rückweg nach Prizren. Sie hatten eine Kosovo-albanische Flüchtlingsfamilie in ihr Haus zurückgeführt, das zwischenzeitlich von Serben besetzt gewesen war. Alles war glatt gelaufen. Keine Sprengfallen, keine versteckten Schützen. Sie fuhren über die schlechte Straße, der Wagen rumpelte über Schlaglöcher. Es war halb vier am Nachmittag, und nur noch zwanzig Kilometer trennten sie von der Polizeistation, als sie eine Explosion hörten. Nach nur wenigen Minuten sahen sie auf einmal vor sich zwei Kinder über das Feld etwas abseits der Straße auf sie zu rennen. Sie bluteten, ihre Kleider waren zerrissen, sie schrien. Hansjörg trat auf die Bremse, stürzte aus dem Wagen und rannte auf die Kinder zu. Er konnte ihn nicht a ufhalten, sah nur noch, wie Hansjörg in die Luft flog. Er war einunddreißig, als er starb. Er hinterließ Frau und zwei Kinder.
    Er merkte, dass er noch immer den Hörer in der Hand hielt, das Kabel vor dem Bauch wie eine Nabelschnur ... Über ihm dröhnte ein Flugzeug, und er legte auf.

78
    Weinheimers Wagen
wurde
in Mackay am Great Barrier Reef gefunden. Auf einem großen Parkplatz gleich neben der Main Street.
    „ Die Vorfahren meines Vaters hatten bei Mackay ei ne Zuckerrohrplantage.” Tamara sah aus dem Flugzeugfenster Am Horizont stiegen die Rauchfahnen abbrennender Zuckerrohrfelder auf. Ein Drittel der gesamten Zuckerproduktion Australiens st ammte aus der Region um Mackay, wusste Shane. .

    Hitze und Schwüle senkten sich auf sie herab, als sie aus dem Flugzeug stiegen und den kurzen Weg zur Flughafenhalle zurücklegten. Dort erwartete sie bereits Det ective Myers, ein bulliger,

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