Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesritual: Thriller (German Edition)

Todesritual: Thriller (German Edition)

Titel: Todesritual: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
Vom Netzwerk:
Benny das Licht einschaltete, reflektierten die blauen Wände das trübe Rot und tauchten das Zimmer in ein schummriges Blasslila. Salma stand neben einem Frisiertisch mit Theaterspiegel, reichlich Make-up-Döschen, Cremes und Parfüms, einem Föhn und vier Perückenständern, von denen einer leer war. An einem Kleiderständer auf Rollen hingen in durchsichtigen Plastiküberzügen ein halbes Dutzend kurzer Paillettenkleider in verschiedenen Farben.
    Max ging ins Bad und wusch sich das getrocknete Blut von Händen und Armen, Gesicht und Hals. Das Wasser war lauwarm, fast kalt. Er bemerkte das Che-Guevara-Porträt, das verkehrt herum über der Toilette hing.
    Als er fertig war, setzte Benny ihn an den Tisch im Wohnzimmer und bot ihm Jack Daniels, Rum, Kaffee oder Orangensaft an. Max wählte den Saft. Benny entschwand in die Küche und kam mit einem Glas mit einer Flüssigkeit zurück, die in Farbe und Konsistenz an Eigelb erinnerte, bevor er sich im Bad einschloss und duschte.
    Eine halbe Stunde später tauchte er, in ein gelbes Handtuch gewickelt, wieder auf. Er hatte den Körper eines hoch aufgeschossenen, aber unterentwickelten Teenagers: knochig und unbehaart, ohne jeden Muskeltonus und sehr blass, ein Wesen der Nacht von der Farbe eines Gespenstes. Sein Gesicht jedoch zeigte ihn als einen Menschen, der mehr Regen- als Sonnentage gesehen hatte, und diese Regentage wiederum hatten eher Wolkenbrüche als kurze Schauer gebracht. Max schätzte ihn auf Anfang dreißig. Das Alter hatte ihm bereits eine dünne Linie um den schlanken Hals gezogen und die Winkel seiner leicht schrägen, knallgrünen Augen angekratzt. Wie bei den schönsten kubanischen Frauen, die Max gesehen hatte, steckte auch Bennys Attraktivität in einer harten Schale.
    Am Anfang war es ein oberflächliches Gespräch. Max erzählte ihm, er sei ein Tourist aus Miami. Benny stellte ihm ein paar banale Fragen zu der Stadt, ob sie so sei wie in Scarface , den er auf einer schwarzgebrannten DVD besaß. Tatsächlich hatten alle Filme, die ordentlich aufgereiht neben dem Fernseher standen, irgendeine Verbindung zu Miami, ob Thriller oder Liebeskomödie, fast alle Episoden von Miami Vice und eine Serie namens Dexter .
    »Wer war der Mann, der dich angegriffen hat?«, fragte Max, als sie das Unverbindliche und Oberflächliche hinter sich gelassen hatten.
    »Weiß ich nicht.« Benny zuckte mit den Achseln.
    »Du hast dich ganz schön lange mit ihm unterhalten.«
    »Ich kenne ihn nicht. Er ist zu mir gekommen, betrunken, hat mich angesprochen. Dann er hat kapiert, dass ich keine Frau bin, und mich geschlagen. Dann wollte er mich umbringen. Dann du bist gekommen und hast mich gerettet.«
    Überzeugend klang das nicht. Der Mann hatte kein bisschen betrunken gewirkt, nur sehr wütend.
    »Er hat sich mit dir gestritten«, sagte Max.
    »Hat gestritten mit sich selbst.«
    »Wie meinst du das?«
    »Er wusste, dass ich keine Frau. Er wusste das.« Benny tippte sich an den Kopf. »Aber er wollte mich trotzdem. Und das ihn machen verrückt.«
    »Okay«, sagte Max und beschloss, es dabei zu belassen. Was kümmerte es ihn? Es war nicht seine Angelegenheit, und in wenigen Stunden würde er sich aus dieser Facette des Lebens verabschieden.
    »Und wie ist das mit dir?«, fragte er. »Bist du … eine Frau im Körper eines Mannes, oder so in der Art?«
    »Ich bin nicht transexual .« Benny schüttelte den Kopf. »Ich nicht . Ich will nicht mi pinga abschneiden und papaya machen. Und ich bin nicht travestido .«
    »Du bist kein Transvestit?« Max runzelte die Stirn.
    »Ich trage Frauenkleider für die Arbeit. Mehr nicht. Nur für die Arbeit, für Geld. Travestidos , die machen das aus Spaß. Arbeit ist nicht Spaß, oder? Arbeit ist für Geld. Kleid, Perücke, Schuhe, das ist meine Uniform. Polizei und Soldat tragen Uniform – ich tragen Uniform.«
    »Aber warum Frauenkleider?«
    »Am Anfang habe ich noch angezogen wie Mann. Aber ich habe nicht viel Geld verdient, weil homosexuell ist eine Minderheit. Nur homosexuales sind mit mir mitgekommen. Wenn ich aussehe wie Frau, gehen auch hetero sexuales mit mir. Manchmal machen sie Fehler – weil sie betrunken sind und nicht mehr richtig gucken können. Manchmal für sie ist ein Experiment. Sie wollen probieren Sex mit eine Mann, aber Mann soll nicht aussehen wie Mann.« Er sah Max herausfordernd an, als warte er darauf, dass er seine Erklärung in Zweifel zog. Seine ernste Miene jedoch wurde konterkariert von dem stacheligen Grinsen,

Weitere Kostenlose Bücher