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Todesritual: Thriller (German Edition)

Todesritual: Thriller (German Edition)

Titel: Todesritual: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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schlug ihm bis zum Hals, seine Nerven waren gespannt wie Drahtseile und empfindlich wie Stolperdraht. Jeder Polizist, den er sah, ließ ihn zusammenzucken; und es gab viele von denen auf dem Malecón, die kühn und in gestärktem Blau vor salzerodiertem graubraunem Hintergrund dastanden, den Blick schweifen ließen und durch jede Windschutzscheibe schauten, knackende Funkgeräte am Ohr, die Hände an den Hüftholstern. Max hatte jede Orientierung verloren. Die Pole waren vertauscht, die Koordinaten neu bestimmt worden, sämtliche Flugbahnen neu definiert: Die Bullen waren hinter ihm her.
    Und er machte sich Sorgen wegen des Autos.
    Der Wagen war eine veritable Schrottkiste. Das Dach war geschlossen, die Fenster hochgekurbelt. Drinnen war es heiß wie in einem Ofen, es regnete Kondenswasser. Direkt unter Max’ Füßen saß ein kleines Loch im Fußboden, durch das Luft und Abgase hereinströmten. Getriebe und Federung waren beide im Eimer. Bei jedem Schaltvorgang dauerte es mehrere lange Sekunden, bis der Wagen reagierte. Zunächst bockte er heftig wie ein zu stark geöltes Münzpferd, dann gab er eine Serie stotternder Geräusche von sich, die sich zu einem langen, lauten Ächzen steigerten, bis das Getriebe endlich mit einem lauten Klonkern den Gang wechselte und die ganze Karosserie dabei so heftig erschütterte, dass die Fenster klapperten und herunterratterten.
    Sie ließen den Malecón hinter sich, vorbei am Leuchtturm und in einen Kreisverkehr. Der Verkehr war langsam, aber fließend. Sie überholten ein paar qualmende LKWs und rumpelnde Pferdekutschen und folgten einem rosafarbenen camello in einen Tunnel, der sie in die Vorstadt brachte.
    Max schaltete das Radio ein und suchte einen Sender. Fünf: Salsa. Sieben: Kubanischer Jazz. Neun: eine uralte Rede von Fidel. Elf: eine kubanische Seifenoper mit Lachsalven vom Band. Vierzehn: ein kubanischer Kinderchor, der Revolutionslieder schmetterte. Sechzehn: kubanischer Rap.
    Keine Nachrichten.
    Benny gab kein einziges Wort von sich. Er blickte stur geradeaus, die Lippen fest zusammengepresst, das Gesicht starr. Er hatte eine Heidenangst. Das war es. Der Moment, vor dem er sich sein Leben lang gefürchtet hatte. Die Obrigkeit klopfte an seine Tür, der Diktatorstaat stürzte sich mit seiner ganzen Macht auf ihn.
    Natürlich hatte auch Max Angst – eine Scheißangst –, aber er hatte das alles schon einmal erlebt, und noch schlimmer. Bislang hatte er immer noch Möglichkeiten, Schlupflöcher, Raum zum Denken und eine freie Straße vor sich.
    Er analysierte seine Lage: Reisepass, Geld und Kreditkarten hatte er bei sich. Er konnte das Land verlassen, nur konnte er ohne Vanetta Brown oder einen Beweis für ihren Tod nicht nach Amerika zurück.
    Er war Vanetta Brown nicht näher als gestern. Dafür hatte er jetzt die kubanische Polizei auf den Fersen, die ihn wegen eines, möglicherweise wegen zweier Morde suchte.
    »Wie viele Menschen in deinem Haus haben einen Fernseher?«, fragte er Benny.
    »Weiß nicht«, sagte Ramírez, ohne den Blick von der Straße zu nehmen. In Männerkleidern war er ein anderer Mensch. Die Stiche und die Bartstoppeln auf der Wange gaben ihm ein gefährliches, wildes Aussehen, und die Müdigkeit hatte den Glanz aus seinen Augen vertrieben. Er hätte ein gescheiterter Boygroup-Star sein können, der in eine Krise geraten und aus Geldnot in die Kleinkriminalität gewechselt war. »Nicht viele. Fernsehen in Kuba großer Luxus.«
    »Arbeiten die alle?«
    »Alle in Kuba arbeiten. Warum fragst du?«
    »Redest du mit deinen Nachbarn?«
    »Nein.«
    »Kennen die dich als Salma verkleidet?«
    »Nein. Ich gehe raus in der Nacht, schlafe am Tag.«
    »Wie lange wohnst du schon da?«
    »Warum stellst du Fragen wie ein Polizist, Max?«
    »Antworte mir.«
    »Nicht lange. Acht, neun Wochen.«
    »Und die ganze Zeit hat dich keiner gesehen?«
    »Nein. Haus dunkel, Treppe dunkel. Wenn die mich sehen, sehen sie Frau. Nicht Mann.«
    »Gut.« Max nickte.
    Der Reporterin am Tatort Gwenver zufolge wurde nach einem Mann gesucht, auf den Max’ Beschreibung zutraf, aber seinen Namen hatte sie nicht genannt. Auch der Barmann im La Urraca hatte ihn beschrieben. Dann war da noch die Ärztin im Krankenhaus. Die Polizei würde nicht lange brauchen, eins und eins zusammenzuzählen, wenn sie es nicht schon längst getan hatte.
    Benny war in seiner Wohnung nicht gemeldet. Der Diebstahl des Autos würde sicherlich angezeigt werden, aber die Polizei würde das nicht mit ihnen in

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