Todesritual: Thriller (German Edition)
Berichts über die beiden Morde in Havanna. Bennys einziger Kommentar – abgesehen von einem volltönenden Rülpser, der von den Wänden widerhallte und einen kurzen, aber mordlustigen Blick von Savón erntete – war an Max gerichtet, um ihm mitzuteilen, dass genau das Gleiche gesagt wurde wie schon am Morgen.
Nachdem Benny die beiden einander vorgestellt hatte, kam heraus, dass Savón fließend Englisch sprach, wenn auch mit leicht deutschem Akzent. Max bat ihn, sein Telefon aufzuladen, er tat ihm den Gefallen und entschwand damit.
Als es fertig war, versuchte Max Rosa Cruz anzurufen, aber er hatte keinen Empfang. Sie hatte ihn ebenfalls nicht zu erreichen versucht.
Savón und Benny waren fast gleichzeitig mit dem Essen fertig. Benny verkündete, er werde schlafen gehen, und verschwand, woraufhin Savón merklich lockerer wurde. Er machte Konversation, während Max zu Ende aß. Dann räumte er ab und kam mit einer Flasche Rum und zwei Gläsern zurück.
»Benny hat erzählt, Sie hätten ihm das Leben gerettet«, sagte Savón und zog sich einen Stuhl heran.
»Er war in der Klemme.«
»Er ist immer in der Klemme.«
Savón zog etwas aus der Tasche, das Max zuerst für ein Kartenspiel hielt. Tatsächlich waren es Zigaretten der Marke Romeo y Julieta – eine beigebraune Schachtel mit einem Bild der beiden Liebenden auf dem Balkon. Er bot Max eine an, der lehnte mit einem Kopfschütteln ab.
»Ihr Amerikaner raucht alle nicht, stimmt’s? Ihr führt alle so ein gesundes, eintöniges und ereignisloses Leben.«
»Wir haben schnellere Methoden, uns umzubringen«, sagte Max.
Savón zog den Korken aus der Flasche, und der süßliche, betörende Geruch von Jahrgangsrum traf Max zwischen die Augen. Als Max auch beim Alkohol dankend ablehnte, lächelte Savón mitleidig. Er schenkte sich zwei Fingerbreit der orangebraunen Flüssigkeit ein, deren Konsistenz an Likör erinnerte. Er nahm einen Schluck und steckte sich eine Zigarette an.
»Mir ist egal, wer Sie sind und was Sie getan haben. Aber Sie haben ein echtes Problem – und Sie sind in meinem Haus«, sagte Savón.
»Ich habe Earl Gwenver nicht getötet, und auch nicht den Mann, der Benny angegriffen hat …«, hob Max an, aber Savón fiel ihm ins Wort.
»Das ist weder meine Sache, noch interessiert es mich.«
»Benny sagte, Sie könnten uns helfen.«
»Ich kann Sie außer Landes bringen – gegen ein gewisses Entgelt.«
»Wie viel?«
Savón schaute aus dem Fenster und tat, als würde er nachdenken, dabei hatten seine Augen schon einen entschlossenen Ausdruck. Er hatte einen Blick auf die Iglesia y Convento de San Francisco, die auf der Rückseite der Fünfundzwanzig-Centavos-Münze abgebildet war. Der gelb und blassgrün gestrichene Glockenturm wurde nachts von Scheinwerfern angestrahlt, sodass er aussah wie ein kitschig leuchtender Kaktus, der durch die Dunkelheit schwebte.
»Sie müssen an die Ostküste, zu einem Ort unweit von Guantánamo. Dahin braucht man mindestens zwei Tage – je nach Auto«, sagte Savón. »Den Wagen, mit dem Sie gekommen sind, können Sie nicht nehmen. Der ist inzwischen als gestohlen gemeldet. Und wie Sie sicherlich bemerkt haben, gibt es in Kuba nicht allzu viele Autos. Noch dazu hat Ihrer ein Nummernschild aus Havanna. Sobald die Fahndung über die Hauptstadt hinaus ausgedehnt wird, wird man Sie in kürzester Zeit festsetzen. Ich kann Ihnen ein Auto beschaffen. Gehört zum Paket.«
»Wie viel?«, wiederholte Max.
»Fünftausend Pesos – Touristenpesos.«
»Fünftausend?« Max hatte etwas über sechs bei sich. »Was kriege ich dafür? Einen One-Way-Trip in einem leckenden Boot?«
»Nein.« Savón schüttelte lächelnd den Kopf. »Für fünftausend kriegen Sie einen Platz auf dem Wetback Express – einem Versorgungsschiff der Amerikaner, das direkt nach Miami fährt.«
»Und wie zum Teufel wollen Sie das hinkriegen?«
»Ich kriege das die ganze Zeit hin.« Savón blies eine Rauchwolke auf eine Stechmücke, die in seiner Nähe durch die Luft flog. Sie landete im Sturzflug auf dem Tisch. »Was glauben Sie, wie der Großteil der Ware, die ich verkaufe, ins Land kommt? Laptops, Telefone, Satellitenschüsseln, Video- und DVD-Spieler? Durch Ihre Landsleute. Die Besatzungsmacht.«
Max zuckte mit den Achseln. Er war nicht sonderlich überrascht.
»Das geht schon seit Jahren so. Seit Jahrzehnten. Und seit Neuestem, seit Fidel krank ist, haben sie ihr Geschäft noch ausgebaut. Sie überschwemmen das Land mit billigen Computern und
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