Todesritual: Thriller (German Edition)
zuckte mit den Achseln.
Max wusste, dass er nicht gerade unauffällig vorgegangen war, und da war es für einen geborenen Ränkeschmied wie Benny, der stets Augen und Ohren offen hielt, ein Leichtes, eins und eins zusammenzuzählen.
»Du kennst sie also?«
»Sie ist berühmt, weil sie den Haitianern in Kuba geholfen hat. Stimmt doch, oder? Sie ist es, die du suchst?«
Max nickte. »Was weißt du noch über sie?«
»Das ist alles«, sagte Benny.
Sie fuhren weiter.
»Warum suchst du sie? Ist für Geld?«
»Nein.«
»Ich weiß, dass amerikanische Regierung zahlt viel Geld für sie.«
»Woher weißt du das?«
»Jeder weiß das.«
»Es geht nicht um Geld«, sagte Max.
Benny senkte die Stimme. »Arbeitest du für deine Regierung?«
»Nein.«
»Dann warum machst du das?«
»Das ist eine längere Geschichte. Wenn wir in Las Tunas sind, gebe ich dir Geld, und du fährst mit dem Bus weiter nach Guantánamo. Sobald du ankommst, rufst du Nacho an, er soll das Boot klarmachen.«
»Kommst du nicht mit?«, fragte Benny überrascht.
»Nein.«
»Warum?«
»Ich muss Vanetta Brown finden.«
»Max, das geht nicht.«
»Was geht nicht?«
»Ohne dich kann ich Kuba nicht verlassen mit Boot.«
Wieder stieg Max in die Bremsen.
»So ein Quatsch!«, brüllte er. »Nacho wollte dich loswerden, nicht mich.«
»No.« Benny schüttelte den Kopf. »Er will auch, dass du verschwindest. Er weiß, wenn die Polizei dich kriegt, bringen sie dich zum Reden. Und du wirst sagen, wer dir geholfen hat. Dann Nacho ist am Arsch. Bevor wir sein Haus verlassen haben, hat er mir gesagt, ich kann nur an Boot gehen mit dir.«
Max sah ihn an.
»Wir müssen nach Cajobabo, Max, jetzt. Vergiss diese Vanetta. Du musst dich selbst retten.«
Die linke Hälfte seines Gesichts war um die Narbe herum geschwollen wie ein Ball und verzerrte seine Züge so sehr, dass die gesunde Hälfte wie eingesunken aussah. Sein linkes Auge war blutunterlaufen und glasig, und er verströmte einen fauligen Geruch.
»Das kann ich nicht«, sagte Max. »In Las Tunas rufe ich Nacho an und regle das mit ihm.«
»Du kannst versuchen. Aber du hast Abmachung mit ihm. Er hat dein Geld genommen, ihr habt Hände geschüttelt. Bei Nacho, wenn man Hände schüttelt, Abmachung ist fertig. Verhandlung vorbei.«
»Willst du mich verarschen?«
»No.« Benny hob die Hände. »Ich schwöre, ist die Wahrheit. Ich will auch nicht hier mit dir sein, Max. Ist viel zu gefährlich für mich. Aber ich habe keine Wahl. Was passiert mit dir, passiert mit mir.«
»Gott«, flüsterte Max. Wieder tat Benny ihm fast ein wenig leid, aber er war doch zu misstrauisch, um seine Zweifel gegen Mitgefühl auszutauschen.
Benny schaltete das Radio ein. Knistern. Er machte es aus.
»Ist noch nicht zu spät. Wir können jetzt nach Guantánamo fahren und Kuba morgen verlassen«, sagte er fast flehend.
»Ich werde nicht gehen. Ende der Diskussion.«
»Fick dich!« Benny verschränkte die Arme vor der Brust, zog einen Flunsch und ließ sich in den Sitz fallen: ein frustriertes, kindisches Schmollen.
»Ich würde ja sagen, es tut mir leid, dass du da mit reingezogen wurdest, Benny, aber wenn du von Anfang an ehrlich gewesen wärst, wäre das alles nicht passiert. Du hättest in Havanna bleiben können.«
»Gringo joputa!«
»Meinetwegen«, sagte Max und fuhr weiter.
Als sie durch Las Tunas fuhren, hatte Max eine Eingebung, was mit dem Auto zu tun sei.
In dem Ort waren mehrere Männer in Zweierteams damit beschäftigt, eine Serie von überdimensionierten Wandgemälden mit neuen Schriftzügen zu versehen. Die Gemälde zeigten vier Männer mit Mosesbart und grünem Kampfanzug, die den Blick über eine kubanische Landschaft schweifen ließen, wo Männer und Frauen auf dem Acker schufteten. Die Schriftzüge zwischen den Bildern bestanden aus dreidimensionalen Blockbuchstaben in Rot, Weiß und Blau und priesen den Sozialismus und die Revolution.
Max bemerkte, dass eine der Wände nur halb fertig war. Hasta la Vic… stand da in ebenjenen kubanischen Farben. Die staatlich beauftragten Wandbeschmierer waren nicht in Sicht und hatten zwei staatseigene Zweiliter-Farbdosen mitsamt Pinseln auf dem Bürgersteig stehen lassen.
Max schnappte sich die rote und die blaue Farbe und einen Pinsel und fuhr davon.
Ein paar Meilen weiter hielt er an einem Flussufer an.
Benny wechselte wieder in die Jeans und das T-Shirt, die er auf der Fahrt aus Havanna heraus getragen hatte. Den Inhalt seines Koffers, seine besten
Weitere Kostenlose Bücher