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Todesritual: Thriller (German Edition)

Todesritual: Thriller (German Edition)

Titel: Todesritual: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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Eltern waren beide tot. Ihr Vater war Ende der Achtziger an einer Lungenentzündung gestorben, und 2001 hatte der Krebs ihr die Mutter genommen. Ihre Schwester Kara war aus beruflichen Gründen nach Honduras gegangen und hatte dort einen Mann kennengelernt, dem sie nach Amerika gefolgt war, wie sie abschätzig hinzufügte. Sie glaubte, Kara lebe in Kalifornien, aber sicher war sie sich da nicht. Es gab also nur noch sie, ihren Mann Patrick und ihre drei Kinder, zwei Mädchen und einen Jungen, dreizehn, elf und neun Jahre alt. Die hatte sie zurückerwartet, als Max an die Tür geklopft hatte. Sie erzählte, dass sie für das Ministerium für Wiederaufforstung arbeite, und hielt eine kleine Ansprache darüber, wie sehr Castro in puncto Umweltschutz in Kuba seiner Zeit voraus war.
    Max begriff, was sie da tat. Sie testete die Stimmung, redete sich warm für das, was sie eigentlich zu sagen hatte. Und sie prüfte ihn, was deutlich daran zu erkennen war, dass zwischen ihren Augen und ihren Worten keine Verbindung bestand. Ihr Blick folgte seinem Mienen- und Gebärdenspiel, sah das mitfühlende Lächeln, den konzentrierten Ausdruck, während er ihr zuhörte, beobachtete, wie er seine Tasse hielt – nicht am Griff, sondern in der ganzen Hand, wie man ein Glas hält. Es gab einen alten Trick, bei seinem Gegenüber für Entspannung zu sorgen: Man studierte dessen Gesten und ahmte sie nach, machte sich selbst zu einem Spiegel. Er wusste, dass sie klug genug war, das zu durchschauen. Er ließ sie reden, stellte keine Fragen, erlaubte sich keine Zeichen der Ungeduld, sprach ihr für die Todesfälle in ihrer Familie höflich sein Beileid aus und lächelte freundlich, wenn sie von ihren Kindern erzählte. Es war nicht leicht, sie zu mögen oder sich überhaupt in sie einzufühlen. Sie besaß diese weit verbreitete kubanische Härte, aber bei ihr ging es noch tiefer.
    Irgendwann stellte sie ihre Tasse ab, schaute kurz zu Benny hinüber und dann wieder zu Max.
    »Was ist Joe zugestoßen?«, fragte sie schließlich.
    Er erzählte es ihr in groben Zügen – wie sie zusammen zu Abend gegessen hatten, wie Joe Vanettas Namen genannt hatte und Sekunden später erschossen worden war. Den Zusammenhang erwähnte er nicht, und er erzählte auch nicht von dem Mörder.
    »Wurde jemand festgenommen?«
    »Nein.«
    »Gibt es Verdächtige?«
    »Viele«, sagte er. »Joe war Polizist. Er hat viele Leute ins Gefängnis gebracht.«
    »War das das erste Mal, dass er mit Ihnen über Vanetta gesprochen hat?«, fragte sie.
    »Ja. Was ich über sie weiß, habe ich erst nach dem Mord herausgefunden.«
    »Wer hat Ihnen den Hinweis gegeben hierherzukommen?«
    Max reichte ihr das Foto und erzählte ihr, wo er es gefunden hatte.
    Sarah betrachtete es einen Moment lang, dann legte sie es auf den Tisch. »Das habe ich aufgenommen, mit der Kamera, die Joe mir geschenkt hat«, sagte sie, dann zog sie die Stirn in Falten. »Wie haben Sie Vanettas Wohnung in Havanna gefunden?«
    »Das ist mein Beruf«, sagte er.
    »Dann sind Sie wohl wirklich so gut, wie er gesagt hat. Vanettas Adresse ist ein Staatsgeheimnis.«
    »Wem sagen Sie das.«
    »Haben Sie Probleme bekommen?«
    »Nein«, log Max. Er spürte, wie unter ihm das Sofa einsackte, als Benny seine Position veränderte. Er saß, weit vorgebeugt, gefährlich nah am Rand, er war wahnsinnig nervös und sah aus, als wäre er kurz davor aufzuspringen.
    »Wo ist Vanetta?«, fragte Max.
    »Sie ist weggegangen, vor zwei Monaten, im September.«
    »Weggegangen?«
    »Sie hat auch hier gewohnt, in diesem Haus. Jetzt ist sie weg.«
    »Wo?«
    »Sie ist nicht mehr richtig in Kuba.«
    »Entweder sie ist in Kuba, oder sie ist nicht in Kuba. Außer Sie wollen mir sagen, dass sie tot ist. Ich weiß, dass sie Krebs hat«, sagte er.
    »Sie ist nicht tot. Zumindest nicht, dass ich wüsste. Man hätte mir das mitgeteilt.«
    »Wo ist sie dann?«
    »Sie verstehen nicht.«
    »Da haben Sie verdammt recht.«
    Wieder zog sie die Stirn in Falten. »Sie sind hier in meinem Haus. Dem Haus meiner Familie, in dem ich meine Kinder großziehe. Ich habe Sie hereingelassen. Sie sind hier Gast. Bitte benehmen Sie sich entsprechend.«
    Sie schauten sich in die Augen, keiner von beiden gab nach. Die Uhr maß die Stille. Ein Dutzend Sekunden vergingen, und ein Wassertropfen landete in der Schale.
    Schließlich lenkte Max ein. »Wie gut kannten Sie Joe?«
    »Er ist regelmäßig hergekommen.«
    »Mochten Sie ihn?«
    »Ja. Sehr. Seine Besuche waren immer

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