Todesritual: Thriller (German Edition)
unvergesslich. Er konnte ein ganzes Haus mit seiner Präsenz füllen. Er hat uns immer zum Lachen gebracht. Und er mochte Kuba. Vieles, was hier passiert, hat er bewundert«, sagte sie mit einem leisen Lächeln.
»Ich mochte Joe auch«, sagte Max. »Ich mochte ihn sehr. Er war mein bester Freund. Ein Freund, wie man ihn nur einmal im Leben findet.«
»Ansonsten wären Sie nicht hier, wenn er Ihnen nicht so viel bedeutet hätte«, sagte sie.
»Nein, bestimmt nicht. Ich weiß nicht, was Joe Ihnen über mich erzählt hat – es kann nicht nur Gutes gewesen sein, aber glauben Sie mir: Ich bin nicht hier, um Rache zu nehmen, ich will nur Antworten.«
»Antworten?«, sagte sie. »Es wäre besser, wenn Sie gekommen wären, um Blut zu sehen. Das ist einfach. Sie drücken ab und verschwinden. Wenn man es dabei belässt und nicht weiter darüber nachdenkt, kommt es einem irgendwann sogar richtig vor. Antworten sind kompliziert. Meistens werfen sie nur noch mehr Fragen auf. Wie viel Wahrheit können Sie verkraften, Max?«
»Die ganze.«
»Dann sollen Sie sie haben.« Sarah lächelte verhalten.
»Wann haben Sie das letzte Mal mit Joe gesprochen?«
»Kurz nachdem Vanetta weggegangen ist. Einen oder zwei Tage später. Er hat aus Kanada angerufen.«
Max erinnerte sich, dass Joe ihm erzählt hatte, er werde auf Staatskosten nach Vancouver fahren, zu irgendeiner Konferenz über Terrorismus.
»Warum hat er angerufen?«
»Aus zwei Gründen: Er wollte von Ihnen erzählen und Vanetta eine Nachricht zukommen lassen.«
»Wie lautete die Nachricht?«
»Er sagte, er werde in Miami verfolgt.«
»Hat er gesagt, von wem?«
»Nein«, antwortete sie. »Aber es musste etwas mit Vanetta zu tun haben. Er hat bei seinen Reisen hierher immer sämtliche Vorsichtsmaßnahmen getroffen, trotzdem glaubte er, dieser Mann, Eldon Burns, habe ihn observieren lassen.«
»Eldon war im Ruhestand«, sagte Max. »Er hatte keine Macht mehr.«
»Menschen wie der haben immer Macht.«
»Hat er gesehen , dass er verfolgt wurde?«
»Er hat mir keine Einzelheiten erzählt.«
Joe war nicht von der paranoiden Sorte gewesen. Wenn er geglaubt hatte, verfolgt zu werden, dann wurde er verfolgt. Max fragte sich, ob Wendy Peck dahintersteckte.
»Haben Sie die Nachricht weitergeleitet?«, fragte er.
»Konnte ich nicht. Und das habe ich ihm auch gesagt. Ich habe keine Möglichkeit, Vanetta zu erreichen, auch nicht in einem Notfall. Sie ist an einem sehr geheimen Ort. Man kann da nicht einfach … anrufen.« Sie sah Benny an, betrachtete die Schwellung in seinem Gesicht und rümpfte bei dem virulenten Fäulnisgeruch die Nase.
»Joe bat mich, Ihnen zwei Dinge zu sagen. Erstens, wo sich Vanetta aufhält – für den Fall, dass ihm was passiert. Er glaubte nicht, in Lebensgefahr zu sein, aber er hatte eine Ahnung. Er sagte, es sei das Beste, wenn Sie alles direkt von ihr erfahren, dann würden Sie verstehen, warum er getan hat, was er getan hat. Leider kann ich Sie nur in eine vage Richtung lenken.«
Benny trank aus und stellte die Tasse auf den Tisch. Max hatte seinen Tee kaum angerührt. Als eingefleischter Kaffeetrinker hatte er mit Tee noch nie etwas anfangen können. Ebenso wenig wie mit alkoholfreiem Bier oder Ultralight-Zigaretten. Wozu?
»Vanetta befindet sich in einem Krankenhaus auf einer kleinen Insel in der Windward-Passage – das ist die Meerenge zwischen Kuba und Haiti. Sie wissen wahrscheinlich, was camino muerto bedeutet?«
»Ja«, sagte Max. »Eine Straße, die auf keiner offiziellen Karte eingezeichnet ist.«
»Der Begriff bezieht sich nicht nur auf Straßen, sondern auf alle sensiblen Orte, von denen unsere Regierung möchte, dass die allgemeine Öffentlichkeit nicht über sie Bescheid weiß. Städte, Gefängnisse, Lagerhallen, Armeestützpunkte, Bunker … und sogar ein paar Inseln. Vanetta ist auf einer davon. In dem Krankenhaus werden keine Namen verwendet. Die Patienten haben Nummern – Barcodes. Alles sehr diskret. Es heißt, Fidel sei dort behandelt worden.«
»Das Krankenhaus gehört also der Regierung?«
»Ja und nein«, sagte sie. »Unsere Regierung hat die Insel 1964 an die Russen verpachtet. Die haben das Krankenhaus gebaut. Es war sehr exklusiv, nur für die Elite des Ostblocks und ihre Alliierten. Auch Fidel und seine engsten Vertrauten waren dort.«
Sarah betrachtete das Foto auf dem Tisch.
»Ich dachte, Vanetta und Castro hätten sich vor einer Weile überworfen«, sagte Max.
»Das ist richtig.«
»Und warum ist sie
Weitere Kostenlose Bücher