Todesritual: Thriller (German Edition)
potenziellen Kunden kennenlerne. Er hat mich angerufen, einen Termin vereinbart, sich hier umgeschaut und sofort die Kaution bezahlt. Das leichteste Geschäft, das ich je gemacht habe. Ich musste gar nicht viel reden.«
»Bar oder Scheck?«
»Wir tätigen keine Bargeschäfte, Mr. Mingus«, sagte Souza beleidigt.
»Auf welche Bank war der Scheck ausgestellt?«
»Das weiß ich nicht mehr. Und ich bin auch nicht verpflichtet, Ihnen das zu sagen.«
»Natürlich nicht«, sagte Max. Er wollte es sich nicht mit ihm verderben oder rausgeschmissen werden.
Aber …
Herrgott, der Typ war ein Wichser.
Was hätte ich mit dir kleinem Bürokratenarsch für einen Spaß gehabt, dachte Max mit einem Hauch von Nostalgie. In Gedanken wanderte er zurück zu seinen Tagen bei der Polizei und malte sich aus, wie er sich den Idioten zur Brust genommen, ihn mit impliziten Drohungen zum Reden gebracht hätte. Dabei hatte er bei diesen Schlipsträgern nie wirklich handgreiflich werden müssen. Die brauchten ihn nur einmal anzusehen, und alles, was sie zu verlieren hatten – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft –, rauschte blitzschnell vor ihrem inneren Auge vorüber, und sie streckten die Waffen. Jetzt konnte er sich das natürlich nicht mehr erlauben. Er würde wegen Tätlichkeiten eingelocht, und das kleine Arschloch würde ihn verklagen. Eine Dienstmarke machte so manches möglich.
»War er allein hier?«
»Ja«, sagte Souza und fingerte ungeduldig an seinem Klemmbrett herum. Er hatte noch einiges vor, zum Beispiel ausrechnen, was ihm die Büroeinrichtung beim Abverkauf einbringen würde.
»Haben Sie ihn nach Referenzen gefragt?«
»Benjamin Franklin ist für mich Referenz genug. Der Scheck war gedeckt. Die Mieten hier sind nicht billig.«
»Wie teuer?«
»Für das hier? 250 000 Dollar pro Jahr. Und er hat im Voraus bezahlt.«
Eine schöne Stange Geld für einen Schmu, dachte Max. Aber worin genau bestand der Schmu? Dass man ihn dafür bezahlte, seine Zeit zu verschwenden? Benutzte Prescott ihn als Alibi für irgendetwas?
»Ist das normal? Dass jemand alles im Voraus bezahlt?«
»Nein, ist es nicht. Genau genommen ist mir das zum ersten Mal passiert. Und ich hoffe, es wird nicht das letzte Mal sein.«
»Ist Ihnen nicht in den Sinn gekommen, dass der Mann vielleicht ein Krimineller sein könnte?«
»Wenn ich mich das jedes Mal fragen würde, hätte ich bald keine Arbeit mehr«, sagte er.
Die typische Logik eines Geschäftsmanns in Miami. Die Cocainistas damals hatten ihr Geld in Immobilien investiert. Keinen hatte das gekümmert. Die Skyline von Midtown bis Downtown war zum Großteil auf Koks erbaut und mit Blut getauft worden. So betörend und verheißungsvoll sie bei Nacht mit all den funkelnden Leuchten, dem Neonlicht und den Scheinwerfern auch aussehen mochte, Max musste unweigerlich an riesige Grabsteine denken, wann immer er sie sah.
»Haben Sie ihm mal einen Besuch abgestattet? Sie wissen schon, um nach dem Rechten zu sehen?«
»Ja, einen Höflichkeitsbesuch, zwei Wochen, nachdem die Praxis eingezogen war.«
»Wer war hier?«
»Mr. Prescott natürlich, ein Besucher und eine Empfangsdame.«
»Die Empfangsdame, die aussieht wie eine minderjährige Sexbombe?«
Souza lief rot an und nickte.
»Haben Sie diese beiden schon mal gesehen?« Max reichte ihm Porträtaufnahmen von Fabiana und Cortland.
Souza betrachtete die Fotos. Bei Fabiana zeigte er keine Reaktion, aber beim Chauffeur zog er die Stirn in Falten. Und sah genauer hin. Das Stirnrunzeln glättete sich.
»Dieser Typ war hier«, sagte er. »Das war der Besucher.«
»Haben Sie mit ihm gesprochen?«
»Nein.«
»Was hat er gemacht?«
»Hat vorn am Empfang gesessen.«
»Worüber haben Sie sich mit Prescott unterhalten?«
» Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit? Funktioniert das Licht? Das Wasser? Die Toilette? So was. Er hat zu allem ja gesagt. Wie schon erwähnt, er hatte alles im Voraus bezahlt.«
»Was hat er Ihnen erzählt, was er macht?«
»Er ist Architekt, hat er gesagt.«
Lachend schüttelte Max den Kopf.
»Stimmt das nicht?«
»Mir hat er erzählt, er sei kosmetischer Zahnarzt.«
»Hat er was verbrochen?«
»Vielleicht«, sagte Max. »Ich weiß es nicht. Haben Sie was dagegen, wenn ich mich mal umschaue? Dauert nur ein paar Minuten.«
»Tun Sie sich keinen Zwang an.«
Max ging in Prescotts Büro. Es sah praktisch genauso aus wie beim letzten Mal, nur der Schreibtisch war leer. Laptop und Telefon waren verschwunden. Max zog die
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