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TODESSAAT

TODESSAAT

Titel: TODESSAAT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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hatten. Jemand hatte dem Mann mit der Waffe sogar gesagt, Harry könne gefährlich werden. Anscheinend hatte das E-Dezernat sie davor gewarnt, dass er aufkreuzen könnte. Das hieß ... was auch immer Darcy Clarke beim Dezernat über ihn berichtet hatte, hatte nicht den geringsten Eindruck auf sie gemacht.
    Und wenn sie schon in Darlington nach ihm Ausschau hielten, dauerte es bestimmt nicht mehr lange, bis sie es auch hier tun würden. Er hatte Paxton eine Heidenangst eingejagt (für den Augenblick jedenfalls), doch Paxton war nur einer von vielen und kein typischer Vertreter seiner Spezies. Deshalb würde er das Gelände von nun an sehr genau unter die Lupe nehmen müssen, bevor er es wagen konnte, einen ehemals »sicheren« Ort aufzusuchen. Alles lief darauf hinaus, Harrys Gefühl der Klaustrophobie zu verstärken, den unheilvollen Eindruck, dass der Raum für ihn – auch im Möbius-Kontinuum – immer knapper wurde. Ganz zu schweigen von der Zeit.
    Jetzt auch noch dahinter zu kommen, dass sogar Trevor Jordan Angst vor ihm hatte, sich davor fürchtete, was Harry ihm antun könnte – das war zu viel für ihn.
    Die Toten – selbst Möbius – hatten sich von ihm losgesagt. Die Kräfte seiner Mutter waren erschöpft, sie hatte ihn verlassen. Auf der ganzen Welt gab es niemanden mehr, gleich ob tot oder lebendig, der auch nur ein gutes Wort für ihn einlegen würde. Dabei hatte er doch so lange und so hart für diese Welt und die Menschen in ihr gekämpft. Und nun gehörte er nicht einmal mehr dazu. Nicht mehr.
    Durch ein Möbiustor betrat Harry den dunklen Flur des Hauses auf der anderen Seite des Flusses und machte sich leise daran, die Treppe zu seinem Schlafzimmer emporzusteigen. Mit einem Mal war er müde. Er hatte zu viel um die Ohren und brauchte Schlaf und ... Zur Hölle mit alldem! Was kümmerte ihn die Zukunft!?
    Doch Jordans Stimme hielt ihn auf, als er gerade die Hälfte des ersten Treppenabsatzes hinter sich hatte. »Harry?« Der Telepath sah vom Fuß der Treppe aus zu ihm hoch. Trevor Jordan konnte Harrys Gedanken ebenso leicht lesen wie Harry die seinen. »Ich ... ich hätte das nicht denken dürfen.«
    Harry nickte. »Und ich hätte besser nicht gelauscht. Egal, zerbrich dir deshalb nicht den Kopf. Du hast deinen Teil für mich getan, und zwar gut. Dafür bin ich dir dankbar. Es ist gar nicht so schlimm, allein zu sein, früher war ich es ja auch. Wenn du also verschwinden willst, tu es – und zwar bald. Seien wir doch mal ehrlich, ich verliere immer mehr die Kontrolle über dieses Ding, und für dich wäre es am sichersten, wenn du jetzt gleich gehen würdest.«
    Jordan schüttelte den Kopf. »Nicht, solange die ganze Welt gegen dich ist, Harry. Ich werde dich doch jetzt nicht allein lassen.«
    Harry zuckte mit den Achseln, wandte sich ab und ging die Treppe hoch. »Wie du willst. Aber schiebe es nicht zu lange auf ...«

VIERTES KAPITEL
    Die Nacht war noch jung, als Harry seinen Kopf aufs Kissen legte. Doch der Mond war bereits aufgegangen, und die Sterne schienen hell. Es war seine Zeit. Bei Tageslicht ließen seine Sinne zu wünschen übrig, doch im Dunkel der Nacht waren sie empfindlich wie nie zuvor. Selbst diejenigen, die sein Unterbewusstsein kontrollierten oder davon kontrolliert wurden. Selbst seine Träume waren intensiver.
    Zunächst träumte er von Möbius. Er spürte, dass es mehr als ein gewöhnlicher Traum war. Der vor langer Zeit verstorbene Mathematiker kam und setzte sich zu ihm aufs Bett. Obwohl sein Gesicht und seine Gestalt verschwommen blieben, war seine Stimme nüchtern und sachlich wie eh und je.
    Es ist das letzte Mal, dass wir miteinander reden können, Harry – jedenfalls in dieser Welt.
    Möchten Sie das wirklich?, erwiderte der Necroscope. Ich kann nichts dafür, aber in letzter Zeit scheint sich in meiner Gesellschaft keiner mehr wohl zu fühlen.
    Ja, nickte Möbius’ ungewisser Schemen. Aber wir wissen doch beide, dass das nicht gegen dich gerichtet ist. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, zu dir zu kommen, solange deine Träume noch dir gehören.
    Tun sie das denn?
    Ich glaube schon. Auf jeden Fall hörst du dich ganz wie der Harry an, den ich von früher kenne.
    Harrys Anspannung ließ ein wenig nach. Er seufzte und lehnte sich in seinem Bett zurück. Worüber wollen Sie denn mit mir reden?
    Über fremde Welten, Harry. Andere Welten.
    Über meine kegelförmigen Paralleldimensionen? Harry zuckte bedauernd, ironisch, die Achseln. Das meiste davon war ein Bluff.

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