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TODESSAAT

TODESSAAT

Titel: TODESSAAT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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Als sei er nichts weiter als eine seiner esoterischen Formeln, löste der geniale Mathematiker sich in nichts auf und war verschwunden ...
    Falls Möbius’ Besuch überhaupt etwas bewirkte, dann, dass Harry womöglich noch erschöpfter war als zuvor. Er sank tiefer in den Schlaf. Doch ein bestimmter Name ging ihm nicht aus dem Kopf. Er quälte ihn und vor allem seinen Vampir und ließ ihn nicht mehr in Ruhe: Johnny Found.
    Harry war Telepath. Er verfolgte ein Ziel, eine Aufgabe, die er zu Ende bringen musste – und er trug einen Vampir in sich. Als er sich in den Bergen Transsylvaniens Faethor Ferenczys leiblichem Sohn Janos entgegengestellt hatte, hatte der Ferenczy ihn gewarnt, dass nur einer von ihnen den Kampf überleben werde und dass der Sieger ein Wesen sein würde, das über eine unglaubliche Macht verfügte. Janos hatte in die Zukunft geblickt, ebendies gesehen und gewusst, dass er nicht verlieren konnte. Es war nur ... Niemand sollte je den Versuch unternehmen, die Zukunft zu verstehen. In sie blicken, wenn es denn sein musste, aber nicht versuchen, sie zu verstehen.
    Harry war derjenige gewesen, der aus den Bergen zurückkehrte. Obwohl er noch keine Vorstellung vom Ausmaß seiner Kräfte hatte – vor allem nicht von seiner neuesten Errungenschaft, der Telepathie – waren sie doch enorm. Das waren sie vorher zwar auch schon gewesen, doch jetzt, mit einem Vampir als Verstärker ...
    Im Traum hatte er keinerlei Kontrolle mehr über seine Fähigkeiten. Nichtsdestotrotz waren sie am Werk. Träume sind die Buchungsstelle des Geistes, die Soll und Haben miteinander ausgleicht, der Schneideraum, in dem der Müll und die Trivialitäten des Alltags aussortiert werden, um das Bedeutsame ins rechte Licht zu rücken. Das ist nun mal die Aufgabe menschlicher Träume. Das, und Wunscherfüllung. Dazu kommt, wenigstens für jemanden, der ein Gewissen hat, die Verarbeitung verdrängter Schuldgefühle. Deshalb hat man mitunter ja auch Albträume.
    Harry trug seinen Teil an Schuld mit sich herum und hatte mehr als genug geheime Wünsche, die nach ihrer Erfüllung drängten. Was er im Wachzustand nicht verarbeiten konnte, versuchten sein Unterbewusstsein – und der Vampir, der ein Teil davon war – zu bewältigen, während er schlief.
    Sein erweitertes Bewusstsein dehnte sich aus, um eine telepathische Sonde zu bilden, die innerhalb von Augenblicken die Meilen bis Darlington überwand und untrüglich ihr Ziel fand – die Gedanken des schlafenden Johnny Found, der über ein ebenso unheimliches wie perverses Talent verfügte. Eben darüber wollte Harry etwas herausfinden.
    Mit der sinistren Heimtücke des Vampirs musste er nur hier eine Andeutung fallen lassen, da einen Vorschlag machen, dort etwas nachhelfen, diese oder jene Saite zum Klingen bringen, und mit einem kleinen bisschen Glück würde Found ihm alles verraten. Alles ...
    Auch Johnny träumte – von seiner Kindheit. Aus freien Stücken wäre ihm so etwas nie eingefallen. Doch ein Nachtgespenst rüttelte unablässig an der Tür zu seinen Kindheitserinnerungen und verlangte, dass er sie aufmachte.
    Kindheitserinnerungen? Oh ja, die hatte er. Seiner Meinung nach lohnte es sich allerdings nicht, daran zu denken, geschweige denn davon zu träumen. Deshalb unterließ er es ja auch – für gewöhnlich.
    Er warf sich unruhig im Bett hin und her. In seinem Unterbewusstsein stöhnte er und holte sich einen Hammer, um die Tür zu seiner Vergangenheit zuzunageln. Etwas stieß den Hammer beiseite, sodass er nicht mehr an ihn herankam, und Johnny konnte nur noch hilflos mit ansehen, wie die Tür sich knarrend öffnete. Dahinter wartete all das Schlimme aus früheren Tagen auf ihn, die vielen kleinen Sünden, die er begangen hatte, und die ganze Palette an Strafen, die er dafür ertragen musste. Aber damals war er ein Kind gewesen und unschuldig (so hieß es zumindest) und würde all dem bald entwachsen sein. Nur Johnny hatte gewusst, dass er dem nie entwachsen würde und dass sie niemals in der Lage sein würden, Strafen zu ersinnen, die seinen Vergehen angemessen waren.
    Sie hatten versucht, ihn davon zu überzeugen, dass die Sachen, die er machte, schlecht waren, und beinahe hätten sie es auch geschafft. Doch da war er schon alt genug, zu wissen, dass sie ihm Lügen erzählten, weil sie ihn nicht verstanden. Und eben darum konnten sie niemals erkennen, wie gut das eigentlich war, was er da anstellte. Wie gut er sich dabei fühlte.
    Ja, sie war ein einsamer Ort gewesen,

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