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TODESSAAT

TODESSAAT

Titel: TODESSAAT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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als ihre Haut sich auflöste und zerfressen wurde. Er sah, wie sie hin- und hertanzte, auf den vibrierenden Molekülen ihres eigenen siedenden Blutes kreuz und quer über die Stahlplatten schlitterte, als habe jemand einen Tropfen Wasser in eine Pfanne mit kochend heißem Fett geschüttet.
    Sie war bereits tot, als sich der erste blaue Blitz entlud, spürte also nichts von alldem. Aber Harry spürte es. Angesichts dessen, was dort geschah, packte ihn das nackte Entsetzen. Er sog tief die Luft ein, als der elektrische Strom sie schließlich an den stählernen Schuppen festkleben ließ, wo sie Säure und Feuer zugleich ausgesetzt war, die sie in Asche, Teer und stinkenden Rauch verwandelten.
    Und ... es gab nichts, was er tun konnte. Noch nicht einmal Harry Keogh. Denn er hatte das Tor passiert, und es gab kein Zurück.
    Doch das Schlimmste blieb ihm erspart. Sie stieß nur einen einzigen schrillen, lautlosen telepathischen Schrei aus. Aber er hörte ihn nicht, denn er hatte die Schwelle zu einer anderen Welt bereits hinter sich gelassen. Auch als Tote konnte sie ihn nicht erreichen. Falls sie es gerade versuchte, drang nichts durch das Tor ...
    Der Necroscope wollte sterben. Am liebsten wäre er auf der Stelle tot umgefallen. Doch das lief der Natur des Wesens zuwider, das er in sich trug. Und Pete, der Angel, hatte auch nicht vor, es so weit kommen zu lassen. Gemeinsam stellten sie ihn ruhig, betäubten ihn und verwandelten ihn in einen Eisblock.
    Ohne jede Emotion und mit leerem Verstand hing Harry im Sattel der Screaming Eagle. Nicht mehr er fuhr das Motorrad, sondern die beiden. Und zwar die ganze Strecke bis Starside ...
    Als Harry wieder zu sich kam, befand er sich, auf einem Felsblock neben der verstummten Harley Davidson sitzend, eine ganze Meile weit draußen in der Findlingsebene. Die schwere Maschine stand da im silbernen Schein des vollen Mondes und dem geisterhaften Glanz der Sterne. In ihrem Ausstellungsraum auf der Erde hatte sie schon recht imposant ausgesehen, doch hier auf Starside wirkte sie (im wahrsten Sinne des Wortes) absolut überirdisch. Das Motorrad mochte ein Fremdkörper sein, nicht jedoch Harry. Er war Wamphyri und gehörte hierher.
    Pennys Bild tauchte aus dem scharlachroten Wirbel seiner Erinnerungen auf. Ihm fiel alles wieder ein, und er holte tief Luft, um loszuheulen, schluckte es dann jedoch herunter, ballte die Fäuste und schloss für lange Minuten die roten Augen, bis er Penny endgültig aus seinem Gedächtnis verbannt hatte.
    Die Anstrengung verlangte ihm das Letzte ab, aber es musste sein. Alles, was Penny ihm bedeutet hatte – was überhaupt jemand ihm bedeutet hatte – lag in einer anderen Dimension und war unwiederbringlich verloren. Es gab kein Zurück, und nichts würde sie ihm jemals wiederbringen.
    Mann, das macht einen ja ganz fertig, meldete sich Pete, der Biker, zu Wort, allerdings leise. Was jetzt, Harry? Ist jetzt Schluss mit Fahren?
    Harry stand auf, streckte sich und blickte sich um. Es war Sonnunter, und im Süden schimmerte kein Gold auf den gezackten Gipfeln der Berge. Ostwärts lagen die niedrigen, zerfallenen Ruinen eingestürzter Bergfestungen, die zerstörten Felstürme der Wamphyri. Nur einer war unversehrt geblieben: eine hässliche, über einen Kilometer hohe Säule aus dunklem Stein und grauem Knochen. Es war Lady Karens Feste, zumindest früher einmal gewesen. Doch das war lange her, und Lady Karen war tot.
    Im Südwesten, hoch oben in den Bergen, lag der Garten des Herrn. Der Herr des Gartens – Harry Junior mit seinen Travellern und Trogs, allesamt sicher in der Heimstatt, die er ihnen geschaffen hatte. Leider verhielt es sich so, dass der Herr des Gartens ein ... Vampir war. Die Schlacht mit den Wamphyri lag vier lange Jahre zurück, sodass Harry sich fragte: Hat immer noch mein Sohn die Kontrolle, oder hat schließlich doch der Vampir in ihm die Oberhand gewonnen?
    Natürlich wurden seine Gedanken in der Sprache der Toten geäußert, und Pete, der Angel, antwortete ihm: Warum gehen wir nicht einfach hin, Mann, und sehen nach?
    »Als ich das letzte Mal hier war«, erklärte Harry ihm, »haben wir uns gestritten, mein Sohn und ich, und er hat’s mir ganz schön gegeben. Aber ...« – er zuckte die Achseln – »... früher oder später muss er ja wohl erfahren, dass ich wieder da bin, wenn er es nicht ohnehin schon weiß.«
    Also los, Mann! Pete konnte es kaum erwarten, zu fahren. Steig einfach auf die gute alte Screaming Eagle und wirf sie

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