TODESSAAT
schnitten und sie wie einen Fisch an Hunderten von Haken hielten – blieb nichts übrig, außer zu schreien, als das Ungetüm den Kopf in den Nacken legte, um auf Harry herabzustoßen, und Kiefer von der Größe eines Scheunentores, mit tödlicheren Zähnen als ein Raubsaurier, sich öffneten, um ihn zu verschlingen.
Was dann kam, war reiner Instinkt, fast so, als hielte Faethor Ferenczy sich noch im Innern des Necroscopen verborgen und flüsterte ihm zu: Wenn er das Maul aufreißt, um dich zu fressen, spaziere einfach mitten hinein! Harry war klar, dass er nicht die geringste Chance hatte, dieses Wesen jemals auch nur zu verletzen, jedenfalls nicht von außen. Doch irgendwo in diesem ungeheuren Schädel befand sich ein winziges Gehirn. Und tief in seinem eigenen Innern war noch immer etwas, was Wamphyri war oder es zumindest zu sein begehrte!
Spaziere einfach mitten hinein!
Harry richtete sich im Sattel auf und trat, noch während sich die Kiefer des Kriegers um ihn schlossen, hinein in den dem Maul der Kreatur entströmenden Gestank. Doch zwischen den drohenden Zähnen hatte er bereits ein Tor heraufbeschworen, durch das er ins Möbius-Kontinuum verschwand ... um im Kopf des Kriegers wieder herauszukommen, und zwar in Lebensgröße! Inmitten der primitiven Stoffe, die seine Hirnschale ausmachten, der pulsierenden Röhren und Leitungen, Knoten und Knötchen, dem Schleim und den schleimigen Membranen des Schädelinnern!
Harry spürte, wie der Matsch, in den er trat, sich unter ihm wand, wie metamorphes Fleisch sich zusammenzog, als er sich materialisierte und an offen liegenden Nervenenden und feuchtem, schwammigem Gewebe entlangscheuerte. Er spürte das Pulsieren des Blutes, das das winzige, gequälte Hirn mit Sauerstoff versorgte, und streckte seine klauenbewehrten Vampirhände nach dem zentralen Nervenknoten aus, um ihn zu Brei zu zerquetschen.
Die Schwerkraft schien aufgehoben, als die Antriebsdrüsen des Kriegers ihre Funktion einstellten und die Kreatur abstürzte. Im Innern ihres Schädels versuchte Harry verzweifelt, sich genügend Platz zu schaffen, um ein Möbiustor heraufzubeschwören. Er brauchte Raum, damit er sich bewegen und atmen konnte. Er hatte noch nie den Versuch unternommen, unter Wasser oder umgeben von einer zähen Flüssigkeit, in diesem Fall körperwarmem Blut, ein Tor zu erschaffen. Doch genau dies war jetzt vonnöten – ein Tor heraufzubeschwören! Er musste hier raus und Karen aus dem Klammergriff des toten Wesens befreien, bevor es auf den Boden prallte.
Doch noch während die Möbiusgleichungen sich vor seinem inneren Auge zu verwandeln begannen, erkannte er, wie merkwürdig fremd – wie unvermeidbar falsch – alles war! Das Tor zitterte und bebte, wollte jedoch nicht Gestalt annehmen. Stattdessen konzentrierte sich die Energie an seinen Umrissen und verzerrte es bis zur Unkenntlichkeit. Normale Materie verlor ihre ursprüngliche Form und zerfloss zu Magmasse. Im nächsten Augenblick fiel das misslungene Tor in sich zusammen!
Shaithis sah, wie seine Kreatur zur Erde trudelte, und eine Sekunde lang glaubte er, sie würde durch das Sphärentor stürzen. Verblüfft wurde er Zeuge, wie der gepanzerte Kopf sich verzog, geradezu Wellen warf und aufplatzte, noch ehe das Ungeheuer nur wenige Schritte vor dem Dimensionstor krachend aufschlug! Im Moment des Aufpralls sah er etwas Menschenähnliches – allerdings rot, gelb und schleimig-grau, das aus dem zerschmetterten Schädel gespien und auf die mit Felsblöcken übersäte Ebene geschleudert wurde. Als der Staub sich legte und die letzten Klumpen aus Schleim und Blut in hohem Bogen zwischen den Felsen gelandet waren, um im Schmutz zu versickern, lief er los.
Die Augen gegen das grelle Leuchten mit der Hand abschirmend, trat er staunend zwischen die Überreste seines Kriegers. Er starrte Lady Karen an, die, verletzt und blutend, bewusstlos in den Greifzangen der Kreatur hing, und den übel zugerichteten Höllenländer. Harry Keogh hatte sich alle Knochen gebrochen und war über und über mit Blut bedeckt. Aber er war noch nicht tot. Noch lange nicht!
Natürlich nicht, dachte Shaithis. Schließlich ist er ein Wamphyri! Trotzdem ... ist er anders, so schwer zu begreifen.
In der Tat, pflichtete Shaitan ihm bei, während er auf seinem Flugtier zur Erde glitt. Dennoch müssen wir genau das tun: ihn begreifen. Denn in seinem Geist sind alle Geheimnisse des Tores und der dahinter liegenden Welten enthalten. Füge ihm also keinen weiteren
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