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TODESSAAT

TODESSAAT

Titel: TODESSAAT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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übergeben hatte, hatte dieser ihn neben dem Sphärentor kreuzigen lassen. Mit silbernen Nägeln hatten sie ihn an das noch grüne Holz geschlagen und ihm einen silbernen Dorn durch den Leib, seinen Vampir und den Stamm des Kreuzes getrieben und die hinten austretende Spitze seitlich umgebogen. Ebenso schnell, wie sein Wamphyri-Fleisch ihn zu heilen versuchte, vergiftete ihn das Silber wieder. Er vermutete – nein, ihm war klar, dass er nicht mehr lebendig von diesem Kreuz herunterkommen würde. Das bestätigte ihm ein Scheiterhaufen aus trockenen, gebrochenen Ästen zu seinen Füßen.
    Ein zweites Kreuz war für Karen errichtet worden. Manchmal hing sie dort. Es beeinträchtigte ihren Heilungsprozess und machte sie fügsam. Dann wieder war sie verschwunden. Am meisten fühlte Harry mit ihr, wenn das Kreuz leer war, denn dann wurde sie von Shaithis missbraucht und misshandelt. Hätte der Necroscope die Kraft dazu aufgebracht, hätte er versucht, sie telepathisch zu erreichen. Er glaubte allerdings nicht, dass sie ihm antworten würde. Nein, lieber behielt sie ihre Qualen für sich, um seine Verzweiflung nicht noch zu vergrößern.
    Hin und wieder jedoch, wenn Karens Kreuz leer war, blickte Harry hinab auf Shaithis’ aus Tierhäuten errichtetes Zelt, und der Hass loderte in ihm auf wie ein Feuer. Dann wünschte er sich jedes Mal, viel zu spät, er hätte seinem Vampir freie Hand gelassen. Vielleicht war es ein Segen, dass solche Augenblicke geistiger Klarheit, in denen ihn Schuldgefühle quälten, nur dünn gesät waren.
    Er konnte sich nicht daran erinnern, wann die Traveller angekommen waren, die Shaithis über den Pass herbeigerufen hatte. Es handelte sich um einen verängstigten, von allen verachteten Stamm von zu Bettlern herabgesunkenen Handschuhmachern, die den Wamphyri auf ihre Art die »Treue« hielten. Auf ihrem Weg von Sunside hierher hatten sie, Shaithis’ Befehlen gemäß, die Frauen und jüngeren Männer einer nicht ganz so unterwürfigen Travellergruppe geraubt. Außerdem waren sie dazu eingesetzt worden, die Unterkünfte der Vampir-Lords zu bauen und das Holz für die Feuer und die Kreuze zu schlagen und zu sammeln. Es nutzte ihnen allerdings wenig. Shaithis und sein grässlicher Ahnherr verfuhren mit allen gleich: Die Frauen nahmen sie mit Gewalt und schwängerten sie, ein paar ausgesuchte Männer machten sie zu Vampiren, damit sie ihnen als Sklaven und Leutnants dienten. Den Rest verfütterten sie an die Krieger, um diese auf die Invasion durch das Tor vorzubereiten.
    Letzteres gehörte zu den Dingen, an die der Necroscope sich erinnerte – das Gemetzel, als der Letzte der Traveller zu fliehen versuchte, und die Gier, mit der die Kampfkreaturen über ihn herfielen. Vor allem konnte er nicht vergessen, wie Shaithis, um sich zu amüsieren, einem Krieger mit männlichem Geschlechtsteil eine Travellerfrau überlassen hatte. Nachdem es vorüber war, hatte Shaithis (offensichtlich erregt) Karen von ihrem Kreuz nehmen und in sein Zelt bringen lassen. Als auch das vorüber war und sie wieder ans Kreuz geschlagen wurde, hatte er sich vor Harry gestellt, um sich damit zu brüsten.
    »Deine Hexe hat meine Begierde gestillt, Zauberer«, sagte er wie beiläufig, mit einem Achselzucken. »Ich habe sogar mit dem Gedanken gespielt, es hier draußen mit ihr zu machen, damit du zusehen kannst. Leider sind meine Bestien, wie du gesehen hast, ein bisschen übermütig. Ich wollte sie nicht auf dumme Gedanken bringen. Aber wenn sie das nächste Mal von ihrem Kreuz herabgenommen wird ... Ah, das wird das letzte Mal sein. Und während du brennst, wirst du alles sehen – zumindest so lange, bis sich die Netzhaut von deinen Augen löst. Was für ein Jammer, dass deine Schmerzen dich davon abhalten werden, dich an ihren Qualen zu weiden!«
    Danach ... war der Hass, den Harry fühlte, eine schlimmere Folter gewesen als die Nägel und der silberne Dorn zusammengenommen. So groß war die Qual, dass er wieder ins Dunkel der Bewusstlosigkeit sank. Doch vorher bekam er noch die Gedanken des Gefallenen mit, wie er seinen Nachkommen warnte:
    Nimm dich in Acht, Shaithis! Lass dir eins gesagt sein: Treib den hier nicht zu weit. Mir scheint, er verfügt über Kräfte, von denen er noch nicht einmal eine Ahnung hat. Etwas, das er nicht kontrollieren kann – ein seltsamer, instinktiver Mechanismus, der durch ihn wirkt. Löse ihn nicht aus, mein Sohn. Selbst die Traveller sind klug genug, ihre Beute nicht zu reizen, wenn sie auf der

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