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TODESSAAT

TODESSAAT

Titel: TODESSAAT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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sagte sie. Doch seine Erinnerungen kamen jetzt deutlicher und in immer schnellerer Folge. Mein Vater hätte es wissen müssen! In die Zukunft zu sehen, ist eine ziemlich fragwürdige Angelegenheit!
    Aye, pflichtete sie ihm bei. Ich habe das goldene Feuer für die Sonne gehalten. Aber nein, es handelte sich lediglich um einen ... Scheiterhaufen. Sie brennen beide, das ist schon richtig, aber das Feuer von Shaithis wird mir größeren Schmerz zufügen, weil es von ihm kommt. Ich hasse diesen schmutzigen Bastard!
    Er blickte auf die Scheite, die unter ihr aufgehäuft waren. Hat Shaithis etwa vor, dich zu verbrennen?
    Was von mir übrig ist, wenn seine Krieger mit mir fertig sind. Selbst im Bewusstsein eines Wolfes las sie das blanke Entsetzen.
    Gibt es irgendetwas, was ich tun kann? Harry Wolfsohn kam näher heran. Auf dem Bauch kroch er zwischen den Sklaven hindurch, die sich in einem offenen Kreis um die beiden schwarzen Zelte in ihrer Mitte gelagert hatten.
    Mach, dass du hier wegkommst, erwiderte sie. Kehre zurück in die Berge. Rette dich, werde vollends zum Wolf. Friss, was du tötest, aber beiße weder Mann noch Frau, damit sie nicht dasselbe Schicksal erleiden wie du!
    Aber ... im Garten haben wir doch zusammengestanden , entgegnete er. In seinem Geist erblickte sie abermals Feuer, Tod und Vernichtung.
    Ja, aber damals hast du die Kraft dazu gehabt. Mit deinen Waffen. Kaum hatte sie diesen Gedanken geäußert, als ihr plötzlich eine Idee kam. Sie wollte Vergeltung. Ist irgendetwas aus deiner Waffenkammer übrig geblieben?
    Sein Geist verlor sich wieder in weiter Ferne. Er blickte hierhin und dorthin und fragte sich, was er hier überhaupt machte. Seine Wölfin erwartete seit kurzem Junge. Wahrscheinlich war sie hungrig und wartete auf ihn. Aus meiner Waffenkammer?
    Er erinnerte sich nicht, also zeigte sie ihm ein Bild. Kannst du mir so eine besorgen?
    Auf der Findlingsebene, gute zweihundert Meter entfernt, schnaubte ein vollgefressener Krieger im Schlaf. Harry Wolfsohn robbte zurück zwischen die Schatten und jagte in weiten Sätzen den Hügeln zu, um zu seinem Rudel zurückzukehren. Karen hörte nur einen einzigen Gedanken, ehe der Kontakt zu ihm abbrach: Leb wohl!
    Allein mit ihrem Schmerz hing sie in der Nacht und der Kälte von Starside und dachte: Er wird es vergessen.
    Doch sie irrte sich.
    Er kam wieder, gerade noch rechtzeitig. Er kam mit den Wolken, die von Süden her aufzogen, mit dem ersten warmen Regen, mit dem grauen Licht, das den Himmel jenseits der Berge erhellte. Er kam mit der trügerischen Dämmerung, die dem Anbruch von Sonnauf vorausgeht, und schritt mitten hindurch durch den Kreis aus Sklaven, die sich im Schlaf unruhig hin- und herwarfen. Nachdem er die Scheite und Äste von Karens Scheiterhaufen erklommen hatte, richtete er sich auf die Hinterpfoten auf, bis er von Angesicht zu Angesicht vor ihr stand, als wolle er sie küssen. Ihr Mund stand weit offen, wie eine klaffende Wunde, aber es war kein Kuss, den sie austauschten.
    He, Zauberer, Necroscope! Wach auf!
    Harry schreckte hoch.
    Shaithis’ Gedanken trafen ihn wie ein Schlag ins Gesicht. Laut fuhr der Vampir fort: »Deine Qualen werden bald vorüber sein, Necroscope. Deshalb mach die Augen auf und nimm Abschied von all dem. Von deiner Geliebten, von deinem Leben ... von allem.«
    Harry war wieder in der Lage, seine Gedanken zu ordnen. Sein Geist war so gut wie genesen. Sein Körper dagegen war noch nicht annähernd so weit. Das Silber wirkte wie Arsen auf sein vampirisches Blut und verhinderte, dass seine Verletzungen heilten. Doch er hörte, wie Shaithis ihn verhöhnte. Er spürte einen Regentropfen, und im düsteren, grauen Schein der einsetzenden Dämmerung schlug er die Augen auf. Danach wünschte er sich beinahe, er wäre blind.
    Ein paar von Shaithis’ Leutnants standen auf Leitern und nahmen Karen von ihrem Kreuz. Ihr Kopf schwankte von einer Seite zur anderen, und ihre Arme schlenkerten hin und her, als sie sie auf eine auf dem steinigen Untergrund ausgebreitete Decke stießen. Shaithis wandte sich von Harrys Kreuz ab, ging an sein Zelt und durchschnitt die Leinen, dass es in sich zusammenfiel, ungefähr so, als lasse jemand die Luft aus einem Ballon.
    »So, Necroscope!«, sagte er triumphierend. »Jetzt wirst du erfahren, wie ich mein Versprechen halte. Denn nun, da ich sehe, dass du alles, was um dich herum vorgeht, hören, sehen und auch verstehen kannst, werde ich sie – ein letztes Mal – hier vor deinen Augen

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