TODESSAAT
Aber es ist unheimlich schwierig, dieses verdammte Schwein zu finden, wenn niemand sich in der Lage sieht, mir mehr über ihn zu erzählen!«
Oh, du glaubst gar nicht, wie ich mich freuen würde, wenn er fertig gemacht wird, Harry!, antwortete sie. Ich werde dir auf jede erdenkliche Weise behilflich sein. Ich hoffe nur, ich kann mich an genügend Einzelheiten erinnern!
»Du musst es nur versuchen.«
Womit soll ich anfangen?
»Zeig mir zuerst, wie du ausgesehen hast.« Er wollte versuchen, sie mit Penny Sanderson zu vergleichen, um zu sehen, ob es Übereinstimmungen im Typ gab. Er fragte sich, ob dieser Nekromant einem bestimmten Muster folgte.
Aus ihrem Verstand heraus erhielt er sofort das Bild einer hoch gewachsenen, langbeinigen Brünetten im Minirock, deren Brüste durch die blaue Seide ihrer Bluse schimmerten, da sie keinen BH trug. Der Hintern war ausgesprochen wohlgeformt. Doch es lag keinerlei Charakterzug in diesem Bild, nichts, was ihm mehr über ihre Persönlichkeit verraten hätte – alles nur höchst sinnlich und sexy. Das stimmte nicht mit seinen ersten Eindrücken überein.
Na? Wie war ich?
»Sehr attraktiv«, bestätigte er ihr. »Aber ich glaube, du verkaufst dich unter Wert.«
Meistens, stimmte sie ihm zu, diesmal jedoch ohne ihr rauchiges Lachen. Dann seufzte sie, und das war etwas, das Harry bei den Toten nur zu gut kannte: die Erkenntnis, dass alles vorüber war und nie mehr kommen würde. Aber dann war sie sofort wieder so fröhlich, wie er sie kennengelernt hatte. Und hier rede ich doch tatsächlich mit einem Mann, ohne mich zu fragen, was er in der Hose hat! Vorne drin, und in der Gesäßtasche.
»Hast du’s immer nur für Geld gemacht?«
Manchmal auch aus Spaß! Ich hab dir ja gesagt, ich war nymphoman bis in die Haarspitzen. Aller Haare. Willst du jetzt weitermachen?
Harry war verlegen. Anscheinend hatte sie diese Frage schon oft gehört und immer die passende Antwort auf Lager. »War ich zu neugierig?«
Nee, ist schon okay. Alle Männer fragen sich, was im Kopf einer Professionellen vorgeht. Mit einem Mal hörte sich ihre Totenstimme ganz kalt an. Alle außer einem. Der braucht sich nicht zu fragen, der kann alles herausfinden – hinterher, wenn sie tot sind.
Nun war sich der Necroscope sicher, dass sie ihm alles berichten würde, was sie wusste. »Dann erzähl mal!«, forderte er sie auf. Und sie begann:
Es war Freitagabend und ich bin zum Tanzen gegangen. Da ich allein arbeitete, konnte ich mir meine Zeit selbst einteilen. Ich brauchte keinen Zuhälter, der mich herumkommandiert, mir das Geld abnimmt und seine Freunde zum Freifick mitbringt. Aber der Tanz war natürlich in der Stadt, und ich wohnte ein paar Kilometer außerhalb. Und nach Mitternacht sind die Taxen so teuer.
Das machte aber nicht viel, denn es gibt immer ein paar nette Jungs, die ein Mädchen heimfahren, wenn sie sie dafür ein bisschen fummeln lässt. Und wenn er mir gefiel und nicht allzu zudringlich wurde, na ja, vielleicht ließ ich ihn dann auch mehr probieren. Einer fährt lieber, einer reitet lieber.
Diesmal war ich aber an den Falschen geraten. Nein, nicht an unseren Mann, aber ein schwieriger Typ war er allemal. Draußen war er höflich und besorgt, drinnen im Auto verwandelte er sich dann. Er wusste nicht, was ich war, hielt mich einfach nur für ein leichtes Mädchen – willige Beute. Er konnte kaum fahren, so scharf war er, und wollte bei jeder Gasse oder an jedem dunklen Fleck anhalten. Ich trug ziemlich teure Kleider und wollte nicht, dass er das Zeug zerriss. Ach, ich konnte den einfach nicht ab.
Er sagte, er kenne einen Platz gleich hinter der Autobahn, und bevor ich ihm sagen konnte, dass ich keine Lust hatte, war er schon in der Ausfahrt. Unter ein paar Bäumen hielt er an und wollte was von mir, aber dafür bekam er mein Knie in die Weichteile! Als er wieder fahren konnte, ließ er mich dort stehen.
Ein paar hundert Meter weiter gibt es oben an der Autobahn eine Tankstelle. Da bin ich hingegangen und habe einen Kaffee getrunken. Ich war nicht besonders aufgeregt oder so, hatte einfach nur Durst. Zu viele Longdrinks im Palace.
Als ich da an meinem Tisch saß, setzte sich ein Fernfahrer neben mich. Jedenfalls hielt ich ihn für einen. Einen Fernfahrer, der seine Erschöpfung mit Kaffee bekämpfte.
Frag mich nicht, wie er ausgesehen hat – der Raum war drei viertel leer, und sie hatten die Beleuchtung heruntergedreht, um Strom zu sparen. Ich habe mit ihm gequatscht, aber ich habe
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