TODESSAAT
hätte er mit Vergnügen davon getönt, wie er ihr den Laufpass gegeben hatte ... ganz nach Art der Wamphyri! Worauf Shaithis ihn natürlich der Anmaßung bezichtigt und ihm mit einer stumpfen Klinge die Eingeweide aus dem Leib geholt hätte, um sie noch dampfend vor seinen Augen den Kriegern zum Fraß vorzuwerfen! Doch ganz gleich, ob er nun impotent war oder nicht – die Frage des Vampir-Meisters blieb unbeantwortet.
»Nun gut.« Shaithis zuckte die Schultern. »Dann werde ich eben davon ausgehen, dass sie dir nichts bedeutet. Wäre das Gegenteil der Fall, würde ich dir auf der Stelle die Lider von den Augen schneiden, damit du sie nie wieder schließen könntest, und dich in silbernen Ketten an die Wand meines Schlafgemaches hängen, sodass dir keine andere Wahl bliebe, als jede noch so kleine Muskelregung und Nuance unseres Liebesspiels zu beobachten ... so lange, bis sie daran stirbt!«
In dem Moment, als er das aussprach, hörte er ein Raunen: Nein, tu’s nicht!
Die Warnung hallte wie ein Gongschlag in Shaithis’ Verstand wider. Er wusste sofort, woher sie kam. Er starrte quer durch den Saal auf das Finstere Ding, sah, dass dort, wo bisher nur undurchdringliche, granitene Schwärze unter der Kapuze gewesen war, sich nun schweflige Augenhöhlen andeuteten und mittendrin, wie Nadelstiche, zwei scharlachrote Augen glühten – und ohne zu blinzeln ihre Botschaft in seinen Verstand hineinbrannten: Treib es nicht auf die Spitze! Ich halte sie unterjocht, ihre Kräfte niedergedrückt. Doch wenn du sie reizt, ist es, als würdest du einem Krieger angespitzte Stöcke unter die Schuppen rammen! Es macht sie unberechenbar, es durchfährt sie wie Feuer und schwächt den Griff, in dem ich sie halte.
Aber sie sind doch überwältigt, unterworfen, wie Hunde geschlagen!, empörte Shaithis sich. Niemand weiß das besser als Ihr; denn Ihr haltet doch ihren Geist einer Weintraube gleich in Händen – ganz nach Belieben könnt Ihr entscheiden: zieht man ihr vorher noch die Haut ab oder zerquetscht man sie gleich. Außerdem habe ich hier überall meine Krieger und meine zahlreichen Leutnants und Sklaven. Aye, dazu meine Kreaturen da draußen, die in Scharen den Nachtwind bevölkern. Deshalb ersuche ich Euch – sagt mir, was habe ich zu fürchten?
Nur deine Gier, mein Sohn, und deinen Stolz, gab der andere zurück. Aber hast du eben wirklich von deinen Kriegern, Leutnants und Sklaven gesprochen? Von den deinen? Nicht den unsren? Habe ich denn keinen Anteil an deinem Triumph? Es gibt dich und mich, Shaithis, wir sind zu zweit, denk dran. Und doch redest du allein von dir , wenn du nur uns meinen kannst. Ein Ausrutscher der Zunge, offenbar. Ah, sei’s drum: Die Zungen aller Wamphyri sind gespalten, hab ich recht?
Shaithis’ Antwort glich einem Zischen: Was wollt Ihr von mir?
Nichts weiter, als dass du deinen Hochmut zügelst, sagte das Finstere Ding zu ihm. Denn zu meiner Zeit war auch ich voller Hochmut, nur um zu erfahren, dass er tatsächlich vor dem Fall kommt.
Nun war alles zu viel. Sage einer einem Vampir, er solle nicht stolz sein! Wage es einer, die übersteigerten Emotionen eines Geschöpfes wie Shaithis auch nur versuchsweise an die Kandare zu nehmen! Er war ein Wamphyri! Darum herrschte er das unter seiner Kapuze verborgene Finstere Ding an: Ich habe ein Gelübde abgelegt, Karen mit eigenen Händen zu töten, noch dazu auf eine ganz bestimmte Art, in meinem Bett. Mein Triumph wird nicht vollständig sein, bis das getan ist – auf meine Weise oder dem so nahe wie irgend möglich. Außerdem sind der Herr des Gartens und sein Vater Todfeinde von mir. Sie müssen sterben!
Dann töte sie!, versetzte der andere. Seine Augen blitzten auf und weiteten sich. Es war, als brenne in ihnen ein Feuer. Töte sie auf der Stelle, aber peinige sie nicht. Denn wenn du sie dazu treibst, könnten sie ...
Ja?
Ich denke, nicht einmal sie selbst wissen um ihre wahre Stärke und ihre Macht.
Das überraschte Shaithis. Ihre Stärke? Aber könnt Ihr denn nicht sehen, dass sie Schwächlinge sind? Ihre Macht? Ganz offensichtlich stehen sie doch völlig ohnmächtig da! Aye, und ich werde es Euch beweisen!
Damit gab er Karens Haare frei, und sie brach ihm zu Füßen zusammen. Im Traum wandte Shaithis sich abermals den beiden Gefangenen zu, die, während er mit dem Finsteren Ding gesprochen hatte, im sicheren Griff der Sklaven wie eingefroren dagestanden hatten. »Es gab eine Zeit«, sprach er die beiden an, »da die Hure Karen ihren
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