Todesschach
Folgen, die der makabre Scherz für ihn selbst haben konnte. Immerhin handelte er unter Druck. Ihm blieb keine andere Wahl, wenn er nicht irgendwo in den Kellergewölben des Palastes landen wollte.
»Und wie soll es nun weitergehen?« erkundigte er sich.
Oberst Rangel drückte ihn auf den Stuhl zurück.
»Das liegt nicht mehr bei uns. Wir haben die Entwicklung eingeleitet, mehr nicht. Wenn wir angegriffen werden, sind unsere Soldaten im guten Glauben, auf Angehörige der Untergrundbewegung zu schießen, und wir wollen sie in diesem Glauben lassen.«
*
»Das also war es, was Kern plante!« Thorn schüttelte den Kopf und sah Grams über den Glasrand hinweg an. »Er muß total verrückt geworden sein!«
Sie saßen in einem Hotelzimmer mitten in Terrapolis. In der Stadt herrschte seit der letzten TV-Weltsendung Totenstille. Alles schien nur auf die weitere Entwicklung zu warten, und niemand wußte, was wirklich geschehen war. Erst kurz nach Mitternacht war der Putsch von Regierungsseite aus dementiert worden, aber niemand glaubte dem Sprecher. Man verhielt sich abwartend.
»Vielleicht ist alles wirklich nur ein Bluff«, hoffte Grams. Er schien um seine Spiele zu bangen, alles andere war ihm wohl egal. »Kern hat ähnliche Absichten wie Sie, Thorn, und die erreicht er auf diesem Weg, ohne daß ein Tropfen Blut vergossen wird. Wenn er die Leute um Grödig zu überzeugen vermochte, wäre die Rede des Diktators die logische Folge gewesen. Wie beim Schachspiel, Thorn, genauso.«
»Vielleicht haben Sie recht, aber wie dem auch sei, wir müssen uns überlegen, welche Konsequenzen das alles für unseren Plan haben wird.«
»Keine. Der erste Transport von Io traf inzwischen ein, aber ich habe die Namen der Kandidaten noch nicht erfahren können. Vielleicht ist Mira schon dabei. Ich glaube auch nicht, daß Grödig, sollte er in der Tat Einfluß erhalten, die Spiele verbieten wird. Sie kommen ihm nur gerade recht. Er unterhält die Menschen, und er wird seine Gegner los. Io wird entvölkert werden, denn dort sitzen viele seiner Freunde. Dafür wird er andere hinschicken.« Grams lächelte. »Aber lassen wir das. Ich glaube, Grödig wird abermals als Spielball benutzt, diesmal genau in Ihrem Sinne, Thorn. Morgen werden wir mehr darüber wissen.«
Thorn blieb im Hotel. Grams verließ es durch den Hintereingang und suchte Harrys Bar auf, wo er von Feh erwartet wurde. Seine Freundin, die über erstaunliche Verbindungen verfügte, kam ihm schon entgegen.
»Breda hat angerufen, Grams. Er will dich sprechen.«
Grams setzte sich und grinste.
»So, hat er? Er glaubt wohl, ich wüßte wieder einmal mehr als er. Da irrt er sich aber. Ich will etwas von ihm wissen. Wann war das?«
»Vor einer halben Stunde. Er sagt, er ist die ganze Nacht in seinem Büro über die Geheimnummer zu erreichen. Nimm das Visiphon in Harrys Zimmer, das ist sicherer.«
»Sicherer?«
Feh flüsterte ihm zu:
»Es wimmelt von den Leuten der Geheimorganisation. Sie trauen sich noch nicht, endgültig zuzuschlagen, aber sie sind überall. Wenn sie erfahren, daß du mit Breda in Verbindung stehst, bist du tot, ehe du dich umdrehst.«
»Sie kennen meine Motive nicht …«
»… und sie werden dich auch nicht danach fragen«, drängte Feh.
Das sah Grams ein. Er stand auf und ging in Harrys Zimmer. Draußen auf dem Gang hielt Feh Wache.
Breda meldete sich sofort.
»Hier Grams. Was gibt es?«
»Das wollte ich Sie auch fragen, Grams. Wissen Sie etwas über die Geschehnisse im Palast? Blufft Grödig? Und wenn, warum hindert man ihn nicht daran? Wer steckt dahinter? Ich muß zugeben, daß alle meine Nachrichtenverbindungen zu Grödig und seinen Bewachern abgerissen sind. Eine Abteilung des Sicherheitsdienstes, die ich hinschickte, meldet sich seit zwei Stunden nicht mehr.«
»Hören Sie, Breda, um es gleich zu sagen: ich weiß auch nicht mehr als Sie. Ich vermute jedoch einen Bluff in der TV-Gesellschaft. Sie kennen das ja: Sensation um jeden Preis! Wenn Sie einen Rat wollen: Verhalten Sie sich abwartend.«
»Abwarten soll ich, während die Welt verrückt wird? Es gibt schon organisierte Überfälle dieser Untergrundbewegung. In einigen Städten haben sie die Administration übernommen. Sie haben Waffen, Grams.«
»Nur keine Panik, Breda. Ich weiß, wie Ihnen zumute sein muß, denn was Sie erwartet, wenn Grödig an Einfluß gewinnt, kann ich mir ausrechnen – Sie wahrscheinlich auch. Warten Sie ab. Sie sind von Freunden umgeben, wenn Sie im
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