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Todesschach

Todesschach

Titel: Todesschach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Darlton
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Er lag nur zehn Meter hinter ihm und brauchte nur abzudrücken. Aber er tat es nicht. Er lag nur da und lauerte. Über die geheime Leitung nahm er Verbindung zu seinem Gegenspieler Grams auf. Niemand konnte ihre Unterhaltung hören.
    »Hören Sie, Grams, was soll das? Wollen Sie mich bluffen? Sie haben seltsam gezogen, gegen jede Spielerlogik. Ich auch, zugegeben, aber nur um herauszufinden, was sie vorhaben. Warum tötet Ihr Läufer nicht meinen Springer? Eine solche Gelegenheit bekommt er kaum wieder.«
    »Ist es gegen die Regel, wenn er wartet?«
    »Nein, natürlich nicht, aber es ist unsinnig. Er verzögert damit nur den Spielverlauf, Grams. Haben Sie daran ein Interesse?«
    »Ich habe Zeit, Larko. Mir ist es egal, wie lange ein Spiel dauert – Ihnen nicht?«
    »Den Zuschauern nicht, Grams. Sie werden ungeduldig.«
    »Ich habe keine Möglichkeit, den Läufer zur Eile anzuspornen. Ich darf es nicht. Er muß selbst wissen, was er tut. Und wenn er bis zur Nacht wartet. Vielleicht will er seinen Gegner nicht aus dem Hinterhalt töten und wartet, bis es dunkel geworden ist, um damit dessen bessere Waffe auszugleichen.«
    »Der Springer hat ein Infrarot-Zielfernrohr. Welche Vorteile sollte die Dunkelheit bringen?«
    »Das weiß ich auch nicht, Larko. Aber warten Sie es ab und seien Sie froh. Ihr Mann lebt ja noch.«
    »Meinen nächsten Zug kennen Sie?«
    »Natürlich. Turm A1 nach B1.«
    »Richtig!«
    Grams seufzte.
    »Na also! Dann warten wir doch in Ruhe ab, was geschieht.«
    »Sie haben Nerven!« stellte Larko neiderfüllt fest. »Hoffentlich haben unsere Zuschauer genauso gute Nerven.«
     
    *
     
    Sie hatten sie, und sie waren für das Schauspiel, das sich ihren verwöhnten Augen bot, auch noch dankbar. Die automatischen Anzeiger der Infratestgeräte zeigten es deutlich an, besonders in jener Phase des Spiels, die später als »gelungene Überraschung« bezeichnet wurde.
    Mira hingegen war in dieser Hinsicht anderer Meinung.
    Sie lag nun schon seit drei Stunden in ihrem Versteck und beobachtete den Graben. Bis jetzt, das hätte sie beschwören können, war der schwarze Läufer noch nicht aufgetaucht. Er mußte sich noch auf dem Feld C2 aufhalten. Vielleicht wollte er warten, bis die Dunkelheit anbrach. Aber warum eigentlich? Er war dann eindeutig im Nachteil.
    Die Sonne begann wieder zu sinken, und noch immer hatte sie nichts von ihrem Gegner bemerken können. Sie rechnete fest damit, daß Thorn etwas unternommen hatte, aber es erschien ihr zu phantastisch, schon heute, beim ersten Spiel, an einen Befreiungsversuch zu glauben. Sie konnte sich auch nicht vorstellen, wie er aussehen würde.
    Es wurde Nachmittag, dann Abend.
    Die Dämmerung war ihre schwächste Stunde, das wußte sie. Das Licht war für die Augen nicht mehr gut genug, und für das Zielfernrohr war es noch nicht dunkel genug, einen Vorteil herauszuholen. Also blieb sie weiterhin ruhig liegen, bis sie plötzlich dicht hinter sich ein Geräusch hörte.
    Als sie herumfuhr, war es bereits zu spät.
    Eine schwarz gekleidete Gestalt warf sich auf sie und drückte sie zu Boden. Die Maschinenpistole entglitt ihren Fingern. Aber auch der Gegner ließ achtlos seine eigene Waffe, das Gewehr, fallen, um die Hände freizubekommen. Er schloß sie fest um ihren Hals.
    »Nicht wehren, Mira!«
    Sie erstarrte, als sie die Flüsterstimme erkannte.
    Thorn!
    Also doch!
    Noch begriff sie nicht, was das alles sollte. Wie wollte er sie in dieser Situation befreien, wo die Augen der ganzen Welt auf sie beide gerichtet waren? Er mußte sie töten, wenn er keinen Verdacht erwecken wollte. Aber sie gehorchte. Der Druck seiner Finger um ihren Hals verstärkte sich nicht. Sie ahnte, daß er sie für die Zuschauer erwürgen wollte, und sie spielte mit. Ihr Körper bäumte sich auf, und dann erschlaffte sie plötzlich, als sie den Stich der Nadel in der Schlüsselbeingegend spürte. Noch einmal wehrte sie sich gegen den überraschenden Angriff, aber dann wurde es schwarz vor ihren Augen.
    Sie verlor das Bewußtsein.
    Thorn richtete sich auf, um seinen Zuschauern den Sieg zu verkünden. Und genau in diesem Augenblick knatterten rings um das Schachmuster die ersten Salven der Maschinengewehre los.
    Die Geschosse pfiffen dicht über das Gelände dahin. Einige Aufschreie bewiesen, daß mehrere Schachfiguren getroffen wurden.
    Das gehörte nicht zum Spiel! Das war Ernst!
    Thorn warf sich zurück auf den Boden und versuchte, Mira mit seinem Körper zu decken. Zum Glück lagen sie nach

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