Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)
Polizist.
Dóra nickte. Sie verfolgten vielleicht nicht dasselbe Ziel, aber der Unterschied war gering. Sie musste beweisen, dass Ægir und Lára tot waren, und die Polizei musste noch einen Schritt weitergehen. Der Mann sprach weiter:
»Deshalb haben wir überlegt, ob wir unsere Kräfte nicht bündeln sollten. Ich meine nicht, dass Sie für uns arbeiten, sondern dass Sie uns im Gegenzug alle Informationen geben, die wichtig sein könnten. Dann müssten wir Sie nicht ständig herzitieren und Ihnen aufs Zahnfleisch fühlen. Ich denke, eine solche Vereinbarung würde Ihre Pflicht gegenüber Ihren Mandanten nicht verletzen, und es ist ja im Sinne aller, den Fall zu lösen.«
»Ja, da stimme ich Ihnen zu.« Dóra dachte kurz nach und sagte dann: »Ich muss meine Mandanten natürlich darüber informieren, aber ich gehe nicht davon aus, dass sie sich querstellen. Wobei ich nichts Großartiges mache, ich versuche nur zu beweisen, dass das Ehepaar, das an Bord war, tot ist. Seit unserem letzten Zusammentreffen habe ich der Versicherung nur eine förmliche Mitteilung geschickt und meinen Bericht angekündigt. Ich kann nicht sagen, dass wir besonders optimistisch sind. Wir rechnen nicht damit, dass die Versicherung aufgrund der bisherigen Beweislage den Tod des Ehepaares anerkennt, und dann müssen wir vor Gericht gehen.«
»Aber Sie verstehen, worauf ich hinauswill?«, fragte er.
Dóra nickte.
»Wir können Sie nicht dafür bezahlen, außerdem ist es Ihre Pflicht als Anwältin, und ich muss Sie wohl nicht auf Artikel 73 über den Umgang mit öffentlichen Angelegenheiten hinweisen.«
Er räusperte sich, und Dóra dachte schon, er würde das Gesetz auswendig aufsagen, aber ihre Befürchtung war unbegründet.
»Sie sind verpflichtet, die ermittelnden Behörden zu unterstützen. Außerdem erinnere ich Sie daran, dass Sie Unterlagen aushändigen müssen, falls die ermittelnden Behörden das wünschen.«
»Ich habe nichts. Bis auf die Kopien der Papiere von Snævar bezüglich des Krankenhausaufenthalts und des Flugtickets, die ich Ihnen schon gegeben habe. In den nächsten Tagen erwarte ich Unterlagen zu Ægirs und Láras Finanzen und ein Gesundheitsattest ihres Hausarztes. Die können Sie natürlich auch haben, wenn Sie möchten. Dann soll Snævar mir noch eine Krankmeldung von einem isländischen Arzt besorgen, als Bestätigung, dass jemand an Bord für ihn einspringen musste. Die können Sie auch gerne haben. Aber damit warte ich noch, bis er sich wieder gefangen hat.«
Dóra hatte den Eindruck, dass der Polizist meinte, sie halte irgendwelche Unterlagen zurück, und fügte hinzu:
»Nur, damit das klar ist: Es gibt, wie Sie wissen, Ausnahmen. Ich behalte mir das Recht vor, von Fall zu Fall zu entscheiden, aber natürlich helfe ich Ihnen, wenn ich kann.«
Der Polizist nickte und schien zufrieden, sogar zufriedener, als wenn sie einfach nur Ja und Amen gesagt hätte.
»Gut, ich denke, es wäre hilfreich, Kopien von allem zu bekommen.« Er wandte sich wieder der Mappe zu und starrte auf die Seite, die er aufgeschlagen hatte. »Zu diesem Kästchen, das Sie in Ihrer Aussage erwähnt haben – das war nicht bei den Dingen, die wir von Bord geholt haben. Der Einbrecher muss es mitgenommen haben. Vielleicht dachte er, es sei ein Schmuckkästchen.«
»Ja, vielleicht, aber es war nicht abgeschlossen. Er hätte es nur aufmachen müssen, um zu sehen, dass nichts Wertvolles drin war.«
»Sind Sie sicher? Haben Sie sich den gesamten Inhalt angeschaut? Nicht nur Gold und Geldbündel sind wertvoll.«
Dóra musste zugeben, dass sie den Inhalt des Kästchens nicht genauer untersucht hatte, und sagte:
»Da fällt mir noch etwas ein. Ich habe im Kleiderschrank im Schlafzimmer einen Safe gesehen. Kennen Sie den?«
»Ja, wir haben ihn öffnen lassen, er war leer«, antwortete er und lächelte Dóra zu. »Bevor ich Sie gehen lasse, möchte ich Ihnen noch ein paar Dinge anvertrauen, die Sie bitte für sich behalten. Wahrscheinlich haben Sie für Ihren Fall keine Bedeutung, aber man weiß ja nie. Sie halten doch sicher die Augen offen, was das betrifft?«
»Selbstverständlich.«
»Gut.«
Bevor er weitersprach, schaute er ihr lange in die Augen, als erwarte er dort ein verlässliches Zeichen für ihre Ehrlichkeit zu finden. Seine grünen Pupillen wirkten noch künstlicher, wenn er sie so anstarrte.
»Sie haben gesagt, Sie hätten die Plane nicht ganz von der Leiche gezogen und nur ihren Kopf gesehen, stimmt das?«
»Na ja, ich
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